Nach Gamesa-Desaster Siemens Energy geht mit Taskforce im Windgeschäft auf Fehlersuche

Siemens Energy geht bei Tochter Gamesa mit einer Taskforce auf Fehlersuche. Quelle: imago images

Der Energietechnik-Konzern Siemens Energy verstärkt die Suche nach den Ursachen des Siemens-Gamesa-Desasters. Angeblich betreffen die Qualitätsmängel bei Onshore ausschließlich die neueren Reihen 4.X und 5.X.

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Der Energietechnikkonzern Siemens Energy verstärkt mit einer Task Force die Suche nach den Ursachen für die milliardenschwere Mängelserie bei seiner deutsch-spanischen Windturbinentochter Siemens Gamesa. Die Task Force werde auch externe Dienstleister etwa für Gutachten zurate ziehen, verlautete es aus Kreisen des Siemens-Energy-Aufsichtsrats. Ihr werden auch Mitarbeiter der traditionellen Energiesparte angehören, die ihre Sanierungsfähigkeiten bewiesen haben.

Die Task Force wird an den Verwaltungsrat der Windtochter Siemens Gamesa und den Vorstand von Siemens Energy berichten; Vorsitzender beider Gremien ist Christian Bruch. Der Siemens-Energy-Aufsichtsrat hat darüber hinaus einen Sonderausschuss gegründet, um die Probleme im Windgeschäft aufzuklären.

Siemens Gamesa verhagelt seit Jahren die Bilanz von Siemens Energy. Ende Juni hatte der Konzern eingeräumt, die Probleme bei den bereits installierten Windkraftanlagen an Land seien größer als erwartet, zudem gelinge der Ausbau der Fertigung von neuen Offshore-Anlagen nicht wie erhofft. Das Unternehmen strich seine Gewinnprognose und rechnet mit zusätzlichen Kosten von „mehr als einer Milliarde Euro“. Die Aktie von Siemens Energy brach an einem Tag um 37 Prozent ein.

Die Sorgen bei Siemens Energy um das Windgeschäft werden nicht weniger. Der langfristige Geschäftsplan von Oktober scheint bereits jetzt obsolet, die für 2024 prognostizierte Gewinnschwelle in weiter Ferne.
von Angela Maier

Es sei eine „sehr ernste Situation für die Organisation“, hieß es in Aufsichtsratskreisen. Dass Siemens Energy einen materiellen Verlust deklarieren musste, ohne eine genaue Zahl und die genauen Ursachen benennen zu können, sei „das Schlimmste, was man sich vorstellen kann“. Die Frage, ob man in diesem Stadium schon veröffentlichen muss, habe zu intensiven Diskussionen auch im Aufsichtsrat von Siemens Energy geführt. Siemens-Energy-Chef Bruch will die Belastungen zum Quartalsbericht am 7. August genauer quantifizieren. 

Die Siemens AG hatte kurz nach der Gewinnwarnung 6,8 Prozent an den hauseigenen Pensionsfonds übertragen. Siemens-Finanzchef Ralf Thomas sitzt im Aufsichtsrat von Siemens Energy und war insofern an allen Diskussionen über die Gewinnwarnung beteiligt. Fondsmanager kritisierten mangelnde Governance und „merkwürdiges Timing“ der Transaktion.

Siemens reduziert Anteile an Siemens Energy. Dabei ist völlig unklar, was das Geschäft der Tochter noch wert ist, das Ausmaß der Probleme in der Windsparte liegt im Dunkeln. Investoren kritisieren Governance und Timing.
von Angela Maier

„Man hat jetzt ein Stadium erreicht, wo man sagt, es muss jetzt die letzte Gewinnwarnung gewesen sein. Sonst muss sich was ändern“, sagte ein Kontrolleur. Der Aufsichtsrat sei der Auffassung, dass Energy-Chef Bruch und Gamesa-Boss Jochen Eickholt die richtigen Personen seien, um die Probleme zu lösen. Dies könne sich aber ändern, sollten die Untersuchungen zu dem Ergebnis kommen, dass man bei der Prüfung der Bücher von Siemens Gamesa im Rahmen der Vollübernahme vergangenen Herbst die Probleme hätte sehen müssen. „Das interessante daran ist, dass tatsächlich eine externe Firma, die Firma DNV, dabei war und das Design (der Turbine) zertifiziert hat." DNV wies dies zurück. DNV habe das Turbinen-Design nicht zertifiziert, erklärte das Unternehmen.

Es gehe bei den Qualitätsproblemen im Onshore-Bereich ausschließlich um die neueren Turbinenreihen 4.X und 5.X, heißt es. Die größte Problematik könne sich aus der 5.X. ergeben, von der bislang 800 gebaut und 100 an Kunden übergeben wurden. „Bei der 4.X sind es etwas mehr in den Stückzahlen“, so der Aufsichtsrat. Da sei aber die statistische Wahrscheinlichkeit des Ausfalls geringer. Siemens Gamesa habe in Summe 63.000 installierte Windturbinen im Feld, die alle im normalen Rahmen funktionierten.

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Neben den Qualitätsfragen und möglichen Designfehlern im Onshore-Geschäft bereiten im Offshore-Geschäft Rahmenverträge für zwei große Windparks auf hoher See Sorgen. Beide seien vor Jahren abgeschlossen worden und angesichts der Kosteninflation nicht mehr kostendeckend abzuwickeln. „Wenn die Projekte kämen, wären sie defizitär“, heißt es in Aufsichtsratskreisen. Siemens Gamesa hofft derzeit noch, dass die Kunden die Windparks nicht bestellen, weil diese sich auch für die Kunden nicht rechnen. 

Mit Material von Reuters.

Transparenzhinweis: DNV hat zurückgewiesen, der Turbinenzertifizierer zu sein. Wir haben diesen Hinweis ergänzt.

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