Deutsche Bank Sewing übernimmt und kündigt „harte Entscheidungen“ an

Deutsche Bank: Christian Sewing löst als neuer Chef John Cryan ab Quelle: REUTERS

Christian Sewing hat als neuer Chef der Deutschen Bank harte Entscheidungen angekündigt. Er ersetzt den seit 2015 amtierenden John Cryan. Der Chefwechsel versetzt Aktionäre in Aufbruchstimmung.

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Erneuter Führungswechsel bei der verlustreichen Deutschen Bank nach nur knapp drei Jahren: Vize-Vorstandschef Christian Sewing rückt an die Spitze des größten deutschen Geldhauses. Dies teilte die Deutsche Bank am Sonntagabend nach einer mehrere Stunden dauernden Aufsichtsratssitzung in Frankfurt mit. Der bisherige Chef, John Cryan, legt das Amt mit sofortiger Wirkung nieder und verlässt die Bank Ende April. Aufsichtsratschef Paul Achleitner sagte laut Mitteilung, der Aufsichtsrat sei nach einer umfassenden Analyse zum Schluss gekommen, „dass es nun eine neue Umsetzungskraft in der Führung unserer Bank braucht“. „Christian Sewing hat in seinen mehr als 25 Jahren bei der Deutschen Bank konstant bewiesen, dass er führungsstark ist und eine große Durchsetzungskraft hat“, erklärte Achleitner weiter. „Der Aufsichtsrat ist überzeugt, dass es ihm und seinem Team gelingen wird, die Deutsche Bank erfolgreich in eine neue Ära zu führen.“

Sewing will die Aufstellung der Investmentbank genau unter die Lupe nehmen und hat harte Entscheidungen angekündigt. „Wir wissen, dass wir uns hinsichtlich der Ertrags-, Kosten- und Kapitalstruktur weiter verändern müssen“, schrieb Sewing am Montag in einem Brief an die Mitarbeiter der Deutschen Bank. „Wir werden deshalb genau analysieren, wie wir uns in dem schwierigen Marktumfeld aufstellen wollen.“ Das Institut wolle sich dort zurückziehen, wo nicht ausreichend rentabel gearbeitet werden könne.

Sewing kündigte an, er werde „harte Entscheidungen treffen und umsetzen“. Das Führungsteam werde nicht mehr akzeptieren, dass Ziele auf der Kosten- und Ertragsseite verfehlt würden. So sei es nicht verhandelbar, dass die bereinigten Kosten in diesem Jahr 23 Milliarden Euro überstiegen. „Rückschläge wie im vierten Quartal 2017 dürfen sich unter keinen Umständen wiederholen.“ Mit Blick auf die Erträge müsse die Deutsche Bank ihre „Jägermentalität“ zurückgewinnen. Die Messelatte müsse in allen Geschäftsbereichen höher gelegt werden.

Paul Achleitner macht den bisherigen Privatkundenchef zum Chef der Deutschen Bank. Das ist eine mutige Wahl – aber noch keine Richtungsentscheidung.
von Cornelius Welp

Deutsche Bank nach Führungswechsel im Aufwind

Der Führungswechsel hat die Aktien des größten deutschen Geldhauses am Montag beflügelt. Die Papiere schnellten im frühen Handel um 3,93 Prozent auf 11,80 Euro nach oben. Das bedeutete den ersten Platz im Dax. "Der Wechsel wird erst einmal positiv gesehen", sagte ein Börsianer. "Die Anleger hoffen, dass der neue Chef auch neue Impulse setzt." Aus Sicht der Analysten von JP Morgan ist vor allem die künftige Strategie der Bank entscheidend. Eine klar definierte Ausrichtung des Instituts, die von allen Parteien mitgetragen werden, fehle bereits seit Jahren. Ohne eine solche Strategie werde es schwierig, das Ruder herumzureißen, hieß es in dem Kommentar von JP Morgan. In seinen knapp drei Jahren an der Spitze des Dax-Konzerns war es dem bisherigen Deutsche-Bank-Chef Cryan nicht gelungen, das schwächelnde Kapitalmarktgeschäft anzukurbeln - den einstigen Gewinnbringer. Drei Jahre in Folge schrieb die Bank tiefrote Zahlen. Die Aktie hat alleine seit Jahresbeginn mehr als ein Viertel an Wert verloren.

Der 47-jährige Sewing führte bisher das Privat- und Firmenkundengeschäft des Frankfurter Instituts und war einer von zwei Vizechefs. Der andere stellvertretende Vorstandschef, Marcus Schenck, wird die Bank zur Hauptversammlung im Mai verlassen. Der Rechtsvorstand Karl von Rohr und der Kapitalmarktvorstand Garth Ritchie rücken auf die Posten der stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden.

Sewing verbrachte sein Berufsleben fast ausschließlich bei der Deutschen Bank. Sein Weg führte ihn von einer Banklehre bis in den Vorstand des Instituts, dem er seit 2015 angehört. Er leitet dort zusammen mit dem langjährigen Postbank-Chef Frank Strauß das Privat- und Firmenkundengeschäft. Dieses wird Strauß künftig alleine lenken. Ritchie wiederum wird alleiniger Chef der Kapitalmarkt-Sparte.

An einer internen Nachfolgelösung hatten einige der Großaktionäre zuletzt eigentlich immer wieder Zweifel verlauten lassen. Finanzchef James von Moltke hat sich mit seinen Aussagen bei einer Bankenkonferenz vor einigen Wochen, die den Aktienkurs abstürzen ließen, keine Freunde gemacht. Das von Achleitner hinter Cryan in Stellung gebrachte Duo aus dem Ex-Goldman-Sachs-Mann Marcus Schenck, dem Chef des Investmentbankings, und Christian Sewing sei noch nicht reif für den Chefsessel. Das sieht der Aufsichtsrat offenbar anders.

Achleitner hatte den als Sanierer geschätzten ehemaligen UBS-Finanzchef Cryan zur Deutschen Bank geholt. Zuletzt galt das Verhältnis zwischen den beiden aber als zerrüttet. Vor Ostern hatte sich der Brite noch mit einer kämpferischen Botschaft an die Belegschaft gewandt und damit klargemacht, dass er bleiben will. Der Vertrag des Briten liefe regulär bis 2020. Investoren haben dem Briten oft vorgeworfen, er sei zwar ein Kostensparer, habe aber keine Vision, wie die Deutsche Bank wieder Geld verdienen könne.

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