Mittelständler gegen Xing „Wir haben die älteren Markenrechte“

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Das Karrierenetzwerk Xing und der sächsische Mittelständler GK-Software streiten sich um die Nutzung des Markenbegriffs „New Work“ – bald wohl vor Gericht. Was ist da los? Nachgefragt bei GK-Software-Chef Rainer Gläß.

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Es ist ein ungewöhnlicher, weil branchenübergreifender Streit: Auf der einen Seite das Hamburger Karrierenetzwerk Xing (rund 188 Millionen Euro Umsatz) – auf der anderen Seite die 1990 gegründete Firma GK-Software (rund 100 Millionen Euro Umsatz) aus dem sächsischen Vogtlandkreis, die Einzelhändler mit Omnichannel-Software für die Filialsteuerung beliefert. Xing möchte sich umbenennen in „New Work SE“ und hat sich zu diesem Zweck vergangenen Sommer beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) die entsprechende Wortmarke schützen lassen. Bloß: Ein paar Wochen zuvor hatte sich bereits GK-Software-Mitgründer und -Chef Rainer Gläß den Begriff „Newwork-Software“ an selber Stelle schützen lassen, offenbar für eine neue Produktreihe. Nun kommt es voraussichtlich im Herbst vor dem Landgericht Frankfurt zur Verhandlung: Gläß verlangt von Xing eine Unterlassung der Markennutzung.

WirtschaftsWoche: Herr Gläß, wie geht es Ihnen?
Rainer Gläß: Sehr gut. Wir müssen einen Rechtsstreit führen. Das ist Wirtschaft. Wie soll’s mir damit gehen.

Wie lange dauert dieser Streit schon an?
Die Klage wurde vor einigen Wochen eingereicht.

Im August 2018 haben Sie beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum in Spanien die Wortmarke „Newwork-Software“ eintragen lassen.
Ja, das ist richtig. Die Marke wurde im August angemeldet und im Dezember registriert.

Was schwebt Ihnen unter „Newwork-Software“ vor?
„New Work“ als ethisches Arbeitskonzept interessiert mich schon lange. Mit GK Software sind wir ein global agierendes, modernes Unternehmen, da liegt es nahe, für eine neue Arbeitswelt neue Softwaretools anzubieten. Für den Handel der neuen Zeit. Konkreter kann ich derzeit noch nicht werden.

GK-Software-Chef Rainer Gläß Quelle: PR

Wer sind denn die Händler, die mit Ihrer Software arbeiten und die Sie auch von der „Newwork-Software“ überzeugen wollen?
Als CEO eines Unternehmens, das zu seinen Kunden die großen Lebensmittelhändler dieser Welt wie Walmart, Aldi, Lidl, aber auch Adidas und Under Armour zählt, bin ich täglich mit den Themen, die diese Unternehmen bewegen, in Kontakt. Und natürlich sind auch auch die großen Einzelhändler mit der Erkenntnis konfrontiert: Die Arbeitswelt wird sich stark verändern. Und dafür kann man nicht mehr Methoden und Prinzipien der 70er Jahre anwenden.

Dabei stammt die „New Work“-Bewegung aus den 70er Jahren, vom US-österreichischen Philosophen Frithjof Bergmann. Er verstand darunter die Befreiung aus der Lohnarbeit zugunsten der Selbstverwirklichung und Selbstversorgung. Können Sie damit etwas anfangen?
Natürlich. Denn aus seinen Gedanken wurde durch mehrere Iterationsschritte ein ehrbares Prinzip, das sehr moderne Alltagskomponenten wie gesellschaftliche Teilhabe beinhaltet. Das finde ich hervorragend! Das versuchen wir zu leben in unserer Firma.

Das Karrierenetzwerk Xing möchte den Begriff vermutlich nicht für eine Software verwenden. Das Netzwerk will sich umbenennen, bietet seit 2017 sogenannte „New Work Experience“-Veranstaltungen an und hat ebenfalls bei EUIPO die Marke „New Work“ eingetragen, allerdings nach Ihnen. Wie haben Sie davon erfahren?
Wir überwachen unsere Marke und meine Anwälte weisen mich darauf hin, wenn verwechslungsfähige Marken angemeldet werden.

Wie gehen Sie nun damit um?
Aus meiner Sicht ist die Lage klar. Wir haben die älteren Markenrechte. Und salopp gesprochen: damit hat sich’s. Wir haben NewWork um das Wort „Software“ ergänzt. Für mich ist es ein Widerspruch in sich, sich „New Work“ nennen zu wollen und gleichzeitig den Namen zu usurpieren.

Und nun verlangen Sie von Xing die Löschung dieses Antrags – genau wie Xing dasselbe von Ihnen fordert.
Ich möchte mich zu den Details des Rechtsstreits nicht weiter äußern.

Es heißt, Xing wolle den Begriff nur in bestimmter Schreibweise und grafischer Darstellung schützen lassen. Ist da keine außergerichtliche Einigung möglich?
Wir gehen sehr wohl davon aus, dass die grundsätzlich möglich ist. Es ist nur leider noch nicht gelungen.

Woran lag’s?
Da müssen Sie Xing fragen.

Aber Sie sind vor Gericht gezogen.
Wir müssen klagen, wenn jemand gegen unsere Markenrechte verstößt.

Was machen Sie, wenn Sie verlieren? Ziehen Sie dann vor das Oberlandesgericht?
Ich fühle mich mehr als komfortabel und sehr sicher.

Das sagt Xing auch.
Ja.

Haben Sie eigentlich schon einmal Xing benutzt, um neue Mitarbeiter für Ihre Firma zu akquirieren?
Natürlich. Bei 6000 Bewerbungen im Jahr nutzen wir alle Tools.

Herr Gläß, vielen Dank für das Gespräch.

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