Ursula Piëch hat weder Ingenieurwissenschaften studiert noch unternehmerische oder automobile Erfahrung. Doch inzwischen kennt sie den VW-Konzern mit seinen vielen Marken, Fragen des Managements und technischen Details aus Produktion und Fahrzeugentwicklung vermutlich besser als viele Manager. Denn ihr Mann hat sie sukzessive in die Branche eingeführt, mit den wesentlichen Themen vertraut und auch mit den Schlüsselfiguren der Branche bekannt gemacht, darunter den Fiat-Haupteignern der Familie Agnelli. Laut Medienberichten führen die Familien gerade Sondierungsgespräche über eine Übernahme von FiatChrysler durch VW.
Den VW-Konzern dürfte Uschi heute bis in den letzten Spurwinkel kennen: Weil Ferdinand Piëch ungern lange Texte studiert, hat sie schon vor Jahren damit begonnen, ihm alle wichtigen Papiere vorzulesen. Dass Ferdinand ihr auch die Zusammenhänge erklärte, darf angenommen werden. Praxisberichte vom Auto-Gott – einen besseren Lehrmeister konnte sie nicht bekommen. „Sie weiß genau, wie er tickt, worauf er hinaus will und was er dazu plant“, vermutet ein langjähriger Wegbegleiter. So wurde sie quasi sein weiblicher Stellvertreter, eine Art Piëch zwo.
Und Uschi ist eine der wenigen, wenn nicht vielleicht sogar die Einzige, die Ferdinand zu widersprechen oder gar zu foppen wagt, sogar vor versammelter Mannschaft. Als er einmal bei einer Abendgesellschaft vom Porsche Boxster schwärmt und darauf verweist, dass seine Frau das zweisitzige Cabriolet schätze, funkt ihm die kess dazwischen: „Stimmt nicht – da kriege ich ja keinen Kindersitz rein.“ Die Tischgesellschaft grölt, der Gastgeber läuft rot an – aber verzeiht seiner Frau gleich wieder.
Mit Humor im strengen Unternehmen
Sie bringt einen leichten wie selbstironischen Ton in den Konzern, der streng hierarchisch organisiert ist und wo das Leistungsstreben oft den Humor erstickt. Das zeigte sich auch vor zwei Jahren bei der Feier zu Piëchs 75. Geburtstag in Dresden.
In die „schönste Stadt Deutschlands“ (Piëch) lud das Paar rund 200 Personen ins Fünf-Sterne-Hotel Taschenbergpalais ein, die Konzernvorstände mit ihren Partnern, Linde-Chef Wolfgang Reitzle, den früheren ThyssenKrupp-Chef Ekkehard Schulz und das damalige Bundespräsidenten-Paar Christian und Bettina Wulff – aber auch Manager, die Piëch geschasst hatte.
Die Gäste fanden auf ihren Zimmern eine Hörbuchfassung von Karl Mays Westernroman „Unter Geiern“ vor. Die Festrede – die sich das Geburtstagskind eigentlich verbeten hatte – hielt der Kabarettist Django Asül. Motto der Veranstaltung, geborgt bei dem Schriftsteller Ödön von Horváth: „Ich bin nämlich eigentlich ganz anders, aber ich komme nur so selten dazu.“
Organisiert hatte das Spektakel Ursula Piëch – die auch dem Festredner die Stichworte für seine Pointen lieferte. Die waren so frech, dass einige Vorstände vorsichtshalber erst die Reaktion des Jubilars abwarteten, ehe sie ins Gelächter einfielen.
Piëchs Chefin
Uschi, der fröhliche Socializer, Ferdinand, der trockene Fakten- und Machtmensch – sie spricht das Herz der Menschen an, er den Verstand. So erleben Außenstehende die Rollenverteilung.
Ursula Piëch ist privat vielseitig interessiert, kocht und schwimmt gerne, freut sich an schönen Gärten und schnellen Autos, am liebsten rot lackiert. Aber sie gilt auch als energisch, hellwach und durchsetzungsstark – ihr Mann nennt sie deshalb scherzhaft „Meine Chefin“. Wehe, wenn ihr etwas nicht gefällt und die kleine Furche zwischen ihren Augenbrauen tiefer wird: Dann droht Gewitter.