Nun will er den US-Markt ausloten, sein Büro liegt in einem Jugendstilbau, in dem auch Twitter sein Hauptquartier hat. Hoiers Arbeitsplatz im sogenannten Runway – einer Art Gemeinschaftsgroßraumbüro – hat der German Accelerator eingerichtet und bezahlt. Weit mehr als ein Dutzend Start-ups werkeln hier, unmittelbar neben Hoier bastelt ein Team an Drohnen, die testweise durch den langen Flur sausen.
Die ersten Gespräche mit möglichen Kunden hat Hoier schon geführt: „An den richtigen Kontakt zu kommen geht in den USA viel schneller als bei uns in Deutschland.“ Kürzlich habe er sich sogar mit einem US-Konkurrenten getroffen. Das sei hier viel normaler als in der Heimat, man müsse nur aufpassen, nicht selbst zu viele Details zu verraten. Im Oktober zieht Streetspotr für drei Monate in das neue Accelerator-Büro nach New York. Hoier freut sich darauf: „Unsere potenziellen Kunden sind vor allem Konsumgüterhersteller. Und von denen sitzen viele an der Ostküste.“
Ob die Nürnberger sich mit ihrer App auf dem US-Markt etablieren können, ist dennoch nicht sicher. Schon andere Teilnehmer des Accelerator-Programms haben gespürt, wie viel härter der Wettbewerb auf dem US-Markt ist. Das Dresdner Start-up Lovoo mit seiner Flirt-App etwa musste seine Hoffnungen erst mal begraben: Angesichts von Konkurrenten wie dem populären Tinder blies Gründer Benjamin Bak den Eroberungszug schnell wieder ab. „Wir lassen uns den US-Markt als mögliches Ziel noch offen“, umschreibt der Gründer den Fehlschlag diplomatisch. Stattdessen fokussiert er sich auf Europa und Brasilien.
Für Moviepilot-Gründer Bauckhage zahlt sich der Schritt über den Ozean dagegen voll aus: Er hat vor einem Monat sein Deutschlandgeschäft verkauft. 15 Millionen Euro bezahlte das französische Online-Unternehmen Webedia für die deutsche Filmempfehlungsseite moviepilot.de. „Wir wollen uns ganz auf das US-Geschäft konzentrieren“, sagt Bauckhage.
Für Celonis hat sich die Zeit im Accelerator ebenfalls gelohnt. Das Münchner Unternehmen hat eine Software entwickelt, mit der Konzerne wie Bayer oder Siemens Geschäftsprozesse analysieren und optimieren. Mit 40 Mitarbeitern erwirtschaftete Celonis im vergangenen Jahr einen Umsatz von vier Millionen Euro. Während seines US-Aufenthaltes im vergangenen Jahr hat Celonis-Chef Bastian Nominacher dort eine Dependance aufgebaut, vor allem aber die bislang wichtigste Partnerschaft festgezurrt – mit dem deutschen Softwareriesen SAP.
Mit den Walldorfern war Nominacher schon daheim in Deutschland ein halbes Jahr in Kontakt – ohne konkretes Ergebnis. „In den USA ging es dann Schlag auf Schlag“, erinnert er sich. Er nahm mit SAP-Managern im Valley Kontakt auf, die sofort zu einem Treffen bereit waren. „Zwei Tage später waren wir im SAP-Start-up-Programm und noch zwei Wochen später auf der größten SAP-Kundenmesse“, freut sich Nominacher.
Fast jeder deutsche Gründer schwärmt davon, wie viel einfacher und schneller solche wichtigen Termine im Valley zustande kommen. Darum ist es nicht ungewöhnlich, deutsche Partner über den Umweg USA zu akquirieren. „Es gibt viele Fälle, bei denen wir erst über das Valley mit großen deutschen Konzernen in ernsthaften Kontakt gekommen sind“, bestätigt auch Parstream-Gründer Bienert.
Für die Münchner Celonis-Zentrale hat die im Silicon Valley geschlossene SAP-Partnerschaft noch einen ironischen Nebeneffekt, erzählt Nominacher: „Wir haben über SAP schon einige Termine mit US-CEOs vermittelt bekommen – nicht in den USA, sondern wenn die gerade in Deutschland waren.“