Fünf Grafiken Was von der Deutschen Bank nach zehn Jahren Paul Achleitner noch übrig ist

Achleitner in fünf Grafiken Quelle: imago images

Kein deutscher Aufsichtsratschef war so umstritten wie der Chefkontrolleur der Deutschen Bank. Zu Recht? Zum Abschied ein Fazit seiner Amtszeit in fünf Grafiken.

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Zum Schluss gibt er sich sogar selbstkritisch. Natürlich habe auch er Fehler gemacht, räumt Paul Achleitner in seiner vorab veröffentlichten Rede ein. „Manches, was man als Fortschritt angedacht hatte, stellte sich als Rückschritt heraus.“, heißt es da. Oder auch: „Manches, was zur Lösung beitragen sollte, vergrößerte tatsächlich das Problem.“ Letztlich aber, so erklärt er es den Aktionären, hätten auch die Irrwege zum Ziel geführt. „Wir haben Ihre Deutsche Bank in diesen zehn Jahren wieder aufs richtige Gleis gesetzt.“

In den Details folgt die Rede noch einmal einem erprobten Muster, mit dem sich die Amtszeit des früheren Allianz-Vorstands zu einer planvollen Erzählung fügen soll. Die Verantwortlichen – vor Achleitner – hatten die Bank überschätzt. Die Herausforderungen waren viel größer als angenommen. Die niedrigen Zinsen und die scharfe Regulierung haben die Planungen zusätzlich erschwert. Selbst Entscheidungen, die auf den ersten Blick erratisch wirken, sollen vor diesem Hintergrund einen tieferen Sinn ergeben.

Tun sie das? Sicher, die Bank war Anfang 2012 nicht der strahlende Gewinner der Finanzkrise, als den sie der damalige Vorstandschef Josef Ackermann präsentieren wollte. Und natürlich war Achleitner nicht verantwortlich für Fehlverhalten und Tricksereien vor seiner Amtszeit – schon gar nicht allein. Dennoch wirkte er zeitweise wie der überforderte Dompteur eines unzähmbaren Wildtiers. Oder eben ein Arzt, der zwar viel versuchte, aber einfach kein Rezept für die Genesung des moribunden Patienten fand.

Ein eindrückliches Beispiel für das Hin und Her liefert die ab 2008 übernommene Postbank, die die Deutsche Bank zunächst integrieren, dann verkaufen und dann wieder integrieren wollte.  Ein weiteres Indiz ist die enorme Zahl von Vorstandswechseln. Viele Topmanager verbrachten nur kurze Zeit im obersten Gremium der Bank.



Zweimal tauschte Achleitner den Vorsitzenden des Vorstands aus, die Ablösung der Doppelspitze Anshu Jain und Jürgen Fitschen kündigte er wenige Tage vor der Hauptversammlung 2015 im wohl wichtigsten Interview seiner Amtszeit in der WirtschaftsWoche an.

Vor allem den Investmentbanker Jain hatte der Ex-Investmentbanker Achleitner lange gestützt. In ihm sah er so etwas wie die Verkörperung des Leitthemas seiner Amtszeit. Die Deutsche Bank sollte sich als europäische Alternative zu den auf dem Kapitalmarkt übermächtigen US-Instituten etablieren. Funktioniert hat das nicht, der Abstand zwischen amerikanischen und europäischen Finanzunternehmen ist heute deutlich größer als vor zehn Jahren.

Eine Ursache für die Trennung von Jain waren seine unklaren Verstrickungen in die Manipulation des Libor-Zinssatzes. Die war nur einer von vielen Skandalen, die in den vergangenen zehn Jahren ans Tageslicht kamen. Und die die Bank Milliarden kosteten. Die enormen Strafzahlungen belasteten sie enorm – und bedrohten zeitweise sogar ihre Existenz.



Erst nach Jains Abgang kehrte in der Bank so etwas wie ein neuer Realitätssinn ein. Die übersteigerten Ambitionen waren nun passé.

Ihr Geschäftsvolumen hat die Deutsche Bank, die 2012 mit gut zwei Billionen Euro noch die größte Bilanzsumme weltweit vorwies, seitdem deutlich reduziert.



In den folgenden Jahren schien es jedoch so, als sei das Institut in einem Teufelskreis aus immer neuen Verlusten und daraus folgenden verschärften Sparanstrengungen gefangen.

Erst 2020 gelang die Rückkehr zu deutlich schwarzen Zahlen, Anfang des Jahres konnte die Bank für 2021 das beste Ergebnis der Ära Achleitner vorlegen. Auch im ersten Quartal 2022 trumpfte sie auf.



Kann Achleitners Nachfolger, der in Deutschland bisher völlig unbekannte Niederländer Alexander Wynaendts, deshalb auf einem festen Fundament aufbauen? Zweifel bleiben – und sind zuletzt wieder größer geworden. Dabei sind es vor allem externe Faktoren wie die steigende Inflation und eine möglicherweise längere Rezession, die auch den Börsenwert zuletzt wieder deutlich gedrückt haben.



Wer in den vergangenen Monaten mit Achleitner sprach, gewann den Eindruck, dass dieser vollkommen mit sich im Reinen ist und glaubt, die Bank in gutem Zustand zu übergeben. Glaubt er das wirklich? Die Antwort kennt nur er. Oder, wie er es in seiner Rede erklärt: „Es war ein langer Weg, für den es eine Grundvoraussetzung gab: Ehrlichkeit zu sich selbst.“

Lesen Sie auch: Paul Achleitner geht, Alexander Wynaendts kommt. Wer ist der Mann, der Deutschlands größtes Kreditinstitut künftig beaufsichtigen soll? Eine Annäherung an einen Unbekannten.

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