Der Zusammenbruch des Großkunden Archegos Capital brockt der Credit Suisse eine weitere Untersuchung der Schweizer Finanzmarktaufsicht (Finma) ein. Die Behörde werde einen Untersuchungsbeauftragten bei der Großbank einsetzen und insbesondere Hinweise auf Mängel im Risikomanagement unter die Lupe nehmen, teilte die Finma am Donnerstag mit. Das formelle Verfahren der Schweizer Aufsicht ist aber nicht das einzige Nachbeben nach dem Archegos-Debakel, das der Credit Suisse den zweiten Quartalsverlust in Folge einbrockte. Um die Bilanz zu polstern, nimmt das Institut gut 1,8 Milliarden Franken an frischen Mitteln auf.
Verluste auf Kredite an den kollabierten US-Hedgefonds Archegos Capital kosteten Credit Suisse rund 4,4 Milliarden Franken, weit mehr als jede andere beteiligte Bank. In den ersten drei Monaten 2021 fuhr die Schweizer Großbank daher einen Verlust von 252 Millionen Franken ein. In der Vorjahresperiode hatte noch ein Gewinn von 1,3 Milliarden Franken in den Büchern gestanden.
Florierende Geschäfte in anderen Bereichen der Investmentbank verhinderten zum Jahresauftakt einen noch höheren Verlust. Im Anleihen-Handel, Aktienhandel sowie im Kapitalmarkt- und Fusionsberatungsgeschäft nahm das Institut deutlich mehr ein. Der Börsenboom und billionenschwere Konjunkturhilfen der US-Regierung bescherte auch den US-Großbanken zu Beginn des zweiten Corona-Jahres glänzende Ergebnisse. So vervielfachten JP Morgan oder Goldman Sachs ihre Gewinne und übertrafen die Analysten-Erwartungen deutlich. Auch die Deutsche Bank dürfte von dem Boom an den Kapitalmärkten profitiert haben, sie ist groß vertreten im Geschäft mit festverzinslichen Anleihen. Die Deutsche Bank legt am 28. April ihre Ergebnisse des ersten Quartals vor.
Archegos kostet weitere 600 Millionen
Für das zweite Quartal rechnet Konzernchef Thomas Gottstein wegen der Geschäftsbeziehungen mit Archegos mit einer weiteren Belastung von rund 600 Millionen Franken. Als Reaktion hat sich Credit Suisse nun zusätzliches Kapital beschafft. So wurden bei verschiedenen Kernaktionären, institutionellen Investoren und reichen Privatkunden zwei Pflichtwandelanleihen platziert. Mit dem frischen Kapital soll die Kernkapitalquote von gegenwärtig 12,2 Prozent auf rund 13 Prozent angehoben werden. „Wir erwarten, dass die erfolgreiche Platzierung der Pflichtwandelanleihen unsere Bilanz weiter stärken und es uns ermöglichen wird, unser Momentum in unseren Kerngeschäften zu bewahren“, erklärte Gottstein. An der Börse sackten Credit Suisse fünf Prozent ab. Die Kapitalerhöhung sei enttäuschend und führe zu einer Gewinn-Verwässerung, erklärten die Citigroup-Analysten.
Finma nimmt Credit Suisse genau unter die Lupe
Nach einer Voruntersuchung hat die Finma nun das sogenannte Enforcementverfahren in Zusammenhang mit Archegos eingeleitet. Bereits seit März laufe ein ähnliches Verfahren wegen der Zusammenarbeit der Credit Suisse mit der insolventen Greensill Capital. Im Zuge der beiden Fälle habe die Aufsichtsbehörde in den vergangenen Wochen eine Reihe von Sofortmaßnahmen angeordnet. Diese umfassten organisatorische Veränderungen, risikoreduzierende Maßnahmen und Kapitalzuschläge sowie Kürzungen von Bonus-Zahlungen.
Enforcement-Verfahren dauerten üblicherweise mehrere Monate, erklärten die Aufseher. Die Finma tausche sich auch mit Behörden in Großbritannien und in den USA aus. Als Konsequenz aus solchen Verfahren können die Aufseher gewisse Tätigkeiten verbieten und im Extremfall Bewilligungen entziehen. Gegen Credit Suisse laufen zwei weitere Enforcement-Verfahren, eines davon in Zusammenhang mit der Überwachungs-Affäre, über die schließlich der letzte Konzernchef Tidjane Thiam stolperte.
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