Datenzugriff per App Techniker Krankenkasse prescht mit elektronischer Patientenakte vor

Techniker Krankenkasse will neue digitale Lösungen für Patienten Quelle: dpa

Oft hakt es bei Behandlungen, weil Ärzten Informationen fehlen. Was hat ein Patient zum Beispiel bisher verschrieben bekommen? Große Krankenkassen wollen bei Angeboten via Smartphone aufs Tempo drücken.

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Die Techniker Krankenkasse (TK) will mit einer eigenen „elektronischen Gesundheitsakte“ neue digitale Lösungen für Patienten voranbringen. Versicherte sollen Daten etwa zu Diagnosen, Impfungen, verordneten Medikamenten oder Röntgenbilder und Laborbefunde in der Akte sehen können, wie die TK am Dienstag in Berlin mitteilte. Dafür sollen bisher dezentral bei Krankenhäusern, Ärzten oder Therapeuten liegende Daten zusammengeführt werden können. Dies soll auch unnötige Doppeluntersuchungen oder Medikamenten-Wechselwirkungen vermeiden.

„Der Patient ist der Herr seiner Daten“, sagte TK-Chef Jens Baas. Die Nutzung soll freiwillig und kostenlos sein. Der Zugriff ist vom Handy über eine App vorgesehen. Geplant ist zunächst ein Anwendertest, für den sich TK-Versicherte bundesweit registrieren können. Der Start für alle Mitglieder wird noch für dieses Jahr angestrebt. Genaue Angaben zu den Kosten des Projekts wurden nicht gemacht.

Entwickelt wurde "TK-Safe" mit IBM Deutschland. In die TK-Akte soll direkt alles fließen, was die Kasse selbst an Daten gespeichert hat - von Arztbesuchen, Diagnosen und verordneten Medikamenten bis hin zu Kosten. Hinzu sollen Daten von Ärzten und Kliniken kommen und auf längere Sicht auch von anderen Apps und Fitnesstrackern. Auch sollen laut Baas eigene Daten, etwa zu selbst gekauften Medikamenten, hinzugefügt werden können. Das alles sei durch eine Zwei-Faktor-Authentifizierung sicher.

Die Versicherten sollten entscheiden können, was sie speichern wollten und welchem Arzt sie die Angaben zur Verfügung stellten wollten. Weder die TK noch IBM hätten Zugang zu den Daten, versicherte IBM-Deutschland-Chef Matthias Hartmann. Beteiligt sind zu Beginn 16 Kliniken der Agaplesion-Gruppe. Weitere Betreiber, die die Hälfte aller Klinikbetten abdeckten, haben laut TK Interesse geäußert.

Nach jahrelangem Gezerre um zusätzliche Funktionen der elektronischen Gesundheitskarte will die Bundesregierung bei der Digitalisierung der medizinischen Versorgung vorankommen. Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, bis 2021 eine elektronische Patientenakte einzuführen. Die AOK hat bereits ein eigenes Gesundheitsnetzwerk gestartet, das auch eine digitale Akte umfasst und ebenfalls anschlussfähig an ein einheitliches Datensystem sein soll. Die Konzepte von AOK und TK kommen ohne die elektronische Gesundheitskarte aus.

TK-Chef Baas betonte, dass es bei der technischen Basis elektronischer Akten unter den Krankenkassen keinen Wettbewerb geben solle. Denn Daten sollten bei Kassenwechseln mitgenommen werden können. Das Angebot setzt die TK mit dem IT-Dienstleister IBM um, Daten sollen in einem Rechenzentrum in Deutschland gespeichert werden.

Patientenschützer und die Verbraucherzentralen pochen auf hohe einheitliche Standards bei neuen digitalen Anwendungen. Das Nutzen einer elektronischen Patientenakte müsse kostenfrei und freiwillig sein, sagte der Gesundheitsexperte des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv), Kai Vogel, der Deutschen Presse-Agentur. „Jeder Patient muss die Hoheit über seine Daten behalten.“ Die Deutsche Stiftung Patientenschutz betonte, nur der Staat könne höchste Sicherheitsstandards garantieren. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) solle daher ein Bundesamt für die Digitalisierung im Gesundheitswesen schaffen, sagte Vorstand Eugen Brysch.

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