Damit bereitet E.On den Weg, seine Atomkraftwerke und deren Abriss und die Endlagerung entweder in einen Fonds auszulagern, wo die Rückstellungen für den Abriss und die Endlagerung verwaltet werden (vergleichbar einem Pensionsfonds). Oder Teyssen entledigt sich des Atomproblems, in dem er die Milliarden an gebuchten Rückstellungen in eine Atom-Stiftung einbringt - vergleichbar der Steinkohle-Stiftung RAG.
Genau solch eine Atom-Stiftung will auch Minister Gabriel. Schon vor mehr als einem Jahr schlug er eine solche Stiftung vor, in die alle Atombetreiber ihre Rückstellungen einbringen sollten, um sie dort zu sichern und zu verwalten. Dazu kam es nicht – weder die Konzerne noch die Bundesregierung konnte sich damals zu diesem Schritt entschließen.
Deutschlands Energieriesen im Vergleich
Mit über 122 Milliarden Euro Umsatz und weltweiten Kapazitäten zur Stromerzeugung von 61 Gigawatt im Jahr 2013 ist Eon Deutschlands größter Energiekonzern. Doch den Düsseldorfern machen die Folgen der Energiewende zu schaffen. Das klassische Stromgeschäft wirft wegen des wachsenden Anteils von Sonnen- und Windenergie immer weniger Geld ab. Zudem häufte Eon durch seine Expansion einen Schuldenberg von 31 Milliarden Euro an. Ende 2013 hatte der Konzern 62.200 Mitarbeiter.
Die Gewinne des zweitgrößten deutschen Versorgers sind wegen des niedrigen Börsenstrompreises 2014 rapide geschrumpft. Das betriebliche Ergebnis sank auf 4 Milliarden Euro und lag 25 Prozent unter dem Vorjahreswert. Der Außenumsatz des Konzerns ging von 52,4 auf 48,5 Milliarden Euro zurück. Die Nettoverschuldung von RWE bewegte sich 2014 mit 31 Milliarden Euro auf Vorjahresniveau. Ende 2014 beschäftigten die Essener weltweit knapp 59.800 Mitarbeiter.
Die Nummer drei der Branche will zum Treiber der Energiewende werden. Ende 2013 erzeugte EnBW knapp 20 Prozent seines Stroms aus erneuerbaren Energien wie Wind, Wasser, Sonne und Biomasse. Bis 2020 soll der Anteil 40 Prozent betragen. Die Karlsruher haben rund 20.000 Mitarbeiter und einen Umsatz von über 20 Milliarden Euro. Unrentable Kraftwerke und niedrige Strompreise sorgten unter dem Strich in den ersten neun Monaten 2014 für ein Minus von über 770 Millionen Euro.
Fallende Preise machten dem schwedischen Konzern 2014 zu schaffen. Der Umsatz sank auf 166 Milliarden Kronen (18 Milliarden Euro). Auch das bereinigte Betriebsergebnis von 2,6 Milliarden Euro fiel geringer aus - teils wegen Rücklagen für den deutschen Atomausstieg. 2015 will das Staatsunternehmen aus Stockholm mit 30.200 Mitarbeitern einen strikten Sparkurs fahren. In Deutschland erwägt Vattenfall einen Verkauf seiner Braunkohle-Sparte in Brandenburg und Sachsen.
Um sicherzustellen, dass niemand jemals der SPD würde vorwerfen können, sie hätte die Gewinne aus vier Jahrzehnten Atom-Ära privatisiert (also die Konzerne in höchstem Maße profitieren lassen), dann aber die milliardenschweren Kosten für den Abriss der Meiler dem Steuerzahler aufgebrummt, musste Gabriel sich etwas anderes einfallen lassen.
Unbegrenzte Haftung der Konzerne
Im Sommer kündigte Gabriel einen neuen Gesetzentwurf an. Anfang September stellte sein Haus den Entwurf vor, am 23. September soll er ins Kabinett: Das geplante Gesetz soll festlegen, dass die von den Atomkraftwerken befreiten Mutterkonzerne unbegrenzt für die Kosten des Rückbaus haften, sollten ihre ausgegliederten Gesellschaften dazu nicht in der Lage sein.
E.Ons geplante Auslagerung der Kernkraftwerke in eine neue Gesellschaft wäre dadurch Makulatur. Mit der unkalkulierbaren Atomlast auf ewig im Gepäck wäre Teyssens Modell der Teilung für den Kapitalmarkt völlig unattraktiv. Teyssen tobte, kündigte eine Klage gegen Berlin an. Doch ein jahrelanger Rechtsstreit hätte die Unsicherheit für Uniper und die alte E.On nur noch erhöht. Letztlich blieb Teyssen nichts anderes übrig, als sich der Politik zu beugen.
Und wie geht es jetzt mit Uniper weiter? Wie geplant sollen die Kohle- und Gaskraftwerke sowie der Energiehandel Anfang 2016 in die neue Gesellschaft Uniper übergehen. Die Rückstellungen für den Atomausstieg von 16,6 Milliarden Euro wandern aber nun nicht in die Bilanz der neuen Gesellschaft. Uniper wird deshalb am Markt Fremdkapital aufnehmen müssen. Ob das gelingt, wird sich noch zeigen.
Ob der Zeitplan für die Zellteilung des Konzerns jetzt nun ausreicht? Schwierig. Denn bis zum 30. September muss die Teilung bilanziell, juristisch und personell abgeschlossen sein. Mit dem Strategieschwenk von gestern Nacht, müssen die Pläne aber noch einmal aufgerissen werden.
Die Aktie jedenfalls verlor heute fast sechs Prozent. E.On muss auch für dieses Jahr erneut hohe Abschreibungen auf sein Kraftwerksgeschäft verbuchen. Teyssen sagte, er rechne mit einem „mittleren einstelligen Milliardenbetrag“ in 2015. Auch in diesem Jahr droht E.On damit ein Rekordverlust. Im vergangenen Jahr verbuchte E.On einen Rekordverlust in Höhe von rund drei Milliarden Euro – den höchsten in der Unternehmensgeschichte.