Fernbusse Zahl der Fahrgäste steigt auf 20 Millionen in 2015

Drei Jahre nach der Marktfreigabe ist der Fernbus für Viele eine Alternative. In Deutschland stoßen die Anbieter auf den Hauptstrecken aber an Grenzen.

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Fernbus Quelle: dpa

Manchmal steigt selbst der Busunternehmer André Schwämmlein in ein Flugzeug, wenn er vom einen Sitz seines Unternehmens zum anderen muss - Berlin und München. Kurz vor Abflug am Flughafen Tegel zeigt er aber noch schnell die Bordkarten auf seinem Handy, damit kein falscher Eindruck entsteht: Die meisten tragen die Farben von MeinFernbus Flixbus, seinem Unternehmen.

Mit ihrem Zusammenschluss zu Jahresbeginn haben die beiden Anbieter die Machtverhältnisse auf dem boomenden deutschen Fernbusmarkt geklärt: Sie dominieren die Autobahnen - und zunehmend auch die Kreis- und Landesstraßen. „In Deutschland geht es jetzt darum, kluge Märkte zu finden“, sagt Schwämmlein. „Das heißt für uns Verkehr in Mittelstädte, teilweise auch kleinere Städte mit 20.000, 30.000 Einwohnern.“

Denn wer in Deutschland mit Fernbussen noch wachsen will, muss sich inzwischen was einfallen lassen. „Wir haben in den vergangenen beiden Jahren die Fahrgastzahl zwei Mal verdoppelt, bis auf 16 Millionen 2014. In diesem Jahr wird die Zahl um die 20 Millionen liegen“, sagt Christiane Leonard, die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands Deutscher Omnibusunternehmer. Das heißt: Der Markt ist im dritten Jahr nach der Liberalisierung 2013 deutlich langsamer gewachsen.

Das sind die größten Fernbus-Anbieter
Platz 7 – Deutsche TouringBis 2005 gehörte die Deutsche Touring der Bahn, seitdem ist das Unternehmen eigenständig. In Deutschland haben die Busse gerade einmal 1,8 Prozent Marktanteil, die Deutsche Touring verdient seit jeher aber vor allem Geld mit internationalen Busverbindungen. Quelle: dpa Picture-Alliance
Platz 5 – City2CityAuch die Briten wollen ein Stück vom deutschen Fernbus-Markt abhaben: National Express bedient mit seiner deutschen Tochter knapp fünf Prozent der Fahrplankilometer hierzulande. Die City2City-Busse sind der Studie zufolge sowohl zum Normalpreis (6,1 Cent pro Kilometer) als auch bei den Sparangeboten (3,3 Cent) günstiger als viele andere. Das ist beides deutlich unter dem Durchschnitt der Branche: Dieser liegt bei 9 bzw. 5 Cent pro Kilometer. Quelle: dpa
Platz 4 – PostbusAn vierter Stelle fährt ein junges Angebot ein: Die gelben Postbusse rollen erst seit dem 1. November 2013 durch Deutschland. Betrieben werden sie gemeinsam vom ADAC und der Deutschen Post. Die Postbusse decken mit 175 Fahrtenpaaren pro Woche 7,5 Prozent des Marktes ab. Dabei ist die Deutsche-Post-Mobility sogar günstiger als die großen Konkurrenten: 7,1 Cent kostet der Kilometer durchschnittlich. Bei den DB-Töchtern sind es 10, bei Mein Fernbus 9,5 Cent. Allerdings gilt das nur für die Normalpreise, mit Sparangeboten kann es deutlich günstiger werden. Der Postbus kommt dann auf durchschnittlich 5,2 Cent pro Kilometer, Mein Fernbus auf 4,3 und Flixbus sogar auf 3,7 Cent. Quelle: dpa
Platz 3 – FlixbusEbenfalls erst seit dem Jahr 2013 fährt Flixbus. Die Firma aus München steht auf Platz drei der größten Fernbusunternehmen in Deutschland mit knapp 15 Prozent der Fahrplankilometer. Pro Woche bietet Flixbus 324 Fahrtenpaare an. Seit dem 1. Januar 2013 dürfen Unternehmen Fernbusverbindungen anbieten. Ziel der Gesetzesänderung war es unter anderem, Konkurrenz zur Bahn zuzulassen und so den Fernverkehr erschwinglicher zu machen. Quelle: dpa
Platz 2 – Deutsche BahnSchon viel länger dabei sind Tochterunternehmen der Deutschen Bahn wie die Gesellschaft BEX, die den Berlin-Linien-Bus betreibt. Vor der Liberalisierung durften die Unternehmen nur wenige Verbindungen anbieten, vor allem von und nach Berlin. Derzeit bedienen Tochterfirmen der Bahn knapp 22 Prozent des Fernbusmarktes gemessen an den Fahrplankilometern. Erhoben hat diese Zahlen die Mobilitätsberatungsagentur IGES in einer Studie von Dezember 2013 (PDF). In Auftrag gegeben hat die Studie der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (BDO). Quelle: dpa
Platz 1 – Mein FernbusDer mit Abstand größte Anbieter von Fernbusverbindungen ist ein Branchen-Neuling: Die Meinfernbus GmbH mit Sitz in Berlin bedient fast 40 Prozent des deutschen Fernbusmarktes. Die markanten grünen Busse starteten erst kurz vor der Liberalisierung des Fernbusverkehrs Anfang des Jahres. Dennoch hat das Unternehmen erfahrene Konkurrenten hinter sich gelassen: Mittlerweile bietet Meinfernbus 826 Fahrtenpaare (also Hin- und Rückfahrt) pro Woche an, das entspricht mehr als 750.000 Kilometern pro Woche. Quelle: dpa

