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Eine Treppe aus Cent-Münzen auf die eine Person noch ein fünf Cent-Stück legt. Im Hintergrund steht ein rosa Sparschwein. Quelle: dpa

Verwahrentgelte bei deutschen Banken: Kunden suchen nach Alternativen

Seit Jahren führen immer mehr deutsche Banken wegen der niedrigen Zinsen sogenannte Verwahrentgelte ein. Unter den Verbrauchern sorgt das für Unmut. Doch es gibt Unterschiede je nach Altersgruppe.

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Verwahrentgelte, Strafzinsen, Negativzinsen, es gibt zahlreiche Namen für die Gebühren, die inzwischen viele deutsche Banken von ihren Kunden für hohe Geldeinlagen verlangen. Verwahrentgelte repräsentieren tiefgreifende Veränderungen im traditionellen Banking und haben bei der Mehrheit der Verbraucher (61 Prozent) das Vertrauen in das Bankwesen erschüttert. Aber bieten Verwahrentgelte auch Chancen? Wie reagieren Kunden auf Negativzinsen? Eine neue YouGov Analyse in Zusammenarbeit mit dem Bank Blog zeigt unter anderem, dass ein überwiegender Anteil der Deutschen (70 Prozent) den Verwahrentgelten negativ gegenübersteht und diese als falsch empfindet.

Verwahrentgelt – Gründe und Entwicklung

Verwahrentgelte haben ihren Ursprung in der Geldmarktpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Deutsche Banken müssen Verwahrentgelte an die EZB zahlen und geben diese Gebühren wiederrum als Negativzinsen an ihre Kunden weiter. Mittlerweile haben eine Vielzahl von Geldinstituten Verwahrentgelte eingeführt. Obwohl insbesondere Anleger mit hohen Geldeinlagen betroffen sind, verlangen einige Banken inzwischen schon Verwahrentgelte ab Beträgen von 5000€. In der Regel betragen Negativzinsen bis zu -1 Prozent. Geldinstitute bieten ihren Kunden generell Investitionsmöglichkeiten als alternative Geldanlagen an. Die Zahl der Banken, die Verwahrentgelte verlangen, steigt immer weiter an und mehr als die Hälfte der Verbraucher (61 Prozent) befürchtet mittlerweile, dass letztendlich alle Bankinstitute Negativzinsen verlangen werden.

Reaktionen der Verbraucher

Statistisch gesehen dürften viele Verbraucher noch nicht von Negativzinsen betroffen sein, dennoch sind laut unserer Befragung mehr als sieben von zehn Befragten (72 Prozent) der Meinung, die Maßnahme sei nicht gerechtfertigt. Insgesamt 44 Prozent der Betroffenen, also derjenigen, die bereits aktuell Strafzinsen zahlen, geben an, dass sie dem Strafzins nicht zustimmen oder nicht vorhaben zuzustimmen. Innerhalb der Altersgruppen zeichnen sich jedoch unterschiedliche Trends ab. 77 Prozent der Verbrauchergruppe 55+ sehen Verwahrentgelte als einen triftigen Grund, das Bankinstitut zu wechseln (vs. 59 Prozent der 18- bis 24-Jährigen) oder den Umfang der Geschäftsbeziehung zu reduzieren (78 Prozent vs. 56 Prozent der 18- bis 24-Jährigen).

Gründe für die Unterschiede zwischen den Altersgruppen könnten darin liegen, dass ältere Bankkunden in der Regel mehr Kapital besitzen und daher im Durchschnitt häufiger von Verwahrentgelten betroffen sind als jüngere. Negativzinsen treiben viele Bankkunden zur Flucht nach vorne, 39 Prozent der Verbraucher gehören inzwischen zu aktiven „Vermeidern“ von Verwahrentgelten, und suchen nach Möglichkeiten Geld anzulegen, um Negativzinsen zu vermeiden.

Wer sind die „Vermeider“ der Verwahrentgelte?

Laut einer YouGov Profiles Analyse ist der typische Verwahrentgelt-Vermeider häufiger männlich (57 Prozent), sieht sich als finanziell abgesichert (67 Prozent) und ist der Meinung er könnte gut mit seinem Geld umgehen (86 Prozent). Die Gruppe ist versiert in finanziellen Fragen, mehr als die Hälfte (55 Prozent) sucht ständig nach Möglichkeiten für finanzielle Investitionen und scheut sich nicht vor Spekulationen (45 Prozent). Auch Schulden in jungen Jahren sehen viele Vermeider nicht als ein Tabu (45 Prozent). Für diese Gruppe ist Nachhaltigkeit sowohl beim Banking und Investieren (70 Prozent) als auch bei Konsumgütern wie Kleidung wichtig (28 Prozent). Generell ist diese Gruppe sehr werteorientiert und 65 Prozent wählen Marken, die mit den eigenen Wertvorstellungen übereinstimmen, zu diesen Marken zählen unter anderem Alnatura, die Hotelmarke Marriott und die Fluglinie Lufthansa. 72 Prozent der Vermeider haben keine Probleme damit, für größere Anschaffungen wie Luxusgüter und zukünftige Immobilien zu sparen. Dank dieser Sparfähigkeit konnten 37 Prozent bereits ein finanzielles Ziel erreichen, beispielsweise einen Kredit abzahlen, und knapp ein Viertel (26 Prozent) gibt an das Leben in vollen Zügen zu genießen.

Verwahrentgelte: eine Chance für Banken und Verbraucher?

Verbraucher unternehmen zahlreiche Schritte, um Verwahrentgelte zu vermeiden, sei es, indem sie ihr Geld investieren (55 Prozent), es zu anderen Geldinstituten transferieren oder auf mehrere Bankkonten verteilen (55 Prozent). Die aktiven Vermeider sind im Allgemeinen finanziell gut informiert und können ihre Finanzen dementsprechend schützen. Doch in der Gesamtbevölkerung sind nur verhältnismäßig wenige bereit, mit ihrem Geld zu spekulieren und es scheint noch große Unsicherheit und Scheu beim Thema Investitionen vorzuherrschen. Diese Zögerlichkeit könnte von Seiten der Geldinstitute durch Kommunikation vor der Einführung von Negativzinsen und mit Informationen über gewinnbringende Investitionen der Kundenersparnisse überwunden werden. Mit frühzeitigen, informativen und attraktiven Investitionsangeboten könnten Banken sowohl Vermeider als auch investitionsscheue Verbraucher überzeugen.

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Eine Einführung von Verwahrentgelten muss also nicht zu einem Bruch mit Kunden führen, vielmehr bieten sich hier neue Gelegenheiten und Katalysatoren für einen erfolgreichen Umbruch im Finanzsektor.

Mehr zum Thema: Wer die Negativzinsen umgehen will, findet hier die besten Alternativen: für Festgelder, Anleihen oder Fonds.

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