Kaffeekette Das Ende des Starbucks-Booms

Starbucks: Die goldene Ära des Unternehmens ist vorbei Quelle: imago images

Starbucks verkauft sein Geschäft mit Bohnen und Getränken in Supermärkten an Nestlé. Der Vorreiter anspruchsvoller Cafébar-Ketten scheint seinen Zenit überschritten zu haben – zumindest in Deutschland.

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Es ging nie um den Kaffee allein. Wer je eine der heute knapp 28.000 Filialen des 1971 in Seattle gegründeten Unternehmens Starbucks betreten hat, ahnt, dass hier ein Lebensgefühl beschworen wird. Das passt zu dem sorgsam von den drei Gründern gewählten Unternehmensnamen: Starbuck war der erste Steuermann und Gegenspieler von Käpt'n Ahab in Herman Melvilles „Moby Dick“.

Der Angestellte Howard Schultz übernahm von den Gründern 16 Jahre später Namen und Geschäft mit dem Handel von Kaffeebohnen, nachdem er eine eigene Kaffeekette gegründet hatte. Er eine der erfolgreichsten Unternehmensgeschichten der USA.

Schultz' Versprechen – guter Kaffee in wohnlicher Atmosphäre – sollte er so weit einhalten, dass es mit dem Börsengang 1994 gelang, ein weltumspannendes Netz von Läden zu spinnen, die alle „Romantik und Seele“ besitzen sollten, wie es Schultz einmal formulierte.

In der Expansion blieb der Idealismus offensichtlich auf der Strecke, so dass sich Schultz 2007, zu dieser Zeit nicht mehr an der Spitze als CEO tätig, daranmachte, ein Memorandum an sein Führungsteam zu schreiben, das eben den Verlust des Lifestyles beklagte. 2008 kam Schultz zurück als CEO und blieb bis April 2017, heute wacht er als Aufsichtsratsvorsitzender über den Konzern mit rund 21 Milliarden US-Dollar Umsatz.

Doch die Zeiten ändern sich, und in Europa, besonders sichtbar in Deutschland, ist der Gigant auf dem Rückzug. 2017 überflügelte ihn die Kette Coffee Fellows in der reinen Anzahl an Filialen in der Bundesrepublik. Während Starbucks seine Zahl an Cafés in Deutschland auf 156 von einst 161 reduziert hat, konnte Coffee Fellows, die sich auch an Autobahnen Standorte sicherten, auf 185 erhöhen. Für Starbucks in Deutschland besonders problematisch: Weltweit erhöhte das Unternehmen die Zahl der Shops durchaus.

Nun schickt sich noch die aus Großbritannien stammende Kette Costa Coffee an, weltweit zu expandieren und dort den Branchenführer anzugreifen. In Deutschland sind die Backshops und zahllosen Filialen von Bäckern, die ebenfalls Kaffee und Sitzgelegenheiten ein weiterer Hinderungsgrund für eine Expansion – weltweit ist McCafé, die Tochter von McDonalds ein weiterer erfolgreicher Konkurrent.
Da passt es ins Bild, dass sich die US-Amerikaner von dem Geschäft mit den Kaffeebohnen und Kaltgetränken in Supermärkten trennen und es für sieben Milliarden Euro an Nestlé verkaufen.

Dem Mythos dürfte das zunächst nur wenige Kratzer verleihen. Schlimmer dürfte wiegen, dass das Lebensgefühl, das ein Besuch von Starbucks eben immer auch bedeutet, von allen Seiten angegriffen wird.

Der Filterkaffee, der bei Starbucks vor allem als Einstiegsgetränk serviert wird, erfährt eine Renaissance. Statt von den Marktführern des Kaffeeimports wie der Hamburger Neumann-Gruppe grüne Rohbohnen zu kaufen, reisen inzwischen immer mehr Betreiber kleiner Röstereien vor Ort, um mit einzelnen Kaffeeplantagenbetreiber Verträge auszuhandeln und notfalls die Rohbohnen im Koffer zu transportieren.

Die mehrheitlich jugendlich urbane Zielgruppe wird mit Schlagworten wie Cold Brew, Third Wave oder Nitro erfolgreich umworben. In den Räumen des Café Kranzlers in Berlin serviert inzwischen die Gruppe „The Barn“ ihren „Specialty Coffee“ und bietet ein noch trendigeres Umfeld als es der Konkurrent Starbucks zu inszenieren vermag. "Der deutsche Markt ist für Starbucks schwieriger, da hier zum Beispiel auch die Bäckereien ebenfalls im Wettbewerb sind", sagt Moritz Dietl, Geschäftsführender Partner der Unternehmensberatung Treugast, die auf Hotellerie, Gastronomie und Tourismus spezialisiert ist. "Da die deutschen Kunden vor allem bei Ernährung sehr preissensibel sind, tut sich Starbucks zusätzlich schwerer als im Vergleich zu anderen Ländern, zum Beispiel in Südeuropa", sagt Dietl.

Erschwert wird die Situation für Starbucks durch eine grundsätzliche Entwicklung: Die Zahl der Deutschen, die angeben, täglich in einen Coffeeshop zu gehen, sank seit 2014 kontinuierlich. Das weiß auch Starbucks und sucht auch in den Filialen nach Alternativen zu den Angeboten an Heißgetränken. „Wir verstärken unsere Angebote am Nachmittag, der unsere ruhigste Phase des Tages bleibt“, sagte Starbucks-CFO Scott Maw Analysten. „Die Lebensgewohnheiten der Menschen haben sich geändert“, räumt Maw ein. Kalte Getränke und ein verändertes Angebot an Speisen sollen wieder mehr Menschen während sämtlicher Zeiten am Tag in die Filialen locken.

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