Modekonzern in der Bredouille Gerry Weber streicht Mitarbeitern das Weihnachtsgeld

Der Modehändler Gerry Weber strauchelt. Quelle: dpa

Der Modekonzern Gerry Weber kämpft gegen Verluste und Schulden. Ein harter Sparkurs mit Filialschließungen und Entlassungen soll helfen. Nun wird es für die Mitarbeiter auch kein Weihnachtsgeld geben – obwohl das im Tarifvertrag steht.

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Das Weihnachtsgeld landet bei vielen Deutschen zum Ende dieses Monats mit dem normalen Novembergehalt auf dem Konto. So wäre es üblicherweise auch beim angeschlagenen Modekonzern Gerry Weber. Das besagt der Tarifvertrag, in dem das Weihnachtsgeld als zugesicherte Jahressonderleistung festgeschrieben ist.

Für die Gerry-Weber-Belegschaft bleibt die Zahlung in diesem Jahr aber vorerst aus, berichten mehrere regionale Zeitungen, darunter das „Westfalenblatt“ und die „Lippische Landes-Zeitung“. Demnach verkündete Vorstandschef Johannes Ehling die Hiobsbotschaft zunächst bei einer Mitarbeiterversammlung vor zwei Wochen und nun noch einmal in einem Rundschreiben an die gesamte Belegschaft. Die Begründung: Die schwierige finanzielle Lage des Modekonzerns aus Halle.

Gerry Weber leidet wie etliche Wettbewerber unter der Online-Konkurrenz und Billig-Modeketten wie Zara und Massimo Dutti, die mit raschen und flexiblen Kollektionen auf Markttrends und Wetterkapriolen reagieren. Bereits Mitte November war sehr deutlich geworden: Der Modekonzern kämpft sogar ums Überleben. Mehrere Medien berichteten unter Berufung auf die Mitarbeiterzeitung des Konzerns, dass Gerry Weber ein noch härteres Sparprogramm plane als ohnehin schon angedacht war. Die Rede war vom Abbau etwa jeder siebten Stelle. Das bedeutete, weltweit könnten 900 von 6500 Mitarbeiter ihre Jobs verlieren.

Zudem wurde über die Schließung von 170 bis 200 Filialen spekuliert. Einen direkten Kommentar zu den Berichten gab es von Gerry Weber nicht. Lediglich von einem „Abbau einer signifikanten Zahl“ von Stellen sowie von der Schließung von Filialen und Verkaufsflächen war die Rede. Allerdings ohne Details zu nennen.

Derzeit läuft für Gerry Weber eine knapp dreimonatige Schonfrist der Schuldscheingläubiger: Sie stunden ihre Forderungen bis Ende Januar. 31 Millionen Euro wären Anfang des Monats nämlich eigentlich fällig gewesen. Auch die Banken hielten ihre Kreditlinien so lange offen. Damit werde die „angespannte Finanzierungssituation“ stabilisiert, hatte Gerry Weber mitgeteilt.

Wie es aus Unternehmenskreisen heißt, müssen mehr als zehn Millionen Euro eingespart werden. Neben den Schließungen und Entlassungen müssten deshalb auch die verbleibenden Mitarbeiter kürzer treten. Gerry-Weber-Chef Ehling will einen Sanierungstarifvertrag schließen, der für drei Jahre Urlaubs- und Weihnachtsgeld aussetzt. Mit der Entscheidung, bereits das diesjährige Weihnachtsgeld nicht auszuzahlen, geht er auf Konfrontationskurs mit den Arbeitsnehmervertretern.

Kein Wunder also, dass Betriebsrat und Gewerkschaft IG Metall bereits Widerstand angekündigt haben, wie das „Westfalenblatt“ berichtet. Die IG Metall nannte die sofortige Weihnachtsgeldkürzung laut Zeitung ein „ruppiges“ Vorgehen. Dass die Gewerkschaft den Modekonzern damit ohne Gegenwehr durchkommen lässt, ist unwahrscheinlich.

Rein rechtlich steht den Mitarbeitern die Zahlung nach Tarifvertrag in jedem Fall zu. Welche Schritte Arbeitnehmervertreter und Mitarbeiter aber angesichts der angespannten finanziellen Lage gehen, bleibt abzuwarten.

Mit Material von Reuters

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