Für die Kunden bedeutet das: Auch die allergrößten Preisschlachten sind wohl geschlagen. „Im laufenden Jahr sind die Preise langsam angestiegen, das ist für die Betreiber auch durchaus sinnvoll“, sagt Leonard.

Dass es deutlich teurer wird, müssen Fahrgäste aber wohl nicht fürchten. „Der Kunde definiert den Preis“, sagt Schwämmlein. Der Wettbewerb bleibe intensiv. Dass die Bahn in diesem Jahr Hunderttausende Fahrscheine für 19 Euro unters Volk warf, ärgert die privaten Fernbusanbieter durchaus. Und so lange Sprit so günstig ist, müssen Busse günstig sein, um mehr Menschen aus den Autos zu locken.

Dafür sind zentrumsnahe Haltepunkte entscheidend, betont Megabus-Chef Edward Hodgson und fügt warnend hinzu: „Nur so kann das Angebot an Fernbus-Reisemöglichkeiten für die deutschen Verbraucher auch in Zukunft gewährleistet werden.“

Nicht überall sind die Straßenriesen willkommen. Köln etwa hat Fernbusse aus der Innenstadt an den Flughafen verbannt. MeinFernbus Flixbus fährt deshalb lieber gleich in die Nachbarstadt Leverkusen. Ähnliche Diskussionen gibt es in Ulm und Stuttgart. Die Branche hofft, dass daraus kein Flächenbrand wird.

Ihr Verband betont, man sei mit den meisten Städten im Konsens. Vor allem die mittelgroßen und die kleinen Städte gingen sehr offen auf die Unternehmen zu. Dorthin führten zuletzt immer mehr neue Linien abseits der großen Strecken wie Berlin-Hamburg.

Berlin Linien Bus, der Fernbus-Ableger der Deutschen Bahn, will sein Linienangebot bis Ende 2016 vervierfachen. Die Bahn ist auch mit der Marke IC Bus unterwegs und betreibt unterm Strich etwa jeden zehnten Fernbus-Kilometer in Deutschland. „Es gibt noch viele weiße Flecken“, betont auch Schwämmlein. Jedoch: Ein Bus in kleinere Städte wie etwa Ravensburg sei nicht ganz so leicht zu füllen wie einer von Köln nach Berlin. Inzwischen erprobt das Unternehmen auch saisonale Angebote und fährt Skifahrer direkt in die Urlaubsorte der Alpen.

Bis zum Herbst stieg die Zahl der Fernbuslinien binnen Jahresfrist um knapp ein Drittel auf 326, wie das Berliner Marktforschungsinstitut Iges ermittelte. Der Markt wachse zwar langsamer, aber nachhaltiger, sagt Iges-Geschäftsführer Christoph Gipp. Inzwischen wüchsen die deutschen Busunternehmen auch durch inländische Verbindungen in den europäischen Nachbarstaaten.

„Unser Kerngeschäft ist der Fernbus in Deutschland. Und jetzt bauen wir da drumherum weiter“, sagt MeinFernbus FlixBus-Mann Schwämmlein. „Wir internationalisieren.“ Nach Frankreich, Italien, die Niederlande - wo immer sich eine Gelegenheit ergibt.

Ganz Europa habe einen hohen Bedarf an Fernbusverbindungen, heißt es bei Megabus. Seit Paris den Fernbusverkehr im August freigab, sind nach Angaben des Wirtschaftsministeriums eine halbe Million Menschen in die Busse gestiegen, drei Mal so viele wie im gesamten Vorjahr. Inzwischen fahren 600 Busse knapp 150 Ziele an.

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