Lufthansa Miles & More Einfacher und weniger gerecht

Am 1. Januar 2021 sollen Veränderungen dbi dem Vielfliegerprogramm Miles & More von Lufthansa in Kraft treten. Quelle: imago images

Die Lufthansa verändert erneut ihr Vielfliegerprogramm. Diesmal profitieren vor allem Schnäppchenjäger und Business-Class-Kunden. Normale Geschäftsreisende hingegen haben das Nachsehen.

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Diesmal wollte es Lufthansa-Marketing-Chef Markus Blinkert besonders gut machen. Bei den letzten großen Änderungen hatte Europas größte Fluglinie mit ihren Neuerungen beim Kundenbindungsprogramm Miles & More ihre Vielflieger mit Verschlechterungen überrascht– und erntete viel Kritik von Meilensammlern. Darum wollten Blinkert und sein Team heute Abend die aktuellen Veränderungen Medien und Bloggern erstmal in Ruhe bei einem größeren Event in Frankfurt präsentieren – und das mehr als ein Jahr bevor sie am 1. Januar 2021 in Kraft treten.

Das klappte nur begrenzt. Denn bereits in der vorigen Woche kursierte unter Vielfliegern ein Schreiben seines Konzernkollegen Joost Greve, der als „Head of Loyality“ die Kundenbindung managt. Der kündigte einen Umbau von Miles & More an und deutete Details an wie mehr Transparenz, eine kürzere Laufzeit für die Eliteränge wie Frequent Traveller oder Senator – und dass diese begehrten Statuskarten sowie die damit verbundenen Privilegien vom Lounge-Zugang bis zu Vorrang bei ausgebuchten Flügen „vor allem durch Flüge mit unseren Fluglinien erreicht werden“. Die Reaktion der Kundschaft war mehr als skeptisch. „Es ist sehr schwammig, aber konkret genug, um uns Top-Kunden zu verunsichern“, so ein Top-Kunde der Lufthansa. „Lufthansa wertet Vielfliegerprogramm ab“, titelte prompt die Schweizer Branchenseite Aerotelegraph.ch ihre Geschichte.

Zwar will Lufthansa die Details erst morgen Vormittag komplett vorstellen. Doch laut Insidern ist das Bild deutlich differenzierter. Nichts ändert sich an der Sammlung von Prämienmeilen, die Kunden in Belohnungen wie Freiflüge bis hin zu Gratiskoffern tauschen können. Diese Zähler werden nach wie vor allein nach dem Ticketpreis zugeteilt. Wer also teuer bucht, bekommt schneller sein Geschenk.

Anders berechnet die Lufthansa dagegen das Anrecht auf die Silber- oder Goldkarte. Für die zählt nicht länger der Umsatz, sondern nur noch, ob der Kunde Kurz- oder Langstreckenflug geflogen ist – und ob er dabei in der Economy, Premium-Economy, Business oder First Class gesessen hat. Dadurch wird das System „einfacher und leichter nachvollziehbarer“, heißt es in dem Schreiben von Loyality-Manager Greve – aber gerade durch diese neue Schlichtheit auch weniger gerecht.

Entscheidend sind vor allem drei Änderungen. So gelten die begehrten Karten nur noch gut ein Jahr – statt bislang bis zu gut zwei Jahre. Damit muss jeder Kunde den Status jährlich neu erfliegen, statt wie bisher nach einem besonders reiseintensiven Jahr auch mal ein Jahr kürzer treten zu können. Zudem hat er mindestens die Hälfte der neuen Punkte im Lufthansa-Konzern zu erfliegen. Bisher ging das für Frequent Traveller und Senator theoretisch auch mit Tickets der oft günstigeren Partnerlinien wie United Airlines oder Singapore Airlines und ohne eine einzige Buchung bei der Lufthansa.

Gleichzeitig tendiert das System beim Sammeln der Statuspunkte in Richtung mehr Gleichmacherei. Denn was der Kunde bezahlt, spielt keine Rolle mehr. Damit begünstigt der neue Zählmechanismus Käufer von Billigtickets vor allem in der Business und First Class – auf Kosten der Kundschaft mit teuren Economy-Class-Flugscheinen wie sie vor allem eilige Geschäftskunden buchen.

Besonders deutlich zeigt sich dies im von Reisenden Holzklasse genannten Touristenabteil im Heck des Flugzeugs. Für den Frequent Traveller genannten Silberstatus braucht es künftig unabhängig vom Flugpreis vier Hin- und Rückflüge mit Umsteigen auf der Langstrecke. Bisher schafften dies Geschäftsreisende mit den bis 4000 Euro teuren Economy-Tickets auf Routen wie Hamburg- Frankfurt-Tokio oder Berlin-München-Los Angeles oft bereits mit halb so vielen Flügen. Schnäppchenjäger mit Flügen für 450 Euro auf Routen an den Persischen Golf hingegen mussten bislang oft doppelt so oft reisen wie künftig.

Günstig wie nie wird auch der oberste Vielflieger-Rang bei Lufthansa, auch Hon Circle genannt. Für die damit verbundenen Annehmlichkeiten wie dem Zugang zum feinen First-Class-Terminal oder dem Recht per Limousine zum Flieger gebracht zu werden, brauchte es bisher meist First-Class-Tickets zum Preis von mehr als 100.000 Euro. Heute genügen zehn Rabatttickets im Top-Abteil, die etwa nach Dubai schonmal für zusammen 20.000 Euro zu haben sind.

Schnäppchen lohnen sich auch in der Business Class mehr denn je. Hier schaffen Passagiere nach vier Langstrecken-Reisen mit Umsteigen die goldene Senator-Karte. Das schaffen derzeit nur Reisende mit den voll flexiblen teuren Tickets auf langen Routen. Preisbewusste Premium-Passagiere mit Rabatt-Flugscheinen hingegen brauchen derzeit bis zur doppelten Zahl an Flügen.



Mit dem System nähert sich Lufthansa seinen wichtigsten europäischen Wettbewerbern an. Der IAG-Konzern um British Airways und Iberia aus Spanien vergibt in seinem Avios genannten System die Eliteränge schon länger nach Punkten statt nach Meilen. Bereits 2018 hat auch Air France-KLM ihr Programm Flying Blue umgestellt.

Doch trotz aller Umstellungen hat sich ein Unterschied zwischen Lufthansa und den anderen Linien nicht geändert: Bei den Wettbewerbern kommen Fernreisende nach wie vor deutlich schneller zu einer Statuskarte und zu Freiflügen als bei Lufthansa.

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