Gender Pay Gap Es braucht Druck, damit sich endlich etwas tut

Frauen sind im Job nach wie vor finanziell oft schlechter gestellt Quelle: imago images

Frauen verdienen in Deutschland noch immer sieben Prozent weniger als Männer. Das ist ein Armutszeugnis. Neue EU-Regeln könnten dies nun ändern, weil sie schaffen, woran es mangelte: schmerzhafte Strafen. Ein Kommentar.

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Wer sich mit Frauen unterhält, die es an die Spitze von Unternehmen gebracht haben, der hört oft sehr selbstkritische Töne. Eigentlich, sagen sie dann, wollten sie nie eine Quotenfrau sein. Und eigentlich sind sie auch gegen allzu strikte politische Vorgaben. Aber irgendwann hätten sie festgestellt, dass es ohne Druck einfach nicht geht.

Diese Erfahrung machen übrigens auch viele Frauen, wenn sie auf ihren Lohnzettel schauen – und durch Zufall dann doch mal mitbekommen, was eigentlich der Kollege verdient, der nicht unbedingt engagierter bei der Sache ist oder bessere Arbeit abliefert.

Nun gibt es einen Vorstoß aