Seine ersten Amtshandlungen als neuer Bahnchef werden nun mit Spannung erwartet. Zunächst wird Lutz am Donnerstag die Jahreszahlen für 2016 präsentieren. Für den 52-Jährigen ist das eher eine Routineaufgabe, auch wenn er als neuer Bahnchef nun im neuen Licht erscheint. Dennoch hat er bereits in den Vorjahren immer nach Grube gesprochen und die Bilanzzahlen konkretisiert.
In diesem Jahr wird Lutz der Öffentlichkeit erklären müssen, wie die Bahn die zahlreichen Herausforderungen meistern will. Der Umsatz legte nur minimal auf 40,6 Milliarden Euro zu, womit die ursprünglichen Planungen um fast zwei Milliarden Euro verfehlt wurden. Bei den Güterbahnen in Deutschland und Europa hält die Krise weiter an. Der Verlust konnte hier nur durch den Verkauf von fast 200 Loks begrenzt werden. Die wichtigste Sparte Regionalverkehr, in der die Bahn Aufträge verliert, verbuchte weniger Gewinn. ICE und Intercity konnten nach einer Talfahrt wegen der Fernbuskonkurrenz dank zahlreicher Sonderangebote 2016 dagegen wieder leicht zulegen.
Spannender wird die Besetzung neuer Vorstandsposten. Lutz muss entscheiden, mit wem er künftig zusammen arbeiten will. Und er darf gleich zwei neue Manager in das oberste Führungsgremium holen – auch eine Möglichkeit, gleich neue starke Akzente zu setzen.
Hochgeschwindigkeitszüge in anderen Ländern
In Italien konkurrieren zwei Anbieter von Schnellzügen um die Kunden. Neben der Staatsbahn Trenitalia gibt es seit 2012 auch die privaten Italo-Züge. Italo bedient mit seinen schnellen und modernen Zügen des französischen Konzerns Alstom weniger Strecken als Trenitalia, setzt aber vor allem auf Komfort und Service. So gibt es in der ersten Klasse Essen am Platz, dazu kommen Wlan und die Möglichkeit eines eigenen Unterhaltungsprogramms. Trenitalia hat vor kurzem seinen neuen Frecciarossa 1000 präsentiert, der bis zu 400 Stundenkilometer schnell fährt. Die Freccia-Züge setzen eher auf gute Verbindungen, hohe Geschwindigkeit und wenige Haltepunkte. In den Schnellzügen beider Anbieter gilt generell eine Reservierungspflicht.
In Spanien hebt das staatliche Eisenbahnunternehmen Renfe vor allem die Pünktlichkeit der mit Höchstgeschwindigkeiten von bis zu 310 Stundenkilometern fahrenden Schnellzüge hervor. Ab Herbst sollen die Waggons zunächst auf der Strecke zwischen Madrid und Barcelona mit Wlan ausgestattet werden. Der Hochgeschwindigkeitszug AVE hat im Juli 1,84 Millionen Reisende transportiert und damit einen neuen Rekord aufgestellt. Mit einem Streckennetz von knapp 3150 Kilometern ist das AVE-System im europäischen Highspeed-Sektor führend. In den kommenden Jahren soll das Netz für rund zwölf Milliarden um weitere 1850 Kilometer erweitert werden. Geplant sind außerdem 30 neue Züge im Wert von 2,65 Milliarden Euro.
In Frankreich soll 2022 eine neue Generation des Hochgeschwindigkeitszugs TGV in Betrieb gehen. Das Modell wird vom Bahnkonzern SNCF und dem Siemens-Rivalen Alstom gemeinsam entwickelt. Der neue TGV soll billiger und sauberer werden und in der Anschaffung sowie im Betrieb mindestens 20 Prozent günstiger sein. Geplant ist außerdem, den Energieverbrauch um mindestens ein Viertel zu senken. Der erste TGV ging 1981 an den Start und war der Vorreiter der Hochgeschwindigkeitszüge in Europa. Er verbindet die wichtigsten Städte des Landes. Die mehr als 400 Kilometer von Paris bis Lyon schafft er mit teilweise über 300 Stundenkilometern in rund zwei Stunden.
