Jenoptik Widerstand gegen leere Ankündigungen

Jenoptik leidet unter seinem selbstherrlichen Chef. Institutionelle Investoren wollen ihm einheizen und den einstigen ostdeutschen Vorzeigekonzern wieder auf Trab bringen.

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Jenoptik-Chef Mertin will jedes Jahr zehn Prozent Wachstum beim Umsatz. Quelle: Christoph Busse für WirtschaftsWoche

Das Grußwort auf dem Neujahrsempfang der Jenoptik AG in Jena hält traditionell ein Mitglied der thüringischen Landesregierung. Nur nicht in diesem Jahr. Denn seit Dezember 2014 ist Bodo Ramelow Ministerpräsident des Freistaats. Und obwohl der elf Prozent an Jenoptik hält, erhielt der Landesvater keine Einladung.

Zur Begründung ließ Jenoptik-Chef Michael Mertin verbreiten, der Neujahrsempfang sei keine politische, sondern eine Wirtschaftsveranstaltung. Zwei Mitarbeiter des 48-jährigen Jenoptik-Chefs, der nebenbei Vizepräsident des CDU-Wirtschaftsrats ist, zitieren ihren Vorgesetzten dagegen unabhängig voneinander mit den Worten: „Ich will keine Kommunisten auf der Veranstaltung haben.“ Gemeint gewesen sei damit Ramelow, der erste Ministerpräsident Deutschlands von der Partei Die Linke. Mertin streitet das ab, die Aussage sei „von Dritten kolportiert, aus dem Zusammenhang gerissen und deshalb verfälscht“. Einige Landtagsabgeordnete ärgerten sich über das angebliche Zitat zwar, unternommen haben sie gegen Mertin deswegen aber nichts.

Jenoptik verfehlt Wachstumsziele

Die Affäre scheint an ihm abzuperlen, genauso wie die Kritik einiger institutioneller Jenoptik-Aktionäre: Die Bezüge des Vorstandes sind nach oben geschossen, der Geschäftsbericht listet vier Verstöße gegen die Regeln guter Unternehmensführung auf. Die Verwaltungskosten des wichtigsten ostdeutschen Technologieunternehmens (590 Millionen Euro Jahresumsatz, 3600 Mitarbeiter) sind deutlich gestiegen. Mertin verfehlt am laufenden Band seine Wachstumsziele. Doch Folgen hatte das für ihn bislang nicht. Die österreichische Unternehmerfamilie Humer, die 2008 ein Viertel und zuletzt rund 14 Prozent an Jenoptik hielt sowie drei Aufsichtsratsmitglieder stellt, ließ Mertin stets gewähren.

Das ändert sich aber jetzt. Denn Ende März verkaufte der Clan fast sämtliche Jenoptik-Aktien an Fondsgesellschaften und Pensionskassen. Und die wollen endlich Ergebnisse sehen. „Mertin hat viel versprochen und wenig gehalten“, sagt der Manager eines der Fonds.

Mertin fühlt sich trotz Millionengehalts unterbezahlt

So hatte Mertin etwa 2008 angekündigt, den Umsatz jedes Jahr im Schnitt um zehn Prozent erhöhen zu wollen. Zwar kam die Finanzkrise dazwischen. Doch 2011 nahm er das Ziel wieder auf und wiederholte es in den Jahren 2013 und 2014. Die Versprechen hat er jedoch in keinem Jahr eingelöst. Schlimmer noch: 2014 sank der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr sogar erstmals seit der Finanzkrise um zwei Prozent auf 590 Millionen Euro. Die Aktionäre waren sichtlich enttäuscht. Nach der Veröffentlichung der Jahreszahlen fiel der Aktienkurs von 12,7 Euro auf 10,6 Euro in der ersten Mai-Woche.

Die Zahlen zum ersten Quartal dieses Jahres verbreiteten allerdings wieder Hoffnung. Der Umsatz stieg im Vergleich zum Vorjahresquartal um rund sechs Prozent auf 146 Millionen Euro. Eine Aktie des Technologiekonzerns kostet aktuell 11,6 Euro. Die Umsatzentwicklung ist zwar erfreulich und die Aussichten für das Gesamtjahr positiv, weil Jenoptik zugleich auch mehr Aufträge  hat als im Vorjahresquartal. Aber das reicht noch nicht aus um die selbst gesetzten Wachstumsziele zu erreichen. Für dieses Jahr hatte Mertin angekündigt, den Umsatz um  zehn bis sechzehn Prozent zu erhöhen. Dadurch steht er nun unter Druck. „Es gibt keinen Raum mehr für Enttäuschungen“, sagt ein Investor. Wenn Mertin jetzt nicht liefere, „dann gibt es Ärger“.

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