Lieferketten Papierindustrie schlägt wegen Gaskrise Alarm

Ein Produktionsstopp in der Papierindustrie könnte auch für andere Branchen fatale Folgen haben – und Lieferketten unterbrechen. Quelle: dpa

Die Energieknappheit trifft viele Branchen hart – so auch die Papierindustrie, die in Deutschland rund 40.000 Beschäftigte zählt. Ein Produktionsstopp könnte verheerende Folgen haben – auch für andere Lieferketten.

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Die energieintensive Papierindustrie in Deutschland warnt vor dem Hintergrund der Gaskrise vor einem Produktionsstopp. „Ein Produktionsstopp für Papier, Karton und Pappe würde eine Reihe wichtiger Lieferketten treffen, die auch die kritische Infrastruktur berühren“, sagte der Präsident des Branchenverbandes „Die Papierindustrie“, Winfried Schaur, der Nachrichtenagentur Reuters.

Lebensmittel und Medikamente seien zu einem erheblichen Teil auf Verpackungen aus Papier, Karton und Pappe angewiesen. Gleiches gelte für die Hygiene in Krankenhäusern, Pflege und im privaten Bereich. „Da läuft ohne Papier wenig.“

Die deutsche Zellstoff- und Papierindustrie beschäftigt in rund 150 Betrieben rund 40.000 Mitarbeiter. Die Branche, zu der Konzerne wie Stora Enso, UPM und Mitsubishi Hitec Paper Europe gehören, erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 15,5 Milliarden Euro. Sie gehört neben der Chemie-, der Stahl-, der Glas- und der Aluminiumindustrie zu den größten Gasverbrauchern in Deutschland. Die energieintensiven Industrien bringen sich derzeit für eine Gasnotlage in Stellung und verstärken ihre Lobbyarbeit, falls eine Rationierung des Energieträgers ansteht.

Denn die Bundesregierung könnte wegen der reduzierten Lieferungen aus Russland die dritte Stufe des Notfallplans Gas aktivieren. In diesem Fall würde der Staat in den Markt eingreifen und die Bundesnetzagentur entscheiden, welches Unternehmen noch Gas bekommt und wieviel. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat die privaten Verbraucher und die Wirtschaft zum Energiesparen aufgerufen. Unternehmen sollen zudem auf andere Energieträger als Gas zurückgreifen.

„Die Papierindustrie könnte kurzfristig lediglich zehn bis 15 Prozent ihres Erdgasverbrauchs durch andere Energieträger substituieren. Dazu gehören Heizöl, Kohle und Strom“, erklärt Schaur. Kurzfristige Energieeinsparungen seien nur zu Lasten der Produktion möglich. „Mit verringerter Produktion verschlechtert sich auch die Energieeffizienz der Anlagen.“ Die Unternehmen versuchten, wo es möglich sei, andere Energieträger einsatzbereit zu machen. „Das ist aber nur in beschränktem Umfang möglich.“

Im Podcast schildert Papierfabrik-Chef Jürgen Schaller seine Sorgen wegen eines möglichen Gas-Stopps und gibt damit einen Einblick, wie es vielen mittelständischen Unternehmen in energieintensiven Branchen gerade geht.
von Theresa Rauffmann

Die Bundesnetzagentur prüft die Möglichkeit, über Auktionen den Markt zu entlasten. Details müssen noch geklärt werden. Die Papierindustrie ist dafür offen. „Marktwirtschaftliche Lösungen sind grundsätzlich zu begrüßen und somit auch die Idee hinter dem Auktionsmodell“, betont Schaur. Bislang sei aber unklar, ob das Modell den erhofften Mehrwert erbringen könne.

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