Chinesischer Technologiekonzern Was Huawei so wichtig macht – und so umstritten

Huawei Quelle: REUTERS

Hinter Huawei liegt eine extrem erfolgreiche Wachstumsgeschichte. Nun belastet die Verhaftung der Managerin Meng Wanzhou das Image des chinesischen Konzerns. Was macht Huawei so erfolgreich und zugleich so umstritten?

  • Teilen per:
  • Teilen per:

US-Präsident Donald Trump warnt die ganze Welt vor Huawei, dem chinesischen IT-Riesen. Gleichzeitig wird in Kanada Meng Wanzhou verhaftet, Huawei-Finanzvorständin und Tochter des Firmengründers, weil Huawei gegen die Iran-Sanktionen verstoßen haben soll. Geschehen sein soll das im Auftrag der US-Regierung. Stimmt das, ist damit eine neue Eskalationsstufe des Handelskonflikts erreicht.

Dem Image von Huawei dürfte das alles andere als guttun. Das ist aufgrund von Spionagevorwürfen und dem staatlichen Einfluss Chinas ohnehin angekratzt. Doch das umtriebige Unternehmen ist weltweit nicht nur für seine Smartphones bekannt, sondern ist maßgeblich am Ausbau von Netzinfrastruktur beteiligt. Auch in Deutschland. Das macht Huawei in gleicherweise bedeutend wie umstritten. Fragen und Antworten zum chinesischen Erfolgs-Unternehmen.

Warum ist Huawei als Netzausrüster so bedeutend?

Vor gut 30 Jahren gegründet und seit knapp zwei Dekaden mit eigener Technik im Telekommunikationsmarkt aktiv, hat Huawei insbesondere im vergangenen Jahrzehnt eine geradezu atemberaubende Wachstumsgeschichte hingelegt. Vom einstigen Billiganbieter von passabler, aber nicht überaus innovativer Netzwerktechnik haben sich die Chinesen aus Shenzhen inzwischen zu einem ebenso großen wie technologisch führenden Anbieter von Hard- und Software für fast jede Art von Kommunikationstechnik entwickelt.

Und das in einer Geschwindigkeit, die alleine schon aufsehen- oder – je nach Blickwinkel – furchterregend ist. Nur sechs Jahre ist es her, dass Huawei begonnen hat, Handys unter eigenem Markennamen zu verkaufen. Im ersten Halbjahr 2018 verkaufte das Unternehmen unter den Marken Huawei und Honor weltweit bereits rund 95 Millionen Smartphones, 30 Prozent mehr als ein Jahr zuvor – und erstmals mehr als Apple. Zudem baut es Tablet-PC und Laptops sowie Funkmodems etwa fürs vernetzte Fahren oder den Einbau in beliebige Geräte im Internet der Dinge.

Daneben liefert Huawei von der Basisstation bis zur Hochleistungsantenne jede Form von Netzwerkinfrastruktur für Fest- und Mobilfunknetze und – weitgehend unbemerkt – inzwischen auch noch Technik für die Rechenzentren. Mit deren Hilfe managen die Netzbetreiber ihre Infrastruktur, bauen Verbindungen auf, rechnen ab und verwalten ihre Kunden. Vor allem besetzen sie damit das wichtigste Innovations- und Wachstumsfeld der Kommunikationswelt: Den Betrieb sogenannter „software-definierter Netze“, virtueller Infrastrukturen, bei denen die Netzbetreiber viel weniger spezialisierte und daher teure Hardware brauchen, und ihre Netze stattdessen als Software auf Basis von standardisierten Industrie-Servern betreiben. Viel flexibler und billiger als bisher.

Mit dieser umfassenden Produktpalette ist Huawei inzwischen der am breitesten aufgestellte Anbieter der gesamten Kommunikationsbranche. Und einer, von dem ein Experte wie Neil McRae, Chefarchitekt des britischen Netzbetreibers British Telecom, sagt, er sei technologisch führend, „die anderen [Anbieter] hängen hinterher und müssen den Vorsprung aufholen und von Huawei lernen“.

Warum ist Huawei so umstritten?

Zwar wirkt schon das enorme Innovations- und Wachstumstempo des Konzerns für manchen beängstigend genug. Doch viel entscheidender ist aus Sicht der Kritiker, dass sich Huawei zwar formell in Privatbesitz befindet, praktisch aber aus einem Staat stammt, in dem politische Durchgriffe auch in nicht staatlichen Unternehmen üblich sind. Es gibt keinen funktionierenden Rechtsstaat, der Individuen oder Firmen vor derlei Eingriffen schützt, und es gilt als sicher, dass sich kein chinesisches Unternehmen staatlichem Druck entziehen kann. Das gilt auch für Forderungen von Geheimdiensten.

Langjährige Verfahren großer US-Tech-Konzerne gegen US-Behörden belegen, dass es schon in Rechtsstaaten mitunter schwer ist, Forderungen von staatlichen Stellen abzuwehren, die den Einbau von Software-„Hintertüren“ fordern, um Datenverkehre im Ausland mitlesen zu können. Ungleich schwerer ist solch ein Widerstand in einem Staat wie China.

Kritiker warnen daher, dass – selbst wenn man Huawei nichts Übles unterstellte – davon ausgegangen werden müsse, dass beispielsweise chinesische Geheimdienste Hard- oder Software mit Spionagemodulen „impfen“ könnten. Auch von Huawei. Umso mehr, als Technik aus Huaweis Produktion inzwischen theoretisch in fast jeder Form von Kommunikationsgerät stecken kann. Damit wäre sie das perfekte Werkzeug, um Informationen in maximaler Breite abzuschöpfen, von persönlichen Daten über Unternehmensgeheimnisse bis zu politischen Bewertungen.

Dass Firmengründer Ren Zhengfei einst Offizier der chinesischen Volksbefreiungsarmee war und natürlich auch KP-Mitglied ist, macht ihn und sein Unternehmen bei Skeptikern noch zusätzlich verdächtig. Der Konzern ist Widerstand gewohnt: „Die ersten 15 Jahre wurden wir in China ständig gefragt, wie wir eine gute Firma sein können, obwohl wir keine staatliche Firma sind“, sagt David Wang, Vorstand für Produkte und Lösungen. „Seitdem werden wir ständig gefragt, wie wir eine gute Firma sein können, obwohl wir aus China kommen.“

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%