Wird die Hype-Aktie nun von der operativen Entwicklung eingeholt? Quelle: imago images

Börsenwoche 406: Editorial Tesla-Aktie: Wird der Börsenstar bald zum gewöhnlichen Automobiltitel?

Tesla-Aktien sind nach den Quartalszahlen deutlich gefallen. Warum Kursprognosen für die Aktie so häufig daneben liegen und weshalb wir in den WiWo-Musterdepots nie auf Tesla gesetzt haben. Ein Kommentar.

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Zu Beginn der Pandemie habe ich einen führenden deutschen Fondsmanager interviewt. Es ging um den Aktiensplit bei Tesla: Weil sich der Kurs innerhalb eines Jahres verzehnfacht hatte, wurde damals eine Aktie in fünf Wertpapiere gestückelt. Klassische Kurskosmetik, die mittelfristig tatsächlich häufig zu steigenden Kursen führt, weil günstigere Wertpapiere für einen größeren Anlegerkreis attraktiv sind.

Der Fondsmanager betrachtete das argwöhnisch, sah den fairen Wert der Aktie bei einem Fünftel des damaligen Preises. Selbst die meist prozyklischen Analysten sahen einen Abschlag von 50 Prozent für gerechtfertigt an – die Shortquote lag entsprechend hoch.

Doch statt abzustürzen, setzte die Aktie ihren kometenhaften Aufstieg fort und verdreifachte sich in der Spitze erneut. Denn Teslas exorbitantes Kurswachstum speiste sich nicht aus fundamentalen Aspekten, sondern aus den außergewöhnlichen Erfolgen des Unternehmens – und den vollmundigen Versprechen von CEO Elon Musk.

Seit einem Jahr geht es mit der Aktie allerdings bergab. Ende vergangenen Jahres erreichte der Abverkauf seinen Höhepunkt, als Musks Twitter-Übernahme die Aktionäre beunruhigte. Die Aktie stürzte innerhalb von vier Monaten um zwei Drittel ab.

Zudem verfehlte Tesla seine Wachstumsziele, das Management entschied, die Verkaufspreise zu senken, um konkurrenzfähiger zu sein. Die Quittung gab es vergangene Woche: Im ersten Quartal 2023 machte Tesla rund eine Milliarde Dollar Umsatz weniger als in den drei vorangegangenen Monaten, der Gewinn schmolz um 30 Prozent zusammen.



Musk sieht darin kein Problem, prophezeit stattdessen den größten Wertzuwachs der Geschichte – dank Updates für alle nach 2019 gebauten Fahrzeuge zum autonomen Fahren. Diesen Durchbruch hatte er allerdings schon für Ende 2020 versprochen und Experten sind wegen der verwendeten Technologie skeptisch, ob es überhaupt klappt.

Gemessen an fundamentalen Kriterien ist die Aktie weiterhin teuer. Zwar wächst der US-Autobauer schneller als Schwergewichte wie VW oder Toyota: Während Tesla bis 2025 eine Gewinnsteigerung von 60 Prozent zugetraut wird, rechnen die Analysten für VW mit einem Plus von 15 Prozent, bei Toyota sollen nur drei Prozent mehr in der Kasse bleiben.

Dafür ist die Tesla-Aktie mit einer 41-Fachen Gewinnbewertung jedoch zehn Mal so teuer wie das VW-Papier und vier Mal teurer als Toyota. Außerdem wachsen andere Elektropioniere wie BYD inzwischen schneller als Tesla: Die Chinesen dürften ihren Nettoertrag bis 2025 um 150 Prozent steigern. Die Aktie ist zum aktuell 35-fachen Jahresgewinn dennoch günstiger zu haben.

Woher der Bewertungsunterschied kommt? Aktien chinesischer Unternehmen werden wegen des autoritären Regimes in der Regel mit einem Bewertungsabschlag gegenüber westlicher Pendants gehandelt. Der Hype um Tesla und Musk spielt dabei aber sicherlich auch eine Rolle. Für die Aktie bleibt er Chance und Risiko. Die relative Bewertung der Aktie ist in den vergangenen Jahren jedenfalls stark gesunken. Und das, obwohl sie seit dem Hintergrundgespräch zum Split immer noch 20 Prozent im Plus liegt.

Ich wünsche Ihnen eine chancenreiche Woche.
Ihr Lukas Schmitt



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