SAP-Hauptversammlung Hassos letzte Schlacht

SAP-Mitgründer Hasso Plattner: Nicht alle Aktionärsvertreter wollen seine Wiederwahl als Aufsichtsratschef durchwinken. Quelle: imago images

Mitgründer Hasso Plattner will auf der SAP-Hauptversammlung für zwei weitere Jahre im Aufsichtsrat kandidieren. Prominente Fondsgesellschaften rebellieren gegen die Ernennung – nicht nur wegen seines Alters.

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Zum nunmehr dritten Mal begrüßt SAP-Mitgründer und Aufsichtsratsboss Hasso Plattner an diesem Mittwoch die Anteilseigner des Walldorfer Softwarekonzerns Corona-bedingt zu einer rein virtuellen Hauptversammlung. Statt wie im vergangenen Jahr per Videokonferenz aus Kalifornien zugeschaltet, wird er von Walldorf aus zu den Aktionären an den Computerbildschirmen sprechen.

Das diesjährige Treffen der SAP-Anteilseigner versprach besonders spannend zu werden – auch wenn die Nähe und Eindringlichkeit einer Präsenzveranstaltung mit Reden am Mikrofon weiterhin fehlen. Denn für das SAP-Urgestein geht es noch einmal um alles: Hassos letzte Schlacht steht an.

Im Jahr 1972 – also vor genau einem halben Jahrhundert – haben fünf ehemalige IBM-Programmierer gemeinsam den Grundstein für den heutigen Weltmarktführer für Unternehmenssoftware gelegt. Plattner ist der letzte Verbliebene jener Gründerriege, der SAP als Chefkontrolleur vorantreibt und bis heute maßgeblich prägt. Mehr noch: Der geborene Berliner aus der nordbadischen Provinz agiert sozusagen als oberster SAP-Berater in Sachen IT-Entwicklung. „Plattner, der ewige Diktator“ – so titelte die WirtschaftsWoche vor zwei Jahren, in Anlehnung an ein Interview aus dem Jahre 2013, in dem er über sich selbst sagte, er sei „ein Diktator, aber ein guter“.



Plattners Ewigkeit, sie soll nun zwei Jahre länger währen: Vor seinen Aktionären warb der charismatische und bisweilen aufbrausende Grantler für eine neuerliche Verlängerung seines Mandats – einen Plan, den er schon auf dem Aktionärstreffen 2021 angekündigt hatte, trotz seines fortgeschrittenen Alters von inzwischen 78 Jahren: „SAP befindet sich aktuell in einer kritischen Phase der Transformation in ein reines Cloud-Unternehmen – hier ist Stabilität wichtig“, sagte Plattner vor Jahresfrist. Er wolle Unruhe durch einen weiteren Führungswechsel vermeiden. „Daher strebe ich zwei weitere Jahre im Aufsichtsrat an.“

Bei der Hauptversammlung legte er mit einer anderslautenden Begründung nach: „Leider hat sich eine Nachfolgemöglichkeit, die wir konkret in das Auge gefasst haben, aus gesundheitlichen Gründen zerschlagen. Daher arbeiten wir jetzt an einer neuen Lösung.“ Er wolle eine „geordnete Nachfolge“, sagte er bei der virtuellen Veranstaltung. „Über das konkrete Anforderungsprofil beraten wir im Nominierungsausschuss.“

Im April hatte Plattner in einem Interview mit dem „Handelsblatt“ gesagt, der neue SAP-Aufsichtsratsvorsitzende solle in seinen Augen Deutsch können und Deutschland kennen. „Damit verringern sich die Optionen. Jetzt muss ich eine neue Lösung finden. Deswegen habe ich gesagt, dass ich das noch mal zwei Jahre mache.“

Allem Anschein nach will er den Anteilseignern damit signalisieren: Er habe sich ja um eine Nachfolge bemüht und klebe mitnichten an seinem Posten – aber wegen Umständen, die nicht in seiner Macht stünden, müsse er eben noch einmal selber ran. Um damit für den möglichst reibungslosen Übergang bei Deutschlands führendem Tech-Konzern zu sorgen, den sich doch die Aktionäre ebenfalls wünschten. „Ich habe mit einigen geredet, die sind entweder unaufgeregt oder überzeugt“, so Plattner gegenüber dem „Handelsblatt“.

Prominente Fondsgesellschaften haben Widerstand angekündigt

Das gilt aber längst nicht für alle Investoren. Zumindest einige prominente Vertreter der großen Fondsgesellschaften wollen Plattners neuerliche Verlängerung nicht mehr mit machen. „Wir sehen die Machtkonzentration bei Herrn Plattner kritisch und wünschen uns einen unabhängigeren Aufsichtsratsvorsitzenden, der das Managementteam auch über ein Jahrzehnt begleiten kann“, so Ingo Speich, Leiter Corporate Governance bei der Sparkassen-Tochter Deka Investment, in einem vorab verbreiteten Statement an das Unternehmen.

Die Zukunft von SAP hänge auch davon ab, wie sehr sich der Konzern von Hasso Plattner emanzipieren kann. „Mit einer zweijährigen Amtszeit wird uns jetzt auch noch eine halbgare Lösung präsentiert. Wir schätzen Herrn Plattner sehr, werden aber gegen seine Wiederwahl stimmen“, kündigte Speich an.

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Ganz ähnlich äußerte sich vorab auch die zur Volks- und Raiffeisengruppe gehörende Fondsgesellschaft Union Investment: „Ein Aufsichtsratsmitglied darf nach unseren Abstimmungsrichtlinien nicht älter als 75 Jahre sein. Sie sind 78 Jahre alt“, sagt Fondsmanager Markus Golinski in Richtung Plattner. Eine Nachfolgeregelung für den Aufsichtsratsvorsitz sei überfällig. „Auch wenn Ihre großen Verdienste um SAP unbestritten sind: Herr Plattner, wir stimmen gegen Ihre Wiederwahl.“

Trotz solcher Gegenstimmen gehen Insider aber davon aus, dass Plattner auch dieses Mal eine Mehrheit der Aktionäre hinter sich versammeln kann. „Die Frage bleibt nur: Um wie viel liegen seine Stimmen oberhalb von 50 Prozent“, sagt ein Fondsmanager, der ungenannt bleiben will, zur WirtschaftsWoche.

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