Yahoo Woran Marissa Mayer gescheitert ist

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Keine der Übernahmen hat gefruchtet

Das gab ihr reichlich Spielraum für eine beliebte Taktik im Silicon Valley – den Zukauf von Innovation und Talenten. Rund 50 Startups erwarb Mayer in ihrer Amtszeit, darunter für 1,1 Milliarden Dollar das soziale Blog-Netzwerk Tumblr aus New York. Flaggschiffe wie Yahoo Finance und Yahoo Mail wurden generalüberholt, für eigene Medienangebote prominente Starjournalisten wie die TV-Moderatorin Katie Couric oder Technologie-Kolumnist der New York Times verpflichtet. Systematisch investierte Mayer in mobile Anwendungen, heuerte gezielt Mobilentwickler an. Gleichzeitig schrumpfte sie Yahoos Belegschaft um 30 Prozent. Von den verbliebenen 11.700 Mitarbeitern sind über die Hälfte während Mayers Ägide an Bord gekommen. Untätigkeit konnte ihr niemand vorwerfen.

Das Problem ist nur, dass all diese Initiativen nicht das Kernproblem lösten, für das sie eigentlich geholt worden war. Nämlich den Angriff von Google und Facebook abzuwehren und parallel Wachstum zu erzeugen.

Während Facebook in den vergangenen drei Jahren seinen Umsatz verdreifacht hat und Google um etwa 40 Prozent zulegen konnte, ist Yahoo kaum vom Fleck gekommen. Zwar hat Mayer das Geschäft mit mobiler Werbung ausgebaut, das momentan 22 Prozent des Umsatzes ausmacht. Doch bei Facebook beträgt der Anteil 80 Prozent. Während das soziale Netzwerk in dem neuen Boomgeschäft mit Mobilwerbung im dritten Quartal 2015 4,3 Milliarden Dollar einstrich, waren es bei Yahoo gerade mal 271 Millionen Dollar.

Tumblr war eine Fehlinvestition

Selbst die bescheidenen Fortschritte im Mobilgeschäft will ihr größter Widersacher, der New Yorker Hedgefond Starboard Value, Mayer nicht zu Gute halten. „Da viele Nutzer ohnehin aufs Smartphone gewechselt sind, wäre dieser Zuwachs ohnehin entstanden, auch ohne die vielen teuren Investitionen“, ätzt dessen Chefanalytiker Peter Feld.

Das sind die Superreichen der Internet-Branche
Er hat gut Lachen: Hasso Plattner ist der vermögendste deutsche IT-Milliardär, den Forbes in der Liste der 100 reichsten Internet-Milliardäre gelistet hat. Demnach hat der SAP-Mitbegründer ein Vermögen von 9,4 Milliarden US-Dollar angespart. Quelle: Forbes Magazine. Kriterium, um in die Liste aufgenommen zu werden, ist ein Vermögen von mindestens zwei Milliarden Dollar. Quelle: REUTERS
Michael Saul Dell hat dem weltweit drittgrößten PC-Herstellers Dell seinen Namen verliehen. 19,4 Milliarden US-Dollar hat er damit verdient. Quelle: dpa
Nach Angaben des Forbes Magazine gehört die Witwe des einstigen Apple-Chefs Steve Jobs zu den reichsten US-Amerikanern. Ihr Vermögen wird auf 21,4 Milliarden US-Dollar beziffert.
Nummer acht ist der langjährige Microsoft-Chef Steve Ballmer, Fan und Besitzer des Basketball-Vereins Los Angeles Clippers. Ihm gehören nicht weniger als 22,7 Milliarden US-Dollar. Quelle: AP
Kein Grund, so skeptisch dreinzublicken: 33 Internet-Milliardäre stammen laut Forbes aus Asien, darunter der Alibaba-Gründer Jack Ma auf Platz sieben mit einem Vermögen von 23,2 Milliarden US-Dollar. Quelle: REUTERS
Sergey Brin entwickelte zusammen mit Larry Page die Suchmaschine Google. Der Prototyp wurde am 7. September 1998 gestartet. Mittlerweile hat der 41-Jährige ein Vermögen von 32,8 Milliarden US-Dollar angehäuft. Quelle: AP
Brins Kompagnon hat noch etwas mehr gespart. Laut Forbes besitzt der gelernte Informatiker Page mittlerweile 33,4 Milliarden US-Dollar. Quelle: REUTERS

Mayers Zukauf von Tumblr gilt nicht mehr als Antwort auf Facebook, sondern als Fehlinvestition. Was auch an dessen teilweise kontroversen Inhalten wie Pornografie liegt. „Tumblr wird von Werbetreibenden wenig wahrgenommen“, stellt IDC-Analyst Karsten Weide, einst Gründungsgeschäftsführer von Yahoo Deutschland, fest.

Doch Mayers größtes Versäumnis liegt in ihrer Person begründet. Yahoo hätte einen Visionär gebraucht, meint US-Medienanalyst Ken Doctor, „aber keinen Ingenieur wie Mayer“. Sie habe vor allem bestehende Angebote aufpoliert, aber nichts neues geschaffen. Yahoo hätte sich ganz neu erfinden müssen, beispielsweise im Bereich Online-Video.

Dieses Manko erkannten auch viele ihrer Mitstreiter. Spitzenmanager gingen von Bord, um im Strudel von Mayers Demontage nicht mitgerissen werden. Marketingchefin Kathy Savitt, ihre engste Vertraute, wechselte im September nach Hollywood.

Yahoos größtes Hemmnis aber war, dass der Konzern sich nie in richtig in einer finanziellen Krise befand und so zu keinen richtig riskanten Schritten genötigt war. Das bestehende Werbegeschäft spielte genug Geld ein, um das Unternehmen über Wasser zu halten. Für den Rest sorgten die wertvollen Beteiligungen in Asien. Die restliche Beteiligung an Alibaba ist laut Kalkulationen von Mayer-Kritiker Starboard Value rund 30 Milliarden Dollar wert, alles andere nur rund eine halbe Milliarde Dollar.

Die Milliarden aus Asien, die Mayer lange den Rücken freihielten, haben nun ihren Fall besiegelt. Denn durch den Streit, wie die Milliarden möglichst steuerfrei an Aktionäre ausgereicht werden können, wurde die einstige Hoffnungsträgerin öffentlich demontiert, ihre strategischen Schwächen genüsslich ausgebreitet.

Im Silicon Valley machte seit Monaten die böse Behauptung die Runde, dass der Verwaltungsrat Mayer nur wegen ihrer erneuten Schwangerschaft verschont habe, um einen PR-Gau zu vermeiden. Mitte Dezember entband sie Zwillingsmädchen.

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