Intel-Aktie stürzt ab Bei den Apple-Zulieferern geht die Angst um

Will Apple den Mac ohne Intel-Prozessor bauen? Das Gerücht lässt die Aktie des Chipherstellers abstürzen. Auch andere Zulieferer haben Angst.

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München Der Ostermontag ist in den USA ein normaler Arbeitstag. Während die Deutschen die Ruhe der Festtage genossen, gingen die Investoren an der Wall Street also wenig feierlich ihrer Arbeit nach. Das bekam vor allem Intel zu spüren: Der Aktienkurs des größten amerikanischen Chipherstellers brach zum Wochenbeginn zeitweise neun Prozent ein.

Auslöser des Kurssturzes war eine Meldung der Nachrichtenagentur Bloomberg. Die berichtete unter Berufung auf Insider, dass Apple womöglich schon ab 2020 in seinen Computern auf die Prozessoren von Intel verzichten und Eigenentwicklungen nutzen wolle. Prozessoren sind das Gehirn eines jeden Rechners. Ziel sei es, die Hardware – darunter iPhone, iPad und Macs – so weit wie möglich zu vereinheitlichen und so eine „nahtlose Zusammenarbeit“ zu ermöglichen.

Die Pläne sind dem Bericht zufolge noch in einem frühen Stadium, Apple kann sich also noch anders entscheiden. Trotzdem bewerten die Intel-Aktionäre das Szenario offenbar als glaubwürdig – und als Alarmsignal. Denn es passt es zur Strategie von Apple, immer mehr wichtige Komponenten selbst zu entwickeln. Zum anderen gilt der Mitautor Mark Gurman als einer der besten Apple-Kenner, der in seinen Berichten immer wieder mit Interna aufwartet. Weder Intel noch Apple wollten zu dem Bloomberg-Bericht Stellung nehmen.

Es ist nicht das erste Mal, dass der Aktienkurs eines Apple-Zulieferers angesichts derartiger Spekulationen einbricht. Im Gegenteil, immer wieder trennen sich die Investoren massenhaft von Papieren von Lieferanten, wenn solche Gerüchte die Runde machen.

Mitte März erst waren die Aktien von Bildschirmproduzenten schwer unter Druck geraten. Bloomberg hatte gemeldet, Apple entwickle eine neue LED-Technik für Displays. Das wirkte sich unmittelbar auf die Kurse wichtiger Hersteller aus. Die Papiere von Universal Display etwa brachen zeitweise um 16 Prozent ein. Auch Japan Display, Synaptics, Sharp und Samsung verloren an der Börse.

Besonders sensibel reagieren regelmäßig die Aktionäre des deutsch-britischen Apple-Lieferanten Dialog Semiconductor. Mehrmals in den vergangenen Jahren ist der Kurs eingebrochen, nachdem Berichte erschienen, der wertvollste Konzern der Welt könnte die Chips des börsennotierten Unternehmens durch Eigenentwicklungen ersetzen.

Apple steht für knapp drei Viertel des Umsatzes der Firma, die ihr Geschäft von England aus führt, deren Herz aber im schwäbischen Kirchheim unter Teck schlägt.

Zu den deutschen Apple-Zulieferern gehört auch Infineon. Der Umsatzanteil an den gesamten Erlösen der Münchener ist vermutlich nicht besonders hoch, der Dax-Konzern weist das nicht aus. Trotzdem gehörte Deutschlands größter Halbleiterproduzent am Dienstag zu den größten Verlierern im Dax mit einem Minus von mehr als zwei Prozent.

Massive Investitionen in Prozessoren und Speicher

Es hat seinen Grund, dass die Anleger so nervös sind. Apple investiert seit Jahren in die Entwicklung von Prozessoren, Speichern und Antennen, die anschließend Auftragsfertiger produzieren. Diese Ambitionen wurden erstmals 2010 mit dem Modul A4 sichtbar, das in Geräten wie dem iPad, iPhone 4 und Apple TV zum Einsatz kam. Mit der Zeit sind immer mehr Funktionen hinzugekommen, von einem energiesparenden Schrittzähler bis zu einem Grafikprozessor.

Mit jedem Bauteil verringert der Konzern die Abhängigkeit von Zulieferern, was die Entwicklung neuer Funktionen erleichtert. Zwei Beispiele: Die Gesichtserkennung im iPhone X nutzt künstliche Intelligenz, um Nutzer zu identifizieren – die Berechnungen bewältigt der „A11 Bionic“-Prozessor. Die Apple Watch Series 3 ermöglicht Telefonate und empfängt Daten, ist aber kaum dicker als der Vorgänger – die Daten funkt ein schlankes Modem.

Für die Lieferanten steht viel auf dem Spiel. Intel etwa würde fünf Prozent vom Umsatz verlieren, falls Apple eigene Halbleiter einsetzt, schätzt Bloomberg. Viel bedrohlicher noch: Apple könnte auch andere PC-Produzenten dazu animieren, selbst in die Chipentwicklung einzusteigen. So könnten sich Hersteller voneinander absetzen. Derzeit arbeiten sämtliche Computerbauer mit Intel-Prozessoren.

Allerdings: Die Chipentwicklung ist aufwendig und teuer. Wenn Apple die Ausgaben für Forschung und Entwicklung im Geschäftsjahr 2018 auf 14 Milliarden Dollar steigert, wie der unabhängige Analyst Neil Cybart schätzt, hat das sicher auch mit neuen Produkten wie einer Datenbrille oder der Autoentwicklung unter dem Codenamen „Project Titan“ zu tun, aber eben auch mit der vertikalen Integration. Der Konzern schlüsselt einzelne Posten nicht auf.

Klar ist nur: Apple ist in einer herausragenden Position, das Unternehmen verdient besser als die gesamte Konkurrenz. Allenfalls Samsung oder Huawei können im selben Maßstab eigene Komponenten entwickeln.

Dazu kommt: Selbst wenn die Gerüchte stimmen, bleibt den Zulieferern einige Zeit, neue Abnehmer zu suchen. So ist es auch bei Dialog Semiconductor. Obgleich Apple seit Jahren nachgesagt wird, bald eigene Halbleiter für die Stromversorgung zu benutzen, beliefert die Firma den Konzern noch immer – und gewinnt derweil weitere Kunden.

Auch Intel ist nicht untätig. Die Amerikaner hoffen auf neue Erlöse, wenn ihre Chips künftig in Elektrofahrzeugen und autonomen Autos eingesetzt werden.

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