Daimler-Chef Källenius „China birgt für uns großes Potenzial“

WirtschaftsWoche-Chefredakteur Beat Balzli beim Gipfeltreffen der Weltmarktführer im Gespräch mit Daimler-Chef Ola Källenius. Quelle: Stefanie Hergenröder für WirtschaftsWoche

Beim Gipfeltreffen der Weltmarktführer hat Daimler-Chef Ola Källenius mit WirtschaftsWoche Chefredakteur Beat Balzli über den wichtigsten Markt des deutschen Autobauers gesprochen: China. Auf dem Weg ins Jahr 2030 erwartet Daimler dort weiterhin „ein deutliches Wachstum“ – trotz politischer Spannungen.

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Irgendwie klingt es, als ob Källenius es ein bisschen bedauert: Aber ja, seine Kenntnisse über die chinesische Sprache Mandarin seien „sehr rudimentär“. Natürlich versuche er, hier und da mal ein paar „Grundsätze von Mandarin zu lernen“. Halt so, dass er mal jemanden begrüßen kann – über die Sprache will er auch die Kultur ein bisschen besser kennenlernen. Für einen richtigen Chinesisch-Kurs aber fehle ihm die Zeit.

Schade, denn in China verkauft Mercedes mehr als ein Drittel seiner Neuwagen. China ist für Daimler der wichtigste Markt der Welt. „Die letzten zehn Jahre haben wir ein unglaubliches Wachstum von Mercedes in China erlebt. Und ja, für die Pkw-Sparte ist China mit großem Abstand der wichtigste Markt“, sagt auch Källenius. Auf dem Weg ins Jahr 2030 erwarte der Autobauer in China ein deutliches Wachstum: „Dieser Markt hat für uns großes Potential“, sagt Källenius. Und: „China bietet wahrscheinlich absolut gesehen von den Stückzahlen her das größte Wachstum auch in den nächsten zehn Jahren.“

Natürlich produziert Daimler deswegen auch in China immer mehr Fahrzeuge. „Wir suchen in unserem Produktionsnetzwerk die Nähe zum Markt und auch die Nähe zum Kunden“, sagt Källenius. Weil man so schneller auf Marktbedingungen reagieren könne. „Spezifisch für China versuchen wir dort auf jeden Fall mehr als 80 Prozent der Fahrzeuge, die wir dort verkaufen, auch dort zu bauen, damit man eine kurze Kette hat und wenig Kapital bindet zwischen Fabrik und Absatz an den Endkunden“, sagte der Daimler-Chef im Gespräch mit WirtschaftsWoche-Chefredakteur Balzli.

Auch in diesem Jahr veranstaltet die WirtschaftsWoche gemeinsam mit ihren Partnern das Gipfeltreffen der Weltmarktführer. Das erwartet Sie. 
von Kristin Rau

Ein Klumpenrisiko aber sieht er deswegen mitnichten. Im Gegenteil: Mit BMW und dem VW-Konzern sei die Konkurrenz ähnlich stark in China aufgestellt. „Das ist ein Vorteil und eine enorme Wirtschaftsleistung“, sagte Källenius. Denn es gebe schließlich einen sehr großen Exportanteil aus der Bundesrepublik heraus in Richtung China. Dabei gehe es nicht nur um Fahrzeuge, sondern auch um Teile für die Fabriken, die man dort habe. Deutsche Zulieferer machen so also auch ihr Geschäft mit China, will er sagen. „Das ist ein Vorteil für die ganze, deutsche Wirtschaft“, sagt Källenius. Er würde „nicht von einem Klumpenrisiko sprechen“, sondern von einer Chance. „Zu sagen, weil ich in einem Markt – und in diesem Fall in einem sehr großen Markt – sehr erfolgreich bin, jetzt will ich meinen Erfolg selber eingrenzen, das ist keine gute Geschäftsstrategie.“ Trotzdem glaubt er, dass Daimler auch „in Europa wachsen“ könne – ebenso wie in anderen Märkten, die aufstrebend seien.

Dass US-Präsident Joe Biden gerade eine Anti-China-Allianz schmiedet und er auch Deutschland im Boot haben will, scheint Källenius hingegen wenig zu besorgen. Der Frage nach der Sorge, dass Daimler und andere Konzerne das perfekte Faustpfand für China seien, wie Balzli meint, mit dem ausländische Konzerne boykottiert werden könnten, wich Källenius aus. Stattdessen verwies er auf die letzten 30 Jahre des Welthandels. Diese seien eine „beispiellose Wirtschaftswachstumsphase gewesen“ und hätten dazu geführt, „dass der Wohlstand in vielen Ländern deutlich gesteigert wurde, nicht zuletzt auch in China“. Es sei ein „sehr, sehr hohes Gut“, ein weltweit vernetztes Geschäftssystem zu haben. „Dieses ist nicht perfekt“, aber das Ziel sei es, eine Art Level Playing Field herzustellen, also gleiche Spielregeln für alle. „Wenn wir mit der Politik sprechen, dann sagen wir: ‚Gebt uns ein Level Playing Field, ihr müsst uns nicht schützen, wir müssen selber durch die eigene Leistung und Innovationskraft im Weltmarkt bestehen, aber da, wo es Handelshindernisse gibt, wäre es besser, wenn man die abbaut‘“. Zurückzukehren in einen Protektionismus, das könne „nicht die Lösung sein“.



„Unser Heimatstandort für Forschung und Entwicklung ist und bleibt Deutschland“

Stellt sich die Frage: Wo China so in den Fokus des Daimler-Erfolgs rückt, ist Deutschland da nach wie vor ein guter Standort? Der Daimler-Chef bejaht das deutlich: „Unser Heimatstandort für Forschung und Entwicklung ist und bleibt Deutschland“, betonte Källenius. Doch wer auch immer die Bundestagswahl gewinne, mahnte er: „Wir brauchen eine Politik, die sowohl hohe Ambitionen bei der Ökologie hat, als auch eine sehr starke Wirtschaftspolitik vertritt. Das eine bekommt man nicht ohne das andere.“ Denn auch das Kapital fließe dahin, wo die Voraussetzungen für Geschäfte gut seien.

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Eine gute Regierung braucht Daimler vor allem auf dem Heimatmarkt. Denn die Transformation sei nicht abgeschlossen, man sei vielmehr am Anfang, sagte Källenius. „Diese Transformation begleitet uns mindestens bis in die 2030er-Jahre hinein.“ Und der gesamteuropäische Markt sei, wenn er alle Länder zusammenzähle, „nach wie vor für uns der wichtigste Markt“.

Es bleibt also spannend – in China, wie in Europa.

Mehr zum Thema: Beim Gipfeltreffen der Weltmarktführer stehen kluge Köpfe aus Mittelstand, Wissenschaft, Politik und Gründerszene Rede und Antwort. Seien Sie jetzt dabei!

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