Viele Punkte sind zwar noch offen. So sagt Müller beispielsweise noch nicht, wo und wie Modellpalette und Komplexität in Entwicklung und Produktion gestrafft werden sollen – und welche Auswirkungen dies auf Standorte und Beschäftigtenzahl haben wird. Gleiches gilt für die angekündigte Neuaufstellung des Komponentengeschäfts – die „Bündelung“ der Aktivitäten wird die Zahl der Beschäftigen im Motorenbau, in der Fertigung von Getrieben und Achsen sicherlich nicht weiter steigen lassen. Selbst dann nicht, wenn ein Teil der 67.000 Menschen in diesem Geschäftsbereich künftig Elektromotoren oder Antriebsbatterien für Elektroautos baut.
Und der Aufbau des neuen Konzernbereichs Mobilitätsdienste verspricht zwar jede Menge neue Arbeitsplätze – die aber von Menschen mit anderen Qualitäten und Qualifikationen besetzt werden als denen, die heute in der Fahrzeugmontage oder auch in der klassischen IT tätig sind. Erst in den kommenden Monaten wird man also genauer wissen, wie sich der Transformationsprozess auf die Standorte und Stellenpläne auswirkt.
Die Begeisterung der Belegschaft für die neue Strategie, das lässt sich schon jetzt absehen, wird sich in Grenzen halten. Bei anderen Stakeholdern, vor allem den Aktionären, dürften Müllers Botschaften schon besser ankommen – Effizienzsteigerungen versprechen immer eine höhere Profitabilität und steigende Kurse. Und als Zuckerl gibt es noch obendrauf: Künftig sollen wieder bis zu 30 Prozent des Netto-Gewinns an die Aktionäre ausgeschüttet werden – eine Mini-Dividende für 2015 von nur 17 Cent pro Vorzugs- und von 11 Cent pro Stammaktie wäre dann in diesem Jahr leichter zu verkraften.
VW-Aktionäre halten Gericht
Müller versucht mit seiner neuen Strategie „TOGETHER 2025“ einen Befreiungsschlag. Dass er sie jetzt schon vorstellt, obwohl zahlreiche Details noch offen sind und vage bleiben, ist kein Zufall: Noch im Juni wird bekannt werden, wie teuer die Rückrufaktion für die manipulierten Dieselautos in den USA wird und welche Strafen die US-Behörden dem Volkswagen-Konzern auferlegen. Und kommende Woche werden die Aktionäre auf der Hauptversammlung Gericht halten, über den Konzern und sein Spitzenpersonal.
Der VW-Konzernvorstand
Vorstandsvorsitzender
Markenvorstand Volkswagen-Pkw
Finanzvorstand
China-Geschäft
Beschaffung
Personal und Organisation
Nutzfahrzeuge
Vorstandsvorsitzender Audi AG
Integrität und Recht
In solch schwierigen Situationen hat es nie geschadet, Einheit und Zusammenhalt zu beschwören. Doch Müller allein wird es nicht gelingen, alle Fliehkräfte zu bändigen, die derzeit den Konzern zu zerreißen drohen. Die Krise wird VW nur überleben, wenn er sich in der von Müller skizzierten Form neu aufstellt – und einige der Stakeholder ihre Machtkämpfe endlich einstellen.