Knauf „Niemand will eine Wohnung von der Stange“

„Niemand will eine Wohnung von der Stange. Also brauchen wir einen Konfigurator, der individuelle Gestaltung“, meint Knauf-Chef Manfred Grundke.

Knauf-Chef Manfred Grundke mischt den Baukonzern gerade mächtig auf. Im Interview spricht er über seinen Milliardenfusionsplan, die Disruption des Baugeschäfts und seine Abneigung gegen Russlandsanktionen.

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Das Örtchen Iphofen wäre einfach ein vinophiles, aber unauffälliges Schmuckstück zwischen Würzburg und Nürnberg, wenn am Rande nicht er seinen Geschäften nachging: Manfred Grundke, Chef und Mitgesellschafter von Knauf. Eine Ikone jener Unternehmensszene, die mit Mittelstand doch stark untertrieben beschrieben ist. Weltmarktführer für Gips und recht vielem, was sich damit machen lässt.

Und dieser Mann hat in den vergangenen Wochen ganz schön Unruhe gestiftet. „Was macht er da nur?“, fragen sie nicht nur in dem Örtchen, das so sehr von seinem größten Unternehmen geprägt ist.

Denn Grundke will Geld in die Hand nehmen, um einen seiner größten Konkurrenten zu kaufen. Viel Geld. Fünf Milliarden Dollar bietet der Knauf-Chef den Aktionären des US-Wettbewerbers USG, um deren Anteile zu übernehmen. Denn, davon ist Grundke überzeugt, die Baustoffindustrie wandelt sich derzeit so stark, dass verliert, wer nur zuschaut.

Manfred Grundke verantwortet seit 2008 als geschäftsführender Gesellschafter die Geschäfte der Knauf-Gruppe. Quelle: PR

Herr Grundke, was macht USG so wertvoll für Sie?
Wir streben danach, unsere geografische Diversifizierung und unser Wachstum weiter zu beschleunigen. Die Übernahme von USG würde uns den Einstieg in den Markt für Gipsplatten und Deckensysteme in den USA erlauben. Das ist eine ideale Ergänzung unserer starken Präsenz in Europa, Lateinamerika und Asien. Als bestehender Aktionär von USG seit nunmehr fast schon 20 Jahren sind wir seit Langem von der strategischen Kombinationslogik überzeugt und haben diese sorgfältig studiert. Wir sind daher überzeugt, dass unser Angebotspreis einen vollen und fairen Wert darstellt.

Was könnten Sie nach einer Übernahme leisten, was bisher nicht funktioniert?
Gemeinsam können wir unserem dann gut geografisch und nach Absatzmärkten austarierten Kundenstamm eine breite Palette an Produkten anbieten. Darüber hinaus ermöglicht uns die Integration unserer Plattformen, Austausch von Know-how und ein fortwährendes Investitionsprogramm, ein optimiertes Netzwerk für Produktion, Vertrieb, Investitionen und Innovationen auf globaler Basis zu errichten.

Wie sieht Ihr Zeitplan für das Geschäft aus?
Trotz unserer wiederholten Bemühungen, weigert sich USG leider bisher, in substanzielle Transaktionsgespräche mit uns einzutreten. Wir richten uns daher direkt an die Aktionäre von USG mit dem Ziel, USGs Board dazu zu bewegen, in ernsthafte Gespräche mit uns einzutreten. Wir erfahren derzeit viel Unterstützung unseres Angebots – sogar Berkshire Hathaway, die mit circa 31 Prozent USGs größer Aktionär sind, haben öffentlich bekannt gegeben, dass sie unseren Angebotspreis positiv sehen.

Die deutsch-amerikanischen Beziehungen sind derzeit insgesamt angespannt. Wie wichtig ist Politik generell für Ihr Geschäft?
Der soziale Wohnungsbau ist schon wichtig und an herausgehobener Stelle im Koalitionsvertrag vereinbart. Die Bauindustrie ist in diesem Koalitionsvertrag besser vertreten als in früheren Vereinbarungen. Ich habe auch nicht den Eindruck, dass bezahlbares Wohnen in Ballungszentren schon abgearbeitet ist. Insofern erwarten wir, dass dieses Thema auf der Tagesordnung bleibt.

Für andere Politikbereiche wurden kräftige Summen kommuniziert. Es drängt sich der Eindruck auf, das Thema laufe hinten an.
Also die Zahlen, die kolportiert werden, sind mindestens zwei Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau und die steuerliche Förderung von Wohneigentum in Höhe von weiteren zwei Milliarden Euro. Das sind schon Summen, mit denen man etwas anfangen kann.

Wie sehr interessiert Sie das eigentlich geschäftlich, ob in Deutschland Wohnungen gebaut werden oder nicht?
Der deutsche Markt ist nach wie vor einer der größten Märkte für uns. Und gerade die Schaffung von Wohnraum in Ballungszentren interessiert uns sehr, weil unsere Produkte gerade da helfen können. Vor allem, wenn man über Nachverdichtung redet, zum Beispiel indem man bestehende Gebäude aufstockt. Dadurch könnte gemäß einer Studie unseres Bundesverbandes rund eine Million Quadratmeter Wohnraum geschaffen werden ohne zusätzlichen Flächenverbrauch. Und das deutlich günstiger als bei Neubauten.

Was können Sie als Gipshersteller tun?
Moderner Leichtbau spielt da eine Rolle. Das kann dann sehr interessant sein, wenn man einen hohen Grad an industrieller Vorfertigung hat und nicht mehr klassisch baut. Das schlagen wir vor. Dann ist die Belastung der Bewohner sehr gering, und es geht alles sehr viel schneller als im konventionellen Bauen. Das ist eine richtig gute Chance, diese zwei Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau effizient zu verwenden.

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