Finanzvertrieb Druck auf OVB-Vermittler wächst

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 Die OVB bestätigt Unregelmäßigkeiten: „In Einzelfällen kam es aus einem bedauerlichen Versehen zur Bescheinigung unzutreffender Eintrittsdaten. Diese Einzelfälle wurden von uns gegenüber den für die Registrierung zuständigen Industrie- und Handelskammern offengelegt.“ Die Kandidaten absolvierten dann doch noch eilig ihre IHK-Prüfungen.

Ungeachtet dessen muss die OVB ein immer größeres Rad drehen, um den Beraterschwund auszugleichen und kündigt bereits im Geschäftsbericht 2008 Abwehrmaßnahmen gegen Fluktuation und Abwerbungen an: „Die OVB sieht sich gut positioniert, die Konkretisierung dieses Risikos mit ihren bewährten Instrumenten der Mitarbeiterbindung eng zu begrenzen.“

Abwanderungswillige Mitarbeiter bekommen diese Instrumente seitdem schmerzhaft zu spüren. Bis zum Frühjahr 2009 hatte sich das Management Insidern zufolge kulant gegenüber Aussteigern gezeigt. Jetzt pocht es bei mindestens dreijähriger Betriebszugehörigkeit darauf, dass die langen Kündigungsfristen von einem Jahr zum Jahresende eingehalten werden. Das bedeutet im Extremfall: Wer im Januar 2010 hinwirft, kann erst am 31. Dezember 2011 aufhören.

Finanzindustrie ist tabu

 Die Kündigungsfristen sind rechtens. Aber der Arbeitgeber darf dem Vermittler während dieser Zeit nicht die Arbeitsgrundlage entziehen: Kaltstellen ohne Provisionszahlung gilt nicht“, urteilt Arbeitsrechtler Christian Kerner von der Kölner Kanzlei Weskamp, Kerner, Bellinghausen. Tatsächlich berichten Abtrünnige, dass ihre Kunden zu anderen Vermittlern umgeleitet werden. Die OVB rechtfertigt ihr Verhalten während der laufenden Kündigungsfrist mit Verbraucherschutz: „Es ist sowohl im Sinne der Kunden als auch unseres Unternehmens, eine kompetente Beratung und Betreuung weiter zu gewährleisten. Deshalb werden betroffene Kunden selbstverständlich von einem anderen OVB-Berater weiter betreut.“ Während der Kündigungsfrist dürfen OVBler nicht zur Konkurrenz wechseln, tabu ist die gesamte Finanzindustrie.

Dass ein Abschied auch ganz schnell gehen kann, demonstrierte die OVB bei ihrem Vorstandschef. Michael Frahnert, einst unumschränkter Herrscher, musste das Unternehmen im Juli 2009 über Nacht verlassen. Nur sieben Tage später senkten die Kölner per Gewinnwarnung alle Geschäftsziele für 2009. Seither spekulieren Branchenbeobachter, dass Frahnert einen eigenen Konkurrenzvertrieb zur OVB aufbauen wolle und dazu ausländische Spitzenkräfte wie Alain Canonica abwerbe. Auch er hat die OVB gerade verlassen.

Doch Frahnert winkt gegenüber der WirtschaftsWoche ab: „Ich bin Pensionär. Ich werde keine neue Gesellschaft gründen.“ Die akute Gefahr für die OVB verfolgt er gleichwohl genau: „Ich beobachte mit großem Interesse, dass sich alle möglichen Leute neu orientieren.“ In der Schweiz muss die OVB den Weggang von 26 Beratern einräumen, in Frankreich von zehn.

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