Geschäftsgeheimnisse Chinesischer Spitzel spionierte Lanxess aus

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Spionage und Sabotage

China ist der mit Abstand größte Markt für Chemikalien. Europäische Unternehmen haben sich in den vergangenen zehn Jahren stark auf das boomende Geschäft im Land der Mitte verlassen. Allerdings wuchsen dort zuletzt in immer mehr Marktsegmenten auch starke Konkurrenten heran, etwa bei Agrarchemikalien oder Flüssigkristallen für Flachbildschirme. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) mahnt inzwischen zu mehr Vorsicht im Umgang mit China, deutsche Firmen sollten sich nicht zu abhängig vom chinesischen Markt machen, heißt es im Entwurf eines Grundsatzpapiers des BDI, der Reuters vorliegt. Zwar gelte es, die Chancen des wirtschaftlichen Austauschs zu nutzen. „Die Risiken, vor die uns China stellt, dürfen dabei aber nicht ausgeblendet werden.“ 2017 erzielte Lanxess, dessen Vorstandschef Matthias Zachert Sohn des früheren Präsidenten des Bundeskriminalamts ist, 28 Prozent seines Umsatzes von knapp zehn Milliarden Euro in Asien.

Der Verband der chemischen Industrie (VCI), der die wirtschaftspolitischen Interessen von rund 1.700 Chemie- und Pharmaunternehmen in Deutschland vertritt, wollte sich zum Fall Lanxess nicht äußern. Er erklärte aber, für die deutsche Chemie wie auch für andere Industriesektoren seien die Themen Industriespionage und Cybersecurity sehr relevant. Die Branche und auch der VCI beschäftigten sich intensiv mit Entwicklungen und Lösungen. Vor allem über Informationsveranstaltungen und Schulungen versuche man, einem Diebstahl von Daten vorzubeugen. Der BDI und das Bundeswirtschaftsministerium wollten keine Stellung zu dem Fall nehmen.

Ausländische Unternehmen werfen China immer wieder Ideenklau und Industriespionage vor. Nach einer im September veröffentlichten Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ist die Chemie- und Pharmaindustrie zusammen mit dem Maschinenbau die Branche, die hierzulande am zweitstärksten von Industriespionage betroffen ist. Schlimmer trifft es nur die Elektroindustrie. BDI-Präsident Dieter Kempf warnte unlängst, insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen könne die Existenz auf dem Spiel stehen. Aber auch große Konzerne steckten es nicht so einfach weg, wenn Firmengeheimnisse entwendet, Produkte kopiert oder Produktionsstätten und Lieferketten sabotiert würden.

Nach Angaben des Bundesamts für Verfassungsschutz ist es wegen der engen Verflechtung von Staat und Wirtschaft in China im Einzelfall kaum möglich, zwischen staatlich betriebener Wirtschaftsspionage und Ausspähung durch konkurrierende Unternehmen zu unterscheiden. Chinesische Nachrichtendienste nutzten soziale Netzwerke wie LinkedIn für Anbahnungsoperationen im großen Stil. Angesichts der wirtschaftlichen Ambitionen Chinas dürften die Spionageaktiväten des Landes weiter zunehmen, wie aus dem im Juli veröffentlichten Verfassungsschutzbericht hervorgeht. Eine immer größere Rolle spielten dabei Cyberangriffe.

Das Beispiel Lanxess zeigt jedoch, dass Gefahren auch von den eigenen Mitarbeitern ausgehen können. Hier kam der Angriff von innen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft erhielt der Mitarbeiter dank seines Aufstiegs bei Lanxess weitreichende Zugriffsrechte auf Betriebsdaten ausgefeilte Technologien zum Hacken der Systeme brauchte er nicht.

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