Börsengang Dropbox - so wertvoll kann ein Feature sein

Dropbox-Logo Quelle: REUTERS

Startups wie Uber und Airbnb blicken gespannt auf den Börsengang von Dropbox. Damit geht erstmals ein vergleichsweise "billiges" Unternehmen den Schritt. Ist der Speicher-Pionier erfolgreich, könnten andere nachziehen.

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Drew Houston erzählt gern über sein Treffen mit Steve Jobs. Der Apple-Gründer hatte den damals 26-jährigen Chef des Online-Speicherdienstes Dropbox 2009 in die Firmenzentrale nach Cupertino geladen, um eine Übernahme auszuloten. Als Houston beharrte, sein Unternehmen lieber selber aufzubauen als es an Apple zu verkaufen, wurde Jobs unwirsch. „Das ist doch nur ein Feature, kein Produkt“, ätzte er und prophezeite schwere Zeiten. Jobs hatte recht. Mehrfach wurde danach die Überlebensfähigkeit des Speicherdienstes angezweifelt, Houston als Hasardeur verunglimpft.

Doch Zeiten ändern sich. Dropbox-Chef Houston, der trotz lichterer Haare immer noch jungenhaft wirkt, ist plötzlich wieder der Hoffnungsträger des Silicon Valley. Das von dem Absolventen des Elite-Instituts MIT und dem iranisch-stämmigen Entwickler Arash Ferdowsi im Juni 2007 gegründete Startup geht nun an die Börse. Der Gang aufs Parkett ist zugleich ein wichtiger Test fürs Silicon Valley. Dessen Finanziers hoffen seit Jahren auf einen Befreiungsschlag, der Jungunternehmen in großem Stil aufs Parkett bringt. 52 Tech-Börsengänge gab es 2017, doch erwartet wurden doppelt so viele. Dropbox soll ein Zeichen setzen, dass Startups, deren Wert in den vergangenen Jahren von einer beispiellosen Kapitalschwemme aufgebläht wurden, sich auch am öffentlichen Kapitalmarkt finanzieren können.

Gerade für hochbewertete Unternehmen wie den Fahrdienst Uber mit mehr als 50 Milliarden Dollar oder die Bettenbörse Airbnb mit über 30 Milliarden Dollar gibt es keine Alternative. „Solche Unternehmen werden nicht verkauft, weil sie schlicht zu teuer sind“, sagt Annie Lamont, Geschäftsführerin des Bostoner Risikokapitalgebers Oak Investment Partners.

Eigentlich sollte Facebook-Konkurrent Snapchat schon im vergangenen Frühjahr Börsengänge anfeuern. Tatsächlich konnte die Aktie des Startups aus Los Angeles am ersten Handelstag im März 2017 dank tatkräftiger Hilfe seiner Konsortialbanken Morgan Stanley, Goldman Sachs und Deutsche Bank trotz Warnungen über abflachendes Nutzerwachstum um 44 Prozent zulegen. Doch nach dem Kickstart kollabierte der Börsenwert des Unternehmens, sackte zwischenzeitlich von 33 Milliarden Dollar auf 16 Milliarden Dollar ab. Konkurrent Facebook kopierte bei seinem Fotodienst Instagram schlicht alle Funktionen, die Snapchat einst attraktiv machten.

Inzwischen hat sich das gebeutelte Unternehmen etwas erholt, doch vor allem wegen Spekulationen, dass das Unternehmen von Walt Disney oder aber Tencnet übernommen wird. Dem chinesischen Internet-Giganten, der den WhatsApp Konkurrent WeChat betreibt, gehören bereits zehn Prozent an Snapchat.

Einmal Kunde, immer Kunde

Die Stärke von Dropbox sind seine Kunden. Zwar konkurriert das Unternehmen im Online-Speichergeschäft gegen Konzerne wie Amazon, Apple, Google und Microsoft. Aber: „Gerade Privatkunden bleiben bei dem Online-Speicherdienst, an den sie sich gewöhnt haben“, sagt Analyst Holger Müller vom Beratungsunternehmen Constellation Research aus San Diego. Neben einer halben Milliarde Privatnutzer, die via Dropbox ihre Fotos und Dokumente speichern, nutzen auch rund 200.000 Unternehmen den Service. Auch die, das zeigen die Erfahrungen, übertragen ihre gespeicherten Daten nicht mal eben so auf eine andere Plattform.

Einmal Kunde, immer Kunde. Dropbox schraubte seinen Umsatz 2017 auf rund 1,1 Milliarden Dollar, ein Zuwachs von 31 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Noch ist das Unternehmen nicht profitabel, verlor 112 Millionen Dollar.

Wettbewerber Box, ebenfalls aus dem Silicon Valley, ist bereits seit 2015 an der Börse. Für Box-Aktionäre glich der Kurs zwar einer Achterbahnfahrt. Doch der Wert vom ersten Handelstag mit 23 Dollar liegt derzeit mit 20 Dollar wieder dicht dran. Das Tal vom Februar vor zwei Jahren, als Box unter zehn Dollar fiel, ist überwunden. Allerdings erwartet Box-Gründer und Chef Aaron Levie ein schwieriges Jahr.

Der Box-Chef setzt daher inzwischen statt Konfrontation auf Kooperation mit Wettbewerbern wie Microsoft und Amazon. Levie sieht seine große Stärke darin, eben nicht eine eigene Cloud-Infrastruktur aufbauen zu müssen, sondern flexibel auf die von Amazon oder Microsoft aufzusetzen – laut Levie ein Vorteil beim Megathema Künstliche Intelligenz. Künftig sollen Informationen automatisch aus Daten herausgekitzelt und so geschäftliche Entscheidungen erleichtert werden. „Keiner unserer Kunden will bei einem so wichtigen Thema wie der Künstlichen Intelligenz auf einen Anbieter wetten, sei es nun Microsoft oder Amazon, um dann später festzustellen, dass man falsch lag“, sagt Levie.

Auch Dropbox-Chef Houston will flexibler als die Konkurrenten agieren. Zunächst muss er aber eine höhere Hürde als Box nehmen. Levies Unternehmen, das etwa die Hälfte von Dropbox umsetzt, hat einen Börsenwert von knapp 2,8 Milliarden Dollar. Dropbox hingegen strebt zum Börsenauftakt mindestens sieben Milliarden Dollar an. Die Bewertung wäre mehr als ein Achtungserfolg für Houston. Soviel hätte er damals von Jobs nicht bekommen. Ein „Feature“ kann eben doch sehr wertvoll sein, wenn es von Millionen Kunden genutzt wird.

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