Innovations-Champions „Edding atmet den Geist des Silicon Valley“

Innovativer Mittelstand: Edding Quelle: imago images

Die Beratung Munich Strategy hat für die WirtschaftsWoche die innovativsten Mittelständler Deutschlands gekürt. Im Interview erklärt Gründer Sebastian Theopold, was die Sieger besser machen.

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WirtschaftsWoche: Herr Theopold, Sie haben für die WirtschaftsWoche die innovativsten Mittelständler Deutschlands gekürt. Was machen die Sieger anders und besser?
Herr Sebastian Theopold: Sie beschränken sich nicht darauf, neue Produkte zu erfinden oder die Forschungs- und Entwicklungsausgaben zu steigern. Wer innovativ sein will, muss auch bei den Prozessen, im Vertrieb oder Marketing ansetzen. Schauen Sie ins Silicon Valley: Die Unternehmen dort erfinden in der Regel keine neuen Produkte, sondern sind mit neuen Geschäftsmodellen und Plattformen erfolgreich. Wenn der Mittelstand diese Denkweise annimmt und mit seinem Industrie-Know-how kombiniert, kann Großes entstehen. Die Innovations-Champions setzen das schon sehr häufig so um. 

Nun haben Sie gerade Edding, einen Hersteller von Filzmarkern, zum innovativsten Mittelständler Deutschlands gekürt. Das klingt allerdings eher nach Old Economy.
Ja, aber die atmen zumindest etwas vom Geist des Silicon Valley. Edding hat sein Geschäftsmodell weiterentwickelt. Die haben rechtzeitig erkannt, dass in den Büros immer weniger geschrieben und Marker verwendet werden und verkaufen daher jetzt auch Nagellack. Auch das hat ja mit Farbe zu tun, die aufgetragen wird. Dazu haben sie eigens einen neuen Vertriebskanal in der Kosmetikindustrie aufgebaut. Das ist für mich Innovation. Oder nehmen Sie Kaeser, einen klassischen Hersteller von Kompressoren. Die verlassen sich nicht nur auf ihre Maschinen, sondern bieten anderen Unternehmen ein Zusatzgerät, einen Druckluft-Manager, mit dem diese ihre Arbeitsprozesse besser steuern können. Der Druckluft-Manager passt die Zufuhr flexibel an, sammelt und wertet Echtzeit-Informationen aus und verhindert so kritische Zustände.

Haben denn die Mittelständler, mit denen Sie gesprochen haben, schon begriffen, worauf es jetzt ankommt?
Der Mittelstand ist da noch nicht überall auf der Höhe der Zeit. Die Erkenntnis, mehr in Ideen statt in Produkte zu investieren, also in Geschäftsmodelle, Plattformen und Vertriebskanäle, setzt sich aber zunehmend durch. Aber da ist sicher noch Luft nach oben, um gegenüber den USA aufzuholen. Aus dem berühmten „Made in Germany“ muss „Inspired by Germany“ werden, damit die deutschen Mittelständler auch in Zukunft mithalten können.

Ist die Digitalisierung überall angekommen?
Dass Digitalisierung keine Software ist, sondern eine Frage der Einstellung, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Das Thema betrifft ja auch alle Branchen: Auto, Maschinenbau, Nahrungsmittel, Bau. Nur wer seine Einstellung ändert, versteht, wie die Digitalisierung im eigenen Unternehmen aussehen kann, anstatt einfach nur Dinge aufzusetzen. Erst dann sieht man, dass zum Beispiel Daten zu wichtigen Ressourcen werden können. 

Und jetzt braucht es überall Data Scientists im Mittelstand?
Da wird noch viel zu wenig gemacht. Die Mittelständler wissen oft gar nicht, auf welchen Datenschätzen sie sitzen und wie wertvoll ihre Produktionsdaten sind. In Zukunft wird es aber um die Frage gehen, wie und für wen die eigenen Daten einen Mehrwert liefern. Die Bandbreite reicht von Produktverbesserungen und Serviceinnovationen bis hin zur  Neugestaltung der Kundenbeziehungen. Bei allem wird es aber darum gehen, Dinge intelligent zu kombinieren. Dafür müssen Data Scientists in die Unternehmen, die dann aber auch Freiräume brauchen. Das kann und darf dann auch mal zu Konflikten führen. Außerdem muss das Management strategische Allianzen schmieden, die auch über die bisherigen Partner und Wettbewerber hinausreichen.

Rechnet es sich für Mittelständler eigentlich, innovativ zu sein? Innovationen kosten ja erst einmal Geld.
Auch das haben wir untersucht. Bei den fünfzig Innovations-Champions wachsen Umsatz und Ertrag dreimal so schnell wie bei den übrigen Mittelständlern. Die Champions sind beim Umsatz im Schnitt jährlich um 13,5 Prozent gewachsen, beim Ertrag um 25,9 Prozent. Also ein klares Ja, Innovation zahlt sich auch finanziell aus.

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