Frankfurt-Hahn Das lange Leiden des Billigflughafens

Flughafen Frankfurt-Hahn Quelle: Getty Images

Der Flughafen Hahn verhalf Billigfliegern wie Ryanair zum Aufstieg in Deutschland – und sollte zum Job-Motor für die Region werden. Erfüllt haben sich die Prognosen nie. Wie es um den Flughafen steht. Ein Ortsbesuch.

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Das militärische Erbe am Flughafen Hahn ist unverkennbar. Überall auf dem Gelände stehen alte Flugzeugbunker aus einer Zeit, als der Flughafen im Hunsrück nicht die erste Anlaufstelle für Schnäppchenjäger war, um für weniger als zehn Euro in den Urlaub zu fliegen. Im Kalten Krieg schickte von hier aus die amerikanische Air-Force ihre Kampfjets in die Luft. Platz gibt es reichlich am Hahn, wie die Branche den Landeplatz rund 70 Kilometer abseits der nächsten Großstadt nennt. Einen Parkplatz direkt am Terminal – an anderen Flughäfen der Republik sonst unmöglich oder zumindest unmöglich teuer – hier ist das kein Problem. Auf einigen Parkflächen etwas abseits des Haupteingangs wachsen schon kleine Büsche und Sträucher. 

Kein anderer Flughafen in Deutschland ist so eng mit dem Aufstieg der Billigflieger verknüpft, wie die ehemalige US-Fliegerpiste. Kaum ein anderer Flughafen in Deutschland zeigt den Wandel in der Branche und enttäuschte Erwartungen so deutlich. Die irische Billiglinie Ryanair flog Deutschland 1999 zum ersten Mal über den Hahn an. Es sollte der Auftakt von etwas Großem werden. Ryanair und Hahn, das klang wie eine Verheißung, für Reisende und für die Menschen im Hunsrück, nach einer großen Zukunft des Billigfliegens – nach halb Europa für 29 Mark.

Doch die Zeiten, in denen die Billigflieger nur auf Regionalflughäfen wie Hahn, Altenburg-Nobitz oder Weeze abhoben, sind längst vorbei. Mittlerweile fliegt Ryanair von Frankfurt am Main, Düsseldorf, Hamburg oder dem Flughafen Köln-Bonn.

Wieso also in die Provinz im Hunsrück fahren? 

Offiziell heißt der Airport Flughafen Frankfurt-Hahn (HHN), obwohl diese Bezeichnung angesichts einer Entfernung von 120 Kilometern zur Mainmetropole optimistisch klingt. Das Terminal erinnert eher an eine Lagerhalle als an einen internationalen Flughafen. Im Check-in-Bereich des Flughafens stehen einige Buden mit heruntergezogenen Alurollos leer. 

Ein wenig zeigt der sehr zweckmäßig gehaltene Stil des HHN ungewollt in die wirtschaftliche Zukunft der Regionalflughafens. Die Passagierzahlen sind seit Jahren rückläufig. Um fast 18 Prozent verringerte sich das Passieraufkommen im August 2018 gegenüber dem Vorjahresmonat; nur in Weeze am Niederrhein sanken die Passierzahlen prozentual noch stärker. 

Besser sieht es beim Frachtverkehr aus. Um rund 35 Prozent legten Luftfracht und -post im vergangenen Monat im Jahresvergleich am Hahn zu. Mit knapp 120.000 Tonnen im bisherigen Kalenderjahr belegt der HHN Platz fünf in Deutschland beim Frachtverkehr – beim Passagieraufkommen allerdings nur noch Platz elf. 

Eine Chronologie des staatlichen Scheiterns

Frankfurt-Hahn, das war einst als Job-Motor für eine ganze Region gedacht. Für jeweils etwa 1000 Passagiere – so die Erwartung – entstehe ein Arbeitsplatz am Flughafen und bis zu anderthalb weitere im Umland. Denn die reisende Kundschaft lässt ihr Geld in der Gastronomie und den Läden.

Doch schwarzen Zahlen hat die Dachgesellschaft Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH im vergangenen Jahrzehnt nie geschrieben. Im letzten Geschäftsbericht aus dem Jahr 2016 steht ein Fehlbetrag von 14 Millionen Euro. Immerhin: 2014 waren es noch 45 Millionen. Im Herbst 2017 konnte das Land Rheinland-Pfalz endlich den Verkauf seiner 82,5 Prozent Anteile an den chinesischen Investor HNA für 15 Millionen Euro verkünden. Obwohl die öffentliche Hand damit nicht aus dem Schneider ist. Trotz Privatisierung – bis 2024 könnten weitere 25 Millionen Euro Subventionen für sogenannte Betriebsbeihilfen gezahlt werden.

Flughafen Frankfurt-Hahn Quelle: Getty Images

Schon ein grober Rückblick der vorangegangenen Jahre zeigt, was alles am Flughafen nicht funktioniert hat: Im Jahr 2008 zählte der Hahn noch fast vier Millionen Passagiere. Mehr wurden es nie, obwohl in einer Studie von 2007, herausgegeben vom Land Rheinland-Pfalz, noch von mehr als neun Millionen Passagiere für das Jahr 2012 die Rede war. Auch rund 6500 Arbeitsplätze direkt am Hahn wurden prognostiziert. Viel zu optimistisch wie sich herausstellte. 

Die Chronologie der Ereignisse am Hahn liest sich wie ein handfester Wirtschaftskrimi: Häufige Personalwechsel an der Spitze des Flughafens, gefolgt von Gerichtsverfahren. 2013 tauchten zudem die vom Flughafen vergebenen Kredite an Unternehmen im Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes auf – als Beispiel für Steuergeldverschwendung. 

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