




Die Sanierung der Lufthansa beschert Konzernchef Christoph Franz derzeit viel hässliche Publicity. Im Rahmen seines Sparprogramms Score scheut der Manager kein Tabu, um bis Ende 2015 den Gewinn um mindestens 1,5 Milliarden Euro zu steigern. Franz will die Verwaltung am Gründungssitz Köln schließen, was ihm den Zorn der Beschäftigten einbringt. Um Investitionen wie die aktuelle Bestellung von gut 100 Flugzeugen im Wert von mindestens sechs Milliarden Euro zu finanzieren, hat er trotz eines 990-Millionen-Euro-Nettogewinns die Dividende gestrichen. Nun stoßen Investoren die Aktie ab und schicken den Kurs in den Keller.
Weniger merklich, dafür mindestens so heftig brodelt es bei Europas größter Fluggesellschaft unter der Decke: beim Bonusmeilen-Programm Miles & More – und damit ausgerechnet bei den besonders zahlungskräftigen Kunden wie Harry Wassermann. Der Chef des Call-Center-Betreibers SNT Deutschland schickte Franz Ende Januar seine HON-Circle-Karte, mit der die Kranichlinie ihre gut 3000 Supervielflieger ausstattet, eigenhändig zerschnitten zu.
Mickrige Gutschriften und komplexe Programme
Wassermann steht für den wachsenden Unmut der Passagiere gegen die Prämienprogramme bei der Lufthansa und ihren Wettbewerbern. "Die Airlines haben sie in den vergangenen Jahren zum Nachteil der meisten Kunden verändert", sagt Alexander Koenig, Gründer der Vielfliegerberatung First Class & More in Dubai. "Meilengutschriften werden immer mickriger und die Programme in der Handhabung komplexer, sodass eigentlich kaum ein Kunde noch durchblickt."
Wie eine Fluggesellschaft mit einem Bonusprogramm Geld verdient
a) Zum Beispiel an: Kreditkartenfirmen, Partner-Fluglinien, Mietwagenfirmen, Hotels, Handelsunternehmen
b) Verkaufte Meilen sparen der Fluglinie Kreditzinsen, weil bezahlte Meilen im Schnitt erst nach gut zwei Jahren eingelöst werden
c) Weil rund 17 Prozent der gesammelten Meilen nicht eingelöst werden und verfallen, sparen die Fluglinien Rückstellungen und Ausgaben
Einnahmen:
1,24 Cent pro Bonusmeile
a) Verwaltungskosten: Personal, Callcenter, IT
b) Nebenkosten für eingeräumte Freiflüge: Pro zusätzlichen Passagier circa 30 Euro
c) Einkauf Prämien: Flüge, Übernachtungen etc. Sachprämien
Ausgaben: 0,88 Cent pro Bonusmeile
Fluglinien kalkulieren mit einem Mehrumsatz mit regulär bezahlten Flügen von gut drei Prozent durch das Bonusprogramm, davon sind mindestens zwei Drittel Gewinn.
Beispiel Lufthansa: mindestens 700 Millionen Euro Mehrumsatz, davon bis zu 500 Millionen Euro Gewinn
Profit:
0,36 Cent pro Bonusmeile
Zwar winkt Passagieren, wenn sie genug mit einer Gesellschaft fliegen, nach wie vor eine breite Palette großer und kleiner Belohnungen: vom Wellness-Wochenende über den Freiflug in den Urlaub bis zum Extraservice wie dem Zugang zu luxuriösen Warteräumen wie dem First-Class-Terminal der Lufthansa in Frankfurt. Doch die Zahl der tatsächlichen Nutznießer ist bescheiden. In der Praxis sind die Bonus-Programme so gestaltet, dass nur eine kleine Minderheit davon richtig profitiert. Bei der Lufthansa etwa ist dies jenes gut eine Prozent der fast 22 Millionen Meilensammler, das mit der Kranich-Linie im Jahr je nach Sitzklasse mindestens zweieinhalbmal um den Globus jettet.
Das ist keine böse Absicht der Flugmanager, sondern hat System. Denn für die notorisch unprofitablen Fluglinien sind die Bonusmeilen keine Rabatte mehr, um treue Kunden bloß an sich zu binden. So kurios es klingt: Den Airlines ist es gelungen, aus den Gutschriften so viel Profit zu schlagen, dass der über Gewinn und Verlust entscheidet. "Ohne die Erträge ihrer Bonusprogramme würde zumindest in den USA oder Europa wohl jede große Airline hohe Verluste schreiben", sagt Alexander Tamdjidi, Luftfahrtspezialist der internationalen Unternehmensberatung PA Consulting Group.