Auch wenn die chinesischen Staatsmedien den Jungfernflug wie einen Durchbruch feiern: Der Flieger ist noch lange kein rein chinesisches Produkt. Der Bau von Passagierflugzeugen ist eine schwierige Sache: Heck und Flügel stammen zwar aus China, dazu wurden viele Werkstoffe aus dem Land geliefert.
Ein Großteil wird aber immer noch von ausländischen Zulieferern gebaut. Darunter die Motoren von CFM International sowie die Lüftungssysteme, die von dem deutschen Luftfahrtzulieferer Liebherr Aerospace hergestellt werden.
Nicht ohne Grund hat Peking die Hersteller Boeing und Airbus dazu gezwungen, mit Comac Fabriken für die Endmonate ihrer Flugzeuge zu betreiben, wenn sie Flugzeuge nach China verkaufen wollen. Normalerweise ein Versuch Chinas, an Technologie der ausländischen Unternehmen zu kommen. Langfristig soll an den Fliegern von Bao alles Made in China sein. Dafür hat Peking im vergangenen Jahr auch einen eigenen Hersteller für Triebwerke gegründet. „Wenn das Unternehmen so weit ist, werden wir unsere eigenen Antriebe verwenden“, kündigt Bao an. „Bis 2025 sollen 95 Prozent der Teile aus China stammen.“
Live im Fernsehen übertragen und unter dem Jubel hunderter Zuschauer hob die Maschine C919 am Freitag in Shanghai ab. Das Flugzeug hat eine Reichweite von bis zu 5555 Kilometern und kann 174 Passagiere transportieren. Damit greift Comac die Flugzeuge A320 von Airbus und die Boeing 737 an, zwei der meistverkauften Flugzeugtypen der Welt, die in dem absatzstärksten Flugzeugsegment der Branche eingesetzt werden.
Ob der Flieger wirklich eine Konkurrenz zu Boeing und Airbus wird, bleibt abzuwarten. Er ist voraussichtlich nicht günstiger als die Konkurrenz, könnte aber den Druck auf ausländische Hersteller erhöhen.
Denn selbst wenn die internationalen Maschinen besser sind, werden die nationalen Fluggesellschaften in China in Zukunft auf die Eigenmarke setzen. Die meisten Fluggesellschaften in China sind staatlich, der Rest wird sich keinen mangelnden Patriotismus vorwerfen lassen wollen. Laut der Internationalen Luftfahrtorganisation könnte Comac so in den kommenden Jahren bis zu 6000 Flugzeuge absetzen. Dann auch mit anderen Modellen.
Bereits vor dem Jungfernflug hat der staatliche Flugzeugbauer 570 Flugzeug-Bestellungen von 23 chinesischen Fluggesellschaften entgegengenommen. In Europa ist der Flieger noch nicht zugelassen. Ähnlich wie bei dem Regionaljet ARJ21, der seit vergangenem Jahr in China am Himmel unterwegs ist, fehlen für den neuen Flieger die entsprechenden Genehmigungen im Ausland.