Verdi will Commerzbank bestreiken „Wir wollen die Commerzbank lahmlegen“

Neuer Ärger für die Commerzbank: Die Gewerkschaft Verdi will das Geldhaus bestreiken.  Quelle: dpa

Die angeschlagene Commerzbank kommt nicht zur Ruhe: Verdi will das Geldhaus in der kommenden Woche bestreiken. Unterdessen hat die Bank ordentliche Quartalszahlen vorgelegt.

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Eskalation im Tarifkonflikt bei den deutschen Privatbanken: Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi will die Commerzbank bestreiken. „Verdi ruft die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Commerzbank am kommenden Mittwoch, 10. November 2021, zu einem bundesweiten Streik auf“, sagte Stefan Wittmann, Verdi-Funktionär und Commerzbank Aufsichtsrat, der WirtschaftsWoche. „Wir wollen die Commerzbank von Flensburg bis Garmisch-Partenkirchen lahmlegen“, sagte er. Wie aus dem Streikaufruf von Verdi hervorgeht, soll der Ausstand um Mitternacht beginnen und 24 Stunden dauern.

Der Hintergrund des Aufrufs sei, dass die Verhandlungen mit dem Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes über einen Tarifvertrag gescheitert seien. „Es gibt nicht einmal einen neuen Termin, um die Gespräche mit dem Verband fortzusetzen“, beklagte Wittmann. Uwe Tschäge, Gesamt- und Konzernbetriebsratsvorsitzender der Commerzbank, billigt die Pläne der Gewerkschaft: „Als in Verdi organisierte Beschäftigte erhoffen wir uns natürlich eine breite Unterstützung der Ziele unserer Gewerkschaft durch die Belegschaft der Bank“, sagte er der WirtschaftsWoche. Wittmann und Tschäge haben ihre Zitate per Mail freigegeben. 

Vorstellungen klaffen auseinander

Arbeitgeber und Gewerkschafter verhandeln seit Wochen über einen neuen Tarifvertrag für 140.000 Beschäftigte. Im Kern streiten sie darum, wie groß das Gehaltsplus ausfallen soll. Die Vorstellungen liegen weit auseinander: Die Geldhäuser hatten ihren Angestellten zuletzt 3,2 Prozent über drei Jahren angeboten. Verdi dagegen fordert einen Lohnzuwachs von 4,5 Prozent über 12 Monate beziehungsweise ein Plus von mindestens 150 Euro. Die Angestellten sollen auch wählen dürfen, ob sie statt mehr Gehalt lieber über mehr Freizeit verfügen möchten. Zudem sollen die Arbeitgeber den Beschäftigten garantieren, dass sie bis zu 60 Prozent ihrer Arbeit zu Hause erledigen dürfen.


Wegen des Tarifstreits war es bereits vereinzelt zu Warnstreiks gekommen. So hatte Verdi die Angestellten der Privatbanken in Berlin und Brandenburg und die Commerzbank-Mitarbeiter in Nordrhein-Westfalen in den vergangenen Wochen zu Ausständen aufgerufen. 

Verdi verlangt Tarifverträge bei Commerzbank-Töchtern

Verdi dürfte die Commerzbank auch deshalb bestreiken, weil Sabine Schmittroth, Personalvorständin der Commerzbank, als Verhandlungsführerin des Arbeitgeberverbandes auftritt. Zudem verhandelt die Gewerkschaft mit dem Geldhaus über einen eigenen Haustarifvertrag. Verdi verlangt vor allem eine Bestandsgarantie für die neuen virtuellen Beratungscenter des Instituts bis 2030. „Außerdem fordern wir, dass die Bank mit uns über die Einführung von Tarifverträgen bei Dienstleistungstöchtern verhandelt“, sagte Wittmann. Dabei geht es um sieben unter ComTS firmierende Gesellschaften, die Verwaltungsaufgaben erledigen. Für diese Töchter will Verdi höhere Löhne und verbindliche Arbeitszeiten festschreiben.  

Unterdessen hat die Bank am Donnerstag ihre Zahlen für das dritte Quartal vorgelegt. Vorstandschef Manfred Knof zeigte sich in einer Telefonkonferenz nicht erfreut über den angekündigten Streik, verwies für weitergehende Äußerungen aber auf den Arbeitgeberverband. Knof konzentrierte sich stattdessen darauf, das Zahlenwerk vorzustellen.

Das Institut ist im dritten Quartal in die Gewinnzone zurückgekehrt und stellt auch für das Gesamtjahr unter dem Strich schwarze Zahlen in Aussicht. Von Juli bis September erwirtschaftete der MDax-Konzern einen Gewinn von 403 Millionen Euro. Damit übertraf die Bank den Schätzungen von Analysten deutlich, diese hatten nur 253 Millionen Euro erwartet. „Die Umsetzung unserer Strategie geht planmäßig voran und auch das operative Geschäft entwickelt sich gut“, erklärte Knof. Für das Gesamtjahr rechnet die Bank jetzt trotz Umbaukosten mit einem Gewinn.

Noch im zweiten Quartal hatte das Institut aufgrund von Aufwendungen für den Konzernumbau und Abschreibungen für ein gestopptes Outsourcing-Großprojekt rote Zahlen geschrieben. Das Bankhaus steckt im Umbruch, so soll das Institut wieder auf eine konstante Gewinnspur gebracht werden. Unter anderem werden hunderte Filialen geschlossen. Rund 10.000 Stellen – jede dritte in Deutschland – fallen weg. Dabei werden ganze Abteilungen geschlossen oder ausgelagert.

Im dritten Quartal profitierte die Bank auch davon, dass sie deutlich weniger Geld für ausfallgefährdete Kredite zurückstellen musste. Zudem gingen die Gesamtkosten gegenüber dem Vorjahreszeitraum um rund fünf Prozent zurück. „Wir haben solide Erträge bei weiterhin niedriger Risikovorsorge erzielt und unsere Kosten im Griff“, erklärte Finanzchefin Bettina Orlopp. Die Commerzbank erwirtschaftete ein operatives Ergebnis von 472 Millionen Euro. Auch damit übertraf sie die Schätzungen der Analysten, die im Schnitt nur 364 Millionen Euro erwartet hatten.

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Vor kurzem hatte bereits der Rivale Deutsche Bank seinen Zwischenbericht für das Sommerquartal vorgelegt. Deutschlands größtes Geldhaus verdiente trotz zusätzlicher Kosten für die Neuaufstellung und Einbußen im wichtigen Investmentbanking mehr als Analysten ihm zugetraut hatten. Im Zeitraum Juli bis September erzielte die Deutsche Bank unter dem Strich einen Gewinn von 194 Millionen Euro – ein Plus von sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Wie die Commerzbank steckt auch die Deutsche Bank in einem umfassenden Umbau.


Aktualisierung: Dieser Text wurde am 4.11.2021 gegen 13 Uhr um mehrere Absätze über die Quartalszahlen der Commerzbank ergänzt. Die Absätze stammen aus einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters. Im Gegenzug wurde ein Absatz entfernt, in dem die Commerzbank die Arbeitsbedingungen bei ihren ComTS-Töchtern kommentiert hatte. Diese Stellungnahme des Geldhauses findet sich weiterhin in einem anderen Text

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