Immobilienkonzern Adler Group: Jetzt soll es ein Dax-Vorstand richten

Mehrere Jahre wirkte Stefan Kirsten bei Vonovia – jetzt übernimmt er bei der Adler Group den Posten des Verwaltungsratschefs. (Archivbild) Quelle: imago images

Der Immobilienkonzern Adler Group fiel jahrelang unangenehm auf. Der neue Verwaltungsratschef kommt von Konkurrent Vonovia und wird sicher für mehr Professionalität sorgen.

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Management-Erfahrung bringt der Neue mit, keine Frage. Sieben Jahre lang hat Stefan Kirsten das Finanzressort der Vonovia, Deutschlands größtem Vermieter, geleitet. Vor drei Jahren gab er den Posten an Helene von Roeder ab. Zuvor wirkte Kirsten unter anderem beim Handelskonzern Metro und Stahlhersteller Thyssenkrupp. Dass er sich nun auf den strauchelnden Adler-Konzern als Verwaltungsratschef einlässt, ist angesichts dieser Vita mindestens ungewöhnlich. Sinn ergibt die Personalie aber – zumindest für Adler.

Die Adler Real Estate AG notiert schon seit Ewigkeiten an der Börse. Ihr Name geht auf den 1880 gegründeten Büromaschinenhersteller Adler Werke zurück, den es aber längst nicht mehr gibt. Zwischenzeitlich lag die Gesellschaft mehr oder weniger brach, bevor ihr 2012, ausgestattet mit einem neuen Geschäftsmodell, wieder Leben eingehaucht wurde.

Fortan sollte Adler Wohnimmobilien einkaufen und vermieten. Das Timing hätte kaum besser sein können: In Deutschland setzte ein regelrechter Immobilienboom ein. Die Banken stellten großzügig Kredite zur Verfügung, die eingekauften Objekte wurden quasi von selbst jedes Jahr wertvoller. Adler nutzte diese Chance, kaufte reihenweise – teils minderwertige – Wohnhäuser und übernahm Wettbewerber. 

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Im Herbst 2019 gelang den Immobilienprofis dann ein regelrechter Coup. Sie kauften sich mit rund 30 Prozent bei der Immobiliengesellschaft Ado Properties ein. Das alte Ado-Management verabschiedete sich. Die Nachfolger entschieden daraufhin, nun ihren Großaktionär Adler Real Estate zu übernehmen. So entstand einer der größten Immobilienkonzerne in Deutschland, der sich heute Adler Group nennt und zeitweise 70.000 Mietwohnungen im Wert von fast 13 Milliarden Euro besaß. Zu ihm gehört auch der Projektentwickler Consus.

Schräge Deals der Adler Group

Der Weg dorthin ist jedoch gepflastert mit einer Reihe von Immobiliendeals, die zumindest hinterfragungswürdig sind und bei denen immer wieder Personen und Firmen aus dem Umfeld des am Immobilienmarkt bekannten Geschäftsmanns Cevdet Caner mitmischten.

Cevdet Caner begann schon früh eine Karriere als Unternehmer. Mit Anfang 20 zog er einen Lieferdienst für Essen hoch. 2001 dann brachte er die Callcenterfirma CLC an die Börse, die später pleiteging. Mit dem Erlös aus dem Börsengang stieg er in Immobilien ein und gründete die Gesellschaft Level One, die vollgepumpt mit Krediten und ohne nennenswertes Eigenkapital klammen Kommunen ihre Mietwohnungen abkaufte – bis ihn in der Finanzkrise die Banken stoppten. 2008 legte Caner die nach dem Fall Jürgen Schneider wohl zweitgrößte Immobilienpleite in Deutschland hin. Danach trat er am deutschen Immobilienmarkt erst wieder bei der Adler Real Estate AG in Erscheinung. Caner sagt von sich selbst, dass er die Erfolgsgeschichte der Adler wesentlich geprägt habe.

2015 berichtete die WirtschaftsWoche erstmals, dass Adler Real Estate ziemlich viel Geschäft mit Personen und Firmen macht, die Caners Umfeld zuzurechnen sind. Wenn Firmen viele Geschäfte mit Gesellschaften aus dem Umfeld ihres Großaktionärs oder Entscheiders tätigen, besteht grundsätzlich und ganz unabhängig von Adler oder Caner die Gefahr, dass es zu Interessenkonflikten kommt und die Konditionen womöglich etwas zu vorteilhaft für den Großaktionär ausfallen – zum Nachteil der anderen Aktionäre. Deshalb sollen solche Geschäfte mit 'nahestehenden Personen' in den Geschäftsberichten börsennotierter Unternehmen auch gesondert ausgewiesen werden. Die anderen Aktionäre sollen zumindest wissen, in welchem Umfang ein solches Risiko besteht.

Bei Adler Real Estate wurden die Deals mit Caners Umfeld über die Jahre immer größer und wirkten teilweise wenig vorteilhaft für Adler.

Kritischer Bericht

Diesen Umstand thematisiert auch die Viceroy Research Group in einer im Oktober veröffentlichen Analyse über die Adler Group. Hinter Viceroy steht der Brite Fraser Perring. Er hat schon mehrfach kritische Berichte über börsennotierte Gesellschaften in Deutschland veröffentlicht. Danach sind die Aktienkurse der betroffenen Firmen regelmäßig abgestürzt. Nachdem sein Bericht über die Adler Group öffentlich wurde, stürzte der Kurs des Unternehmens erwartungsgemäß ab.

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Das Management der Adler Group hat seitdem jede Menge Immobilien verkauft, was die Aktionäre wohl beruhigen sollte. Denn Adler soll (nach eigenen Angaben) beim Verkauf Preise erzielt haben, die über den bilanzierten Werten der Immobilien lagen. Dadurch sollte mutmaßlich das Signal gesetzt werden, dass Adler – anders als von Perring behauptet – nicht auf überbewerteten Immobilien sitzt.

So richtig geholfen hat es nicht. Die Aktie der Adler Group pendelt aktuell um zehn Euro. Vor einem halben Jahr lag der Kurs noch bei über 20 Euro. Zuletzt hatte Adler vor wenigen Tagen für Irritationen gesorgt, als die Veröffentlichung des Jahresabschlusses verschoben wurde. Zur Begründung hieß es: Die vom Management engagierten Forensiker, die Perrings Vorwürfe überprüfen sollten, könnten ihre Arbeit nicht rechtzeitig abschließen. Das dürfte bei Investoren für Verunsicherung gesorgt haben. Der Aktienkurs rutschte zeitweise wieder einmal ab.

Finanzprofi kommt

Eine Persönlichkeit wie Kirsten, der viele Fondsmanager kennt und weiß, wie professionelle Kapitalmarktkommunikation funktioniert, dürfte deshalb gut sein für die Adler Group. Ebenso steht er nicht im Verdacht, zu eng mit Strippenzieher Cevdet Caner verbandelt zu sein. So besteht nun Hoffnung, dass es künftig vielleicht seltener zu hinterfragungswürdigen Deals kommt. Aber die Personalie ergibt auch noch vor einem ganz anderen Hintergrund Sinn.

Kurz nach der Attacke des Spekulanten Perring hatte Kirstens ehemaliger Arbeitgeber Vonovia indirekt Interesse an Adler bekundet. Vonovia schloss mit Adlers größtem Aktionär – der Aggregate Holdings – einen Optionsvertrag. Die Option gab Vonovia das Recht, in den kommenden 18 Monaten rund 13 Prozent der Adler-Aktien zu erwerben. Falls Vonovia-Chef Rolf Buch die Option zieht, wird er sicher einen Profi im Verwaltungsrat der Adler Group sehen wollen, dem er vertrauen kann.

Mehr zum Thema: Seit Jahren fällt das Immobilienunternehmen Adler Real Estate durch zweifelhafte Geschäfte auf.

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