Maut-Debakel Scheuers unfreiwilliges Konjunkturprogramm für Anwälte

Im Januar soll Andreas Scheuer nochmal vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss aussagen, dann unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Quelle: dpa

Die Pkw-Maut sollte Hunderte Millionen Euro einbringen – so der Plan von Verkehrsminister Scheuer. Stattdessen bestehen Schadensersatzforderungen. Doch es gibt auch Profiteure: Anwälte und Sachverständige.

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Die gescheiterte Pkw-Maut hat die Bundesregierung bereits mehr als 14 Millionen Euro für Beratungsleistungen gekostet. Seitdem der Europäische Gerichtshof das CSU-Lieblingsprojekt im Juni 2019 kippte, sind allein 5,2 Millionen Euro für „anwaltliche Kosten“ angefallen, wie aus der Antwort der Regierung auf eine Grünen-Anfrage hervorgeht. 

Die Anwälte und Sachverständigen brauchen Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und sein Ministerium vor allem für die juristische Auseinandersetzung mit den Unternehmen Kapsch und Eventim. Die Firmen sollten das Maut-System aufbauen. Nach dem EuGH-Urteil kündigte Scheuer jedoch die bereits geschlossenen Verträge, und warf dem eigens für die Maut gegründeten Gemeinschaftsunternehmen von Kapsch und Eventim „Schlechtleistung“ vor.  

Kapsch und Eventim wiederum fordern Schadenersatz in Höhe von 560 Millionen Euro. Seit dem Frühjahr läuft daher ein Schiedsverfahren, das klären soll, ob ein solcher Anspruch gegeben ist – und wenn ja, in welcher Höhe. 

„Zuverlässige Geldquelle für Berater“

„Dieser Rechtsstreit verursacht Steuergeldverschwendung, deren Ende noch lange nicht in Sicht ist“, kritisiert Grünen-Verkehrspolitiker Stephan Kühn. Das Verfahren werde Jahre dauern. „Damit ist das Maut-Desaster komplett“, so Kühn weiter. „Scheuers Verkehrsministerium ist und bleibt eine zuverlässige Geldquelle für Berater.“

Wie lange sich so ein Verfahren ziehen kann, zeigt die Vergangenheit: Anfang des Jahrtausends zerstritten sich Verkehrsministerium und die Betreiber der Lkw-Maut. Das Schiedsverfahren dauerte 14 Jahre und kostete den Bund am Ende 253,6 Millionen Euro. Die Erklärung des Ministeriums, nachdem man sich 2018 auf einen Vergleich einigte: „Die Kosten entfallen überwiegend auf die Vergütung der Prozessvertreter des Bundes.“

Es war Scheuer, der diese Auseinandersetzung als eine seiner ersten Amtshandlungen beendete. Und der danach immer betonte, aus dieser Erfahrung gelernt zu haben, weswegen ein solch langes Verfahren jetzt im Streit um die Pkw-Maut ausgeschlossen sei. Im Verkehrsministerium geht man davon aus, dass die Sache in zwei bis drei Jahren geklärt sei. 

Neuer Aufklärer bei den Grünen

Parallel dazu, und nur noch bis zum nächsten Sommer, läuft die politische Aufklärung im parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Bundestags. Dort hatte Scheuer vor wenigen Wochen seinen ersten Auftritt als Zeuge. Viele wichtige Fragen sind jedoch weiterhin offen – auch, weil der CSU-Verkehrsminister sich an manche Vorkommnisse nicht so richtig erinnern kann. Oder will. Im Januar soll Scheuer nochmal aussagen, dann unter Ausschluss der Öffentlichkeit.


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Grünen-Politiker Kühn wird dann nicht mehr dabei sein. Er vertrat bislang seine Fraktion als Obmann im Untersuchungsausschuss. Jetzt allerdings zieht er sich aus dem Bundestag zurück, um Baubürgermeister seiner Heimatstadt Dresden zu werden. Sein Nachfolger im Ausschuss wird Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer. Für Scheuer sind aber auch das keine guten Neuigkeiten: Krischer ist in der Vergangenheit ebenfalls nicht gerade durch Zurückhaltung aufgefallen, wenn es um den CSU-Verkehrsminister ging. 

Mehr zum Thema: Eine neue Behörde soll Funklöcher schließen, hofft die CSU. Opposition und SPD fürchten hingegen ein Bürokratiemonster.

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