Der wohl bekannteste Schnellzug in Großbritannien ist der Eurostar, der Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 320 Kilometern pro Stunde erreichen kann. Seit Ende 2015 ist das Modell e320 von Siemens im Einsatz und verbindet London, Paris und Brüssel. Auf der Hochgeschwindigkeitstrasse High Speed 1 (HS 1) zwischen London und dem Eurotunnel fährt aber auch der sogenannte Class 395 „Javelin“ der britischen Eisenbahngesellschaft Southeastern Railway, der 225 Stundenkilometer erreicht. Gestritten wird wegen hoher Kosten über eine Nord-Süd-Trasse (HS 2) zwischen London, Birmingham, Sheffield, Manchester und Leeds. Der Bau der Strecke soll 2017 beginnen - das Parlament hat aber bisher nur für einen Teil grünes Licht gegeben.
In Polen setzt die Staatsbahn PKP auf Schnelligkeit und Komfort. Für umgerechnet etwa sieben Milliarden Euro ließ das Unternehmen seit 2012 Schienennetz, Bahnhöfe und Züge erneuern. Zum Modernisierungsprogramm gehört etwa der Kauf der elektrischen Triebzüge ED250 Pendolino des Herstellers Alstom. Sie erreichen eine Höchstgeschwindigkeit von 250 Stundenkilometern. Für eine bequeme Reise sorgen ausziehbaren Sitze, individuelle Beleuchtung und Steckdosen an jedem Platz. Diesen Komfort in der Kategorie Express InterCity Premium (EIP) soll sich mittels Frühbucherrabatten jeder leisten können. Tickets gibt es ab umgerechnet 11 Euro. Ein Imbiss und sowie ein Getränk an Bord sind im Preis inbegriffen.
Japans derzeit schnellster Zug ist der Shinkansen. Da der Eisenbahnbetrieb auf nationaler Ebene seit den 1980er Jahren privatisiert ist, gibt es mehrere Betreiber für die Hochgeschwindigkeitszüge. Die meist befahrene Strecke zwischen Tokio und Osaka fällt unter die Zuständigkeit des Bahnunternehmens JR Tokai. Dieses verfolgt angesichts des immer heftigeren Konkurrenzkampfes mit Billigfliegern die Ziele, schneller, komfortabler und sicherer zu werden, ohne dabei die Preise zu senken. Mit einem neuen Bremssystem sollen die rund 130 Züge zudem mit einer Höchstgeschwindigkeit von 285 km pro Stunde fahren können.
Zum einen wird es einen neuen Vorstand für den Güterverkehr geben. Zum anderen soll es einen neuen Vorstand für Technik und Digitalisierung geben. Für beide Posten sind bereits Namen gefallen: Sigrid Nikutta, Chefin der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) für Cargo und Siegfried Russwurm von Siemens für das Digitalgeschäft. Doch hält Lutz wirklich an den Namen fest? Oder überrascht er möglicherweise Politik und Aufsichtsrat? Gegen die Doppelrolle gibt es inzwischen auch Widerstand. Die Arbeitnehmerseite unterstütze Lutz zwar formal. Allerdings halte man die Doppelfunktion weiter für falsch und wolle im Zuge des ohnehin anstehenden Vorstandsumbaus wieder einen eigenen Finanzvorstand.
Ist der mächtigste Bahnchef aller Zeiten damit also nur ein vorübergehendes Phänomen? Das Bundesverkehrsministerium jedenfalls spricht seine volle Unterstützung für Lutz aus – inklusive der Doppelrolle, die Dobrindt bewusst mitgetragen habe. Im Ministerium heißt es außerdem: Lutz sei „kein Übergangskandidat“.