Immobilienkonzern Adler Group: Diese durchwachsenen Zahlen können niemanden beruhigen

Mit Projektentwicklungen hat die Adler Group nach eigenen Angaben in den ersten neun Monaten dieses Jahres 79 Millionen Euro eingenommen. Quelle: ADLER Real Estate AG

Seit Wochen steht der Immobilienkonzern Adler an der Börse unter Druck. Anleger sind nervös. Der neue Quartalsbericht dürfte die Lage nicht beruhigen, enthält aber spannende Details zu einem großen Bauprojekt.

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Der Immobilienkonzern Adler Group hat bei Investoren schon seit Längerem einen schweren Stand. Obwohl der Markt für Wohnimmobilien boomt und viele Unternehmen der Branche florieren, liegt der  Börsenwert der Adler Group unter dem Wert des Nettovermögens und das ist nicht erst seit Kurzem so. Seit dem Sommer hat sich die Lage noch einmal zugespitzt. Zwischen Mitte Juni und Anfang Oktober fiel der Kurs der Adler Group um mehr als 30 Prozent auf rund 15 Euro. Im Oktober ging es dann innerhalb weniger Tage noch einmal um zeitweise mehr als ein Drittel bergab, nachdem der Londoner Spekulant Fraser Perring einen kritischen Bericht über die Adler Group veröffentlicht hatte. Er hatte sich durch eine kritische Analyse des mittlerweile insolventen Zahlungsabwicklers Wirecard im Jahr 2016 hierzulande einen Namen gemacht. Perring profitiert von seinen kritischen Berichten, indem er vor der Veröffentlichung auf einen Kurssturz wettet. 

Perring zweifelt unter anderem an, dass Adlers Immobilien tatsächlich so viel wert sind, wie in der Bilanz steht. Ein Unternehmenssprecher hat diesen Vorwurf bestritten, zu den einzelnen Aspekten in Perrings Bericht im Detail jedoch bislang keine Stellungnahme abgegeben. Seitdem warten Anleger auf valide Informationen zur wirtschaftlichen Verfassung der Adler Group, die das Unternehmen heute in Form eines Berichts zum dritten Quartal lieferte. 

Die Geburt eines Immobilienkönigs

Die Adler Group ist entstanden aus einem Zusammenschluss der Immobilienkonzerne Ado Properties, Adler Real Estate und Consus. Mit rund 70.000 Wohnungen, vor allem in Berlin,  und Objekten im Wert von rund 13 Milliarden Euro gehört die Adler Group zu den größten Vermietern der Republik. Das besondere ist: Anders als viele Wettbewerber kauft die Gruppe nicht nur Objekte, sondern baut auch selbst. Viele namhafte Entwicklungsprojekte in deutschen Großstädten gehören zum Portfolio. Zuletzt lief es am Bau jedoch alles andere als rund. Handwerker und Dienstleister beklagen die mangelnde Zahlungsmoral. Auf vielen Baustellen der Adler Group herrscht schon seit einiger Zeit Stillstand.

Mit Projektentwicklungen hat die Adler Group nach eigenen Angaben in den ersten neun Monaten dieses Jahres 79 Millionen Euro eingenommen. Rund 340 Millionen Euro kamen an Mieten rein. Doch das ist nicht genug: Dem Gesamtumsatz des Konzerns von rund 440 Millionen Euro in den ersten neun Monaten dieses Jahres standen Betriebskosten in Höhe von rund 210 Millionen Euro gegenüber. Die Differenz reicht jedoch nicht um die Finanzierungskosten des Konzerns inklusive Zinsen zu decken. Dass Adler für die ersten neun Monate dieses Jahres dennoch ein Vorsteuerergebnis von rund 500 Millionen Euro ausweist, ist darauf zurückzuführen, dass Adler den Wert seiner Immobilien hochgeschrieben hat.

Seit Jahren fällt das Immobilienunternehmen Adler Real Estate durch zweifelhafte Geschäfte auf – die Aktie wurde trotzdem gekauft. Wegen einer neuen Studie könnte die Adler-Gruppe aber nun ernsthaft unter Druck geraten.
von Melanie Bergermann

Das geht so: Kauft ein Unternehmen beispielsweise ein Haus für 10 Millionen Euro und stellt dann ein Jahr später fest, dass das Haus jetzt eher 20 Millionen Euro wert ist, kann es die Differenz als Einnahme buchen. Das ist übliche Praxis. Das so verdiente Geld existiert allerdings nur auf dem Papier. So lange das Haus nicht zum bilanzierten Preis verkauft wird, fließt kein Geld in die Kasse. Das lässt sich auch an Adlers Kennzahlen ablesen. Der Cashflow aus betrieblicher Tätigkeit – also der Betrag, der dank des operativem Geschäfts bar in der Kasse landete – belief sich in den ersten neun Monaten dieses Jahres auf schmale 2,5 Millionen Euro. 

Zu viel auf Pump gekauft

Bei Adler ist das größte Problem die hohe Schuldenlast. Die Beleihungsquote des Unternehmens – also das Verhältnis der Netto-Finanzverbindlichkeiten zu den Vermögenswerten (genannt Loan-to-Value, kurz: LTV). Die Quote lag Ende Juni bei rund 55 Prozent und ist nach dem am Dienstag veröffentlichten Bericht zum dritten Quartal 2021 bis Ende September sogar auf 57 Prozent gestiegen. Das ist für ein Immobilienunternehmen recht hoch. 

Die Beleihungsquote im Griff zu behalten, ist im Fall der Adler Group zudem außerordentlich relevant. Adler hat sich über Anleihen in Summe rund fünf Milliarden Euro bei Anlegern geliehen. Für einige dieser Anleihen wurde vereinbart, dass die Beleihungsquote nicht über 60 Prozent steigen darf. Mit 57 Prozent lag die tatsächliche Quote Ende September sehr nah an diesem Grenzwert. Ebenfalls zu berücksichtigen ist, dass Adler diese Quote auf eher ungewöhnliche Weise kalkuliert. Bei der Berechnung des LTV werden den Immobilienwerten des Konzerns üblicherweise die Finanzverbindlichkeiten auf Nettobasis gegenübergestellt.

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von Melanie Bergermann

Netto heißt, dass das Unternehmen für die Berechnung der Beleihungsquote beispielsweises etwaiges Guthaben auf Bankkonten von seinen Finanzverbindlichkeiten abziehen darf. Bei Adler werden zusätzlich aber noch „ausgewählte finanzielle Vermögenswerte“ wie zum Beispiel Kaufpreisforderungen von den Finanzverbindlichkeiten abgezogen, was die Quote positiv beeinflusst. Dabei waren Adlers Kaufpreisforderungen zuletzt eher mit Vorsicht zu genießen. 

Laut Quartalsbericht rechnet der Vorstand allerdings damit, durch den Verkauf von zwei Immobilienpaketen, unter anderem an den Wohnungskonzern LEG, die Beleihungsquote des Konzerns auf unter 50 Prozent senken zu können. Wenn dies gelingt, wäre das eine gute Nachricht für die Aktionäre. 

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