Nach dem Produktionsstopp von Samsungs Flaggschiff-Smartphone Galaxy Note 7 fordern Investoren schnelle Aufklärung über die Hintergründe. „Die Leute machen sich Sorgen, weil sie nicht wissen, was das Problem ist“, sagte Kim Hyun Su, Fondsmanager bei IBK Asset Management, am Mittwoch. Die Kunden bräuchten die Gewissheit, dass die nächste Handy-Generation nicht von den Bränden betroffen sein werde.
Bislang schweigt Samsung zu den technischen Ursachen. Experten zeigen sich insbesondere verwundert darüber, dass auch die Austauschmodelle betroffen sind. Aus Kreisen der koreanischen Behörde für Technik und Sicherheit verlautete, möglicherweise handele es sich um zwei getrennte Probleme.
Samsung hatte nach dem ersten Rückruf Anfang September den Akku-Lieferanten gewechselt, doch auch mehrere neue Note 7 gerieten vergangene Woche in Brand. Erste Erkenntnisse aus der Untersuchung der jüngsten Zwischenfälle wiesen auf ein Problem mit den neuen Batterien hin, schrieb der Finanzdienst Bloomberg. Sie seien nicht mehr von der Samsung-Firma SDI, sondern von der chinesischen Firma Amperex Technology gefertigt worden, einer Tochter des japanischen Konzerns TDK. Als Quelle wurde eine Person mit Kenntnis der Gespräche zwischen Behörden und Samsung genannt. Der Konzern selbst äußerte sich bisher nicht zu den Ursachen der Brände.
Wie sich Samsungs Debakel mit dem Note 7 2016 entwickelte
Samsung stellt das „Phablet“ mit der Bildschirm-Diagonale von 5,7 Zoll vor. Das Vorzeigemodell soll im oberen Preissegment spielen, in dem Apple mit seinen iPhones stark ist. Der Finanzdienst Bloomberg berichtet später, Samsung habe sich beeilt, es deutlich vor dem September-Marktstart des iPhone 7 auf den Markt zu bringen.
Das Galaxy Note 7 kommt in mehreren Ländern in den Handel. Nach und nach gibt es Berichte von Nutzern über brennende oder zumindest überhitzte Telefone. Ein Überblick über das Ausmaß des Problems fehlt zunächst.
An dem Tag, an dem das Note 7 unter anderem auch in Deutschland breit in den Handel kommen sollte, gibt Samsung eine weltweite Rückrufaktion bekannt. Zunächst ist von 35 bestätigten Zwischenfällen die Rede.
Die US-Flugaufsicht FAA und dann auch ihr europäisches Pendant EASA verbieten, Geräte des Modells in Flugzeugen zu nutzen oder aufzuladen. Sie dürfen auch ausgeschaltet nicht ins aufgegebene Gepäck.
In den USA gibt es auch einen offiziellen Rückruf über die Verbraucherschutz-Behörde CPSC. Dabei werden deutlich mehr Fälle bekannt. Allein in dem Land seien demnach 26 Verbrennungen und 55 Fälle von Sachbeschädigung gemeldet worden.
Samsung leitet den Austausch der Geräte in Deutschland ein. Zugleich wird der Verkauf von Beteiligungen an anderen Tech-Unternehmen im Wert von rund einer Billion Won (etwa 800 Mio Euro) bekannt. Die Kosten des Rückrufs für Samsung werden auf mindestens eine Milliarde Dollar (rund 900 Millionen Euro) geschätzt.
Die südkoreanische Behörde für Technologie und Standards (KATS) fordert von Samsung vor der Wiederaufnahme des Verkaufs zusätzliche Sicherheitsprüfungen. Unter anderem solle jede Batterie für das Gerät einem Röntgentest unterzogen werden.
Samsung kündigt an, dass das Note 7 in Europa am 28. Oktober wieder regulär in den Handel kommen soll.
Ein gerade ausgeschaltetes Note 7 gerät in einem Flugzeug, das vor dem Abflug noch am Gate steht, in Brand. Nach Darstellung des Besitzers ist es bereits ein Austauschgerät.
Es werden vier weitere Fälle bekannt, in denen US-Verbraucher von Bränden mit Ersatzgeräten berichten. Zwei davon füllen demnach in der Nacht ein Schlafzimmer mit Rauch. Ein Telefon soll sich in den Händen eines 13-jährigen Mädchens in einer Schule entzündet haben. Die Mobilfunk-Anbieter AT&T, Verizon und T-Mobile US geben an ihre Kunden gar keine Note 7 mehr heraus.
Mehrere Medien berichten, Samsung setzte die Produktion des Geräts erneut aus. Vom Unternehmen heißt es dazu nur, die Produktionsplanung werde „vorläufig angepasst“.
Samsung stoppt den Verkauf des Note 7 erneut. Kunden werden aufgefordert, auch die Ersatzgeräte nicht mehr zu benutzen. Samsung ermutigt sie zudem, ihre Geräte gegen andere Modelle einzutauschen oder sich den Kaufpreis zurückerstatten zu lassen.
Unter Fondsmanagern herrscht Einigkeit, dass der Weltmarktführer nun so schnell wie möglich die neuste Version seiner Smartphone-Premiumreihe S auf den Markt bringen dürfte. „Ich gehe davon aus, dass Samsung schnell die Galaxy S8 bereitstellen wird“, so Kim. Der Konzern verfüge über die dafür notwendigen Kapazitäten. Üblicherweise stellt Samsung ein neues Galaxy-S-Modell im ersten Quartal zur Fachmesse Mobile World Congress vor.
Chinesische Hersteller könnten profitieren
Allerdings könnten andere Android-Hersteller wie LG Electronics oder Google die Pannenserie der Südkoreaner für den Versuch nutzen, sich Marktanteile zu sichern. Beide Konzerne haben gerade neue Produkte auf den Markt gebracht. Auch Samsungs Erzrivale Apple dürfte profitieren. Bob O'Donnell von TECHnalysis Research sieht jedoch Grenzen: Apple biete nicht eine ähnliche Produktvielfalt.
Der Analyst Jan Dawson von Jackdaw Research weist zudem darauf hin, dass Kunden ungeachtet neuer Hardware eher zögern, das Betriebssystem zu wechseln. Bislang habe Samsung das obere Preissegment bei Android für sich gebucht. Für andere Handy-Hersteller mit der Linux-Variante seien die Galaxy-Note-7-Brände eine Chance. Die Forschungsgruppe TrendForce geht davon aus, dass „ein großer Teil der Nachfrage jetzt auf drei große chinesische Marken entfallen wird – Huawei, Vivo und OPPO“.
Samsung hatte am Dienstag mitgeteilt, das Galaxy Note 7 komplett vom Markt zu nehmen. Eigentlich sollte das erst im August eingeführte Handy Apples neuem iPhone Konkurrenz machen. Der Rückzug könnte Samsung nach Einschätzung von Analysten bis zu 17 Milliarden Dollar Umsatz kosten.
Samsung selbst rechnet wegen der Krise beim Galaxy Note 7 schon im Sommer mit weniger Gewinn. Im dritten Quartal dürfte nach Angaben vom Mittwoch das Ergebnis bei umgerechnet 4,2 Milliarden Euro (5,2 Billionen Won) liegen, das sind zwei Drittel dessen, was das Unternehmen zuletzt angenommen hatte. Auch der Umsatz dürfte in den drei Monaten bis Ende September mit 37 Milliarden Euro geringer ausfallen als bisher erwartet.