Alexander Wynaendts Der neue Aufsichtsratschef der Deutschen Bank verspielt seinen Kredit

Alexander Wynaendts Quelle: dpa

Der neue Aufsichtsratschef der Deutschen Bank hat sich bislang als harter Hund gegeben. Doch nun irritiert Alexander Wynaendts mit fragwürdigen Personalentscheidungen. Und riskiert die Reputation der Bank. Ein Kommentar.

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Bis Mittwochabend sah es so aus, als hätte Alexander Wynaendts einen guten Start als Aufsichtsratschef der Deutschen Bank hingelegt. Denn Wynaendts, gerade einmal ein Jahr im Amt, hat bei dem Geldinstitut endlich durchgegriffen: Er hat den Vertrag des Deutsche-Bank-Vorstands Karl von Rohr nicht verlängert, weil dieser in der Greenwashing-Affäre um die hauseigene Fondstochter DWS nicht rasch genug interveniert hat. Beobachter lobten den Schritt und hofften, dass bei der Bank nun ein neuer Stil einziehen würde: Dass nämlich Deutsche-Bank-Manager künftig – anders als in den Vorjahren, als Vorstände zu oft mit Fehlentscheidungen durchkamen – für Mankos und Mängel zur Räson gezogen werden.

Doch nun verstolpert Wynaendts seinen Start doch noch mit fragwürdigen Personalrochaden im Vorstand, welche die Bank Mittwochabend und vor Veröffentlichung ihrer Quartalszahlen bekanntgegeben hat. Wynaendts riskiert damit, seinen erst jüngst erworbenen Kredit schon wieder zu verspielen – und den der Bank.

Wynaendts erste irritierende Personalrochade: Zum Nachfolger des geschassten Privatkundenchefs Karl von Rohr hat er ausgerechnet Claudio de Sanctis bestimmt. Bei dem Banker handelt es sich gewiss um einen ordentlichen Manager, immerhin dient er der Deutschen Bank schon einige Zeit. Zudem hat er einige wenige Jahre das Privatkundengeschäft des Geldhauses im Ausland geleitet, etwa in Italien und Spanien. Bloß: Den Großteil seiner Karriere hat de Sanctis im Geschäft mit Superreichen verbracht, deren Vermögen die Bank verwaltet.



Obendrein spricht de Sanctis kein Deutsch. Natürlich sollten (und müssen) im Vorstand eines deutschen Konzerns Manager sitzen, die aus anderen Ländern stammen. Deutsch ist richtigerweise keine Voraussetzung für einen solchen Posten. Bloß: Die Deutsche Bank betreibt ihr Privatkundengeschäft nicht vor allem in Italien oder Spanien, sondern größtenteils in Deutschland. Zumal zum hiesigen Privatkundenbereich auch die biedere Postbank zählt, deren Geschäft dem einer Sparkasse ähnelt. Da muss die Frage schon erlaubt sein, warum Oberaufseher Wynaendts keinen anderen Manager als de Sanctis auftun konnte. Oder wollte.

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Zudem irritiert Wynaendts mit einer zweiten Personalrochade: Er kürt nämlich Stefan Simon zum zuständigen Vorstand für das US-Geschäft. Der Posten wird frei, weil die bisherige US-Vorständin, Christiana Riley, in das oberste Führungsgremium der spanischen Bank Santander wechselt. Für Riley ist das ein Aufstieg, weil die Santander größer als die Deutsche Bank ist und sie dort bald sogar den Posten als Vorstandschefin erklimmen könnte (und wohl auch erklimmen will, wie zu hören ist), für den Frankfurter Konzern ist es hingegen ein Verlust. Und dieser wiegt mit Stefan Simon als ihrem Nachfolger noch schwerer. Denn: Simon ist kein Banker. Er ist Anwalt, arbeitete jahrelang für eine Kanzlei, ehe er 2016 für den katarischen Großaktionär der Deutschen Bank in den Aufsichtsrat einzog. 2020 wechselte Simon dann sogar in den Vorstand des Geldhauses und verantwortet seitdem unter anderem die Rechtsabteilung des Finanzkonzerns. Und diesen Job hat Simon auch ordentlich gemeistert, schildern Insider.

Ist die Deutsche Bank nicht attraktiv für Topmanager?

Bloß: Wie, bitte schön, soll Rechtsanwalt Simon das US-Geschäft entscheidend voranbringen? Und: Wieso konnte die Deutsche Bank keinen US-Manager für den Posten gewinnen? Ist sie für solche Führungskräfte nicht mehr attraktiv genug? Die Bank argumentiert, mit Simon als US-Frontmann könne es ihr gelingen, die weiterhin schwierigen Beziehungen zu den amerikanischen Finanzaufsehern zu verbessern. Aber dieses Argument wirft gleich weitere Fragen auf: Wieso ist das aus Sicht von Aufsichtsratschef Wynaendts offenbar gerade jetzt beziehungsweise immer noch notwendig? Und: Wieso hat Wynaendts dann keinen US-Juristen für die Bank gewinnen können?

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Die Deutsche Bank ist einer der wichtigsten Konzerne des Landes: In ihrem Vorstand sollten und müssten absolute Experten für die jeweiligen Geschäftsbereiche sitzen, die sich in den von ihnen betreuten Regionen exzellent auskennen. Es bleibt das Geheimnis von Aufsichtsratschef Wynaendts, wieso er dies offenbar anders sieht.


Aktualisierung: In einer ersten Version hieß es, Stefan Simon sei vom katarischen Großaktionär in  den Aufsichtsrat entsandt worden. Wir haben diese Aussage präzisiert, damit nicht der Eindruck entsteht, der katarische Großaktionär habe allein über Simons Einzug und Verbleib in den Aufsichtsrat entscheiden können. Vielmehr ist Simon, nachdem er 2016 auf Wunsch der Katarer in den Aufsichtsrat eingezogen ist, von der Hauptversammlung der Bank im Jahr 2017 in seinem Aufsichtsratsamt bestätigt worden. Für die Bestätigung durch die Hauptversammlung hatte sich ebenfalls der Großaktionär aus Katar stark gemacht. Deshalb lautet der Passus nun, dass Herr Simon für den katarischen Großaktionär in den Aufsichtsrat eingezogen ist. 


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