Ifo-Geschäftserwartungsindex 14,3 Prozent der Unternehmen sagen Aufträge für Wohnungsbau ab

Der Auftragsmangel im Wohnungsbau nimmt zu. Quelle: dpa

Höhere Zinsen, gestiegene Baukosten – im Wohnungsbau werden deutlich häufiger Aufträge storniert als früher. Das besorgt die Branche.

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Eine Wohnung zu finden, gehört in Großstädten wohl zu den aktuell größten Herausforderungen. Dabei wächst nicht nur die Zahl der Menschen, die nach einer Wohnung suchen. Es mangelt auch schlicht an Neubauten – und das wird sich in Zukunft kaum ändern: Der deutsche Wohnungsbau blickt voller Sorgen in die Zukunft. Denn der Geschäftserwartungsindex für den Wohnungsbau fiel für Februar auf minus 65,6 Punkte, wie das Münchner Ifo-Institut am Montag mitteilte. Das ist der niedrigste Wert seit Beginn der Erhebung im Jahr 1991. „Im Wohnungsbau geht die Angst um“, sagt Ifo-Forscher Felix Leiss.

Treiber dieses Trends ist die hohe Zahl der stornierten Wohnungsbauaufträge. Seit Februar 2021 werden Aufträge deutlich häufiger storniert als früher, wie eine Umfrage des Ifo-Instituts unter 500 Unternehmen ergab. Im Februar 2023 berichten 14,3 Prozent der Unternehmen davon. Wie hoch dieser Wert ist, zeigt der Vergleich mit den Jahren von 2012 bis 2019, in denen er kein einziges Mal über drei Prozent kam. „In so einer Form haben wir das noch nicht erlebt“, sagt Leiss. Selbst während des Corona-Schocks 2020 blieb der Wert einstellig. „Damals kam es insbesondere im gewerblichen Hochbau zu Stornierungen, also zum Beispiel bei Fabriken und Bürogebäuden“. Der bisherige Höhepunkt der Stornierungen wurde im September letzten Jahres erreicht, als 16,7 Prozent der Aufträge storniert wurden.



Grund für die erschreckenden Zahlen seien die deutlich höheren Zinsen und die gestiegenen Baukosten. „Aktuell sehen wir noch keinen Wendepunkt“, sagt Ifo-Forscher Leiss. Rund sieben Prozent der befragten Unternehmen gaben im Februar an, Schwierigkeiten bei der Finanzierung neuer Wohnungsbauten zu haben. Das sind rund vier Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Im Dezember 2022 gaben noch 8,5 Prozent der Unternehmen Finanzierungsschwierigkeiten an.

Der russische Einmarsch in die Ukraine sorgte für Materialengpässe, die zu Preissteigerungen führten und damit zusätzlich den Wohnungsbau belasten. „Gleichzeitig erhöht die EZB die Zinsen, um die Inflation zu bekämpfen, einige Projekte rechnen sich unter diesen Rahmenbedingungen einfach nicht mehr“, erklärt Leiss.



Baugenehmigungen brechen ein

Die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen brachen im Januar wegen der gestiegenen Kosten so stark ein wie seit fast 16 Jahren nicht mehr. Im Januar wurden nur noch 21.900 Wohnungen genehmigt, 26 Prozent oder 7700 weniger als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt ermittelte. Das war bereits der neunte Rückgang in Folge und der größte Rückgang seit April 2007.

„Im Mittel sind die Auftragsbücher zwar immer noch gut gefüllt, aber etliche Unternehmen klagen bereits über einen Auftragsmangel.“ Davon berichteten aktuell 23,4 Prozent der Unternehmen. Im Januar waren es allerdings sogar 25,3 Prozent. Vor einem Jahr lag die Zahl mit 9,5 Prozent weniger als halb so hoch.

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Erst kürzlich hieß es im Frühjahrsgutachten des Branchenverbandes Zentraler Immobilienausschuss (ZIA), dass das aktuelle Wohnungsdebakel in den nächsten Jahren nicht abgewendet werden kann. So sei schon für 2024 absehbar, dass die Neubauzahlen weiter zurückgehen. 2025 würden Wohnung in der Größenordnung von Bremen plus des Saarlands fehlen – 1,4 Millionen Menschen fehlten dann Wohnungen, hieß es beim ZIA.

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