Die Stadt Freising unternimmt viel, um ihren Bürgern Lebensqualität zu bieten. So haben die örtlichen Stadtwerke der Bevölkerung für etwa 44 Millionen Euro einen kommunalen Badetempel samt Steakhaus und Saunaparadies spendiert, bei dem manche private Therme in der Umgebung im Vergleich eher wie ein Kinderbecken im Freibad wirkt. Damit die Badegäste aus dem Münchner Speckgürtel jedoch im „Bootshaus“ (bis zu 95 Grad Lufttemperatur) oder dem „Gartenhäusl“ bei 70 bis 75 Grad Celsius schwitzen können, müssen die Freisinger Stadtwerke jede Menge Erdgas verfeuern.
Einen Luxus den sich die Stadtwerke im Herbst vielleicht schon nicht mehr leisten können. Der russische Staatskonzern Gazprom hat alle Lieferungen über Nord Stream 1 gekappt. Die horrenden Preise für Strom und Gas belasten die Geschäfte der Stadtwerke seit Monaten.
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Der deutsche Städtetag und dessen Präsident Markus Lewe (CDU) warnen, dass ein drohender Mangel bei der Versorgung mit Erdgas viele Stadtwerke in die Pleite treiben könnte. Der Oberbürgermeister der Stadt Münster fordert Bund und Länder daher dazu auf, einen finanziellen Rettungsschirm über die kommunalen Energieversorger zu spannen. Liquiditätshilfen und Insolvenzmoratorien sollen zusätzlich Entlastung bringen. Lewe sagt: „Gerade in diesen Zeiten erwarten die Menschen von uns, dass wir sie sicher durch die Krise führen.“
Kein Schirm vom Bund
Und Wirtschaftsminister Robert Habeck? Sein Ministerium arbeitet derzeit an keinem Schutzschirm für die Stadtwerke. Das Ministerium verweist vielmehr auf das jüngst verabschiedete Energiesicherungsgesetz, das es dem Bund ermöglicht, bei Energieversorgern in der Krise einzusteigen und diese mit frischem Geld am Leben zu erhalten. So geschehen beim Energieimporteur Uniper, den der Bund mit Milliarden Euro versorgt. Solche „Stabilisierungsmaßnahmen“ seien auch bei den Stadtwerken möglich, heißt es aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Voraussetzungen für finanzielle Hilfen seien „ein wichtiges Interesse des Bundes“ sowie die Tatsache, dass „sich der vom Bund angestrebte Zweck nicht besser und wirtschaftlicher auf andere Weise erreichen lässt“. Ein Rechtsanspruch auf finanzielle Stütze aus der Staatskasse bestehe nicht.
Das Land Thüringen verweist auf Anfrage der WirtschaftsWoche bezüglich eines möglichen Rettungsschirms auf den Bund. Die Landesregierung befinde sich aber „im Austausch“ über Unterstützung für besondere Härtefälle unter den Stadtwerken, beispielsweise mit Hilfe von Bürgerschaften des Landes für Energieversorger die besonders stark straucheln. Aus Bayern wiederum heißt es lapidar: „Es ist derzeit im Freistaat bei keinem der mit diesen Aufgaben befassten Ministerien (Finanzen, Inneres, Wirtschaft) ein Rettungsschirm in Arbeit.“ Zudem kämpfe in Bayern zurzeit kein Stadtwerk um das wirtschaftliche Überleben.
NRW prüft bereits
Das Wirtschaftsministerium in Hessen schiebt die Verantwortung für den Fortbestand der Stadtwerke den Kommunen zu. Städte und Gemeinden könnten aus Sicht des Ministeriums Kredite aufnehmen, um Engpässe bei der Liquidität ihrer Stadtwerke zu vermeiden. Das Landesministerium plane keinen Rettungsschirm für die kommunalen Energieversorger in Hessen.
In Nordrhein-Westfalen ist das zuständige Ministerium für Kommunales indes bereits tätig geworden. Das Ministerium teilt auf Anfrage mit: „Wir prüfen mit Hochdruck, wie wir die erforderliche Liquidität für die vorausschauende Beschaffung der Stadtwerke sichern können.“ Allerdings müsse auch der Bund seinen fairen Anteil an der Rettung der Stadtwerke leisten.
Um Energie zu sparen, haben die Stadtwerke Freising in ihrem Bad die Temperatur der Schwimmbecken um zwei Grad gesenkt. Die Sauna will der kommunale Versorger aber weiter anheizen. Diese arbeite nämlich im Vergleich zum Badebetrieb kostendeckend.
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