Nur: Könnten die überzähligen Arbeiter überhaupt qualifiziertere Jobs übernehmen? 160 Millionen Wanderarbeiter gibt es in China. Sie haben in der Regel keine höhere Schuldbildung oder Qualifikation. Viele verrichten für den staatlich festgelegten Mindestlohn von umgerechnet etwa 90 bis 180 Euro im Monat einfache Tätigkeiten in den Boom-Städten fernab ihrer Familien, die sie oft nur einmal im Jahr sehen. Sie ermöglichten den Wirtschaftsboom der vergangenen 30 Jahre. Es sind vor allem ihre Jobs, die durch eine zunehmende Automatisierung obsolet werden.
CDP-Berater Wang glaubt trotzdem nicht, dass Massenarbeitslosigkeit zu einem Problem wird. „Die Nachfrage nach Arbeit ist noch immer riesig.“ Ähnlich sieht das Kuka-Chef Reuter: „Gewisse Produktionsschritte werden durch den Roboter ersetzt, gleichzeitig können die Mitarbeiter qualifiziertere Tätigkeiten übernehmen. Ein Roboter arbeitet ja nicht von alleine. Er muss programmiert und bedient werden. Manche Arbeitsschritte könnten auch zu komplex für ihn sein. Automatisierung schafft also Arbeitsplätze.“
Zweischneidige Strategie
Der Amerikaner Martin Ford, Unternehmer und Autor des Buches „The Lights in the Tunnel: Automation, Accelerating Technology and the Economy of the Future“, ist skeptischer: „Auch wenn es China wahrscheinlich gelingen wird, genug Arbeiter auszubilden, um die neuen Maschinen zu bedienen, wird die Zahl der Jobs nicht ausreichen, um die verloren gegangenen zu ersetzen.“ Zwar entstünden im Service-Sektor neue Arbeitsplätze. Aber es sei schwierig, ungelernte Wanderarbeiter direkt in diesem Bereich einzusetzen.
„Bei einer zu schnellen Automatisierung wird es zu wenig spezialisierte Fachkräfte geben, die die neuen und teils sehr komplexen Maschinen warten und reparieren können“, befürchtet auch Markus Franz, Geschäftsführer im Shanghaier Büro der Unternehmensberatung Staufen aus Köngen bei Stuttgart. Er rät von einer zu schnellen Automatisierung ab. Durch Prozessoptimierung und eine bessere Einbindung der Arbeiter könne oft mehr erreicht werden als durch den Einsatz von Maschinen.
Das wäre im Sinne von Arbeitern wie Zhu Nouyeqin. Seit mehr als drei Jahren bedient er die alte Stanzmaschine in der Liangcai-Fabrik. In seinem hellblauen Mao-Anzug sieht er aus wie ein Arbeiter aus einer vergangenen Zeit. Zhu stammt aus der Provinz Hubei, gut 600 Kilometer von der Fabrik in Suzhou entfernt. 350 Euro verdient er im Monat. „Ich will hier bleiben“, sagt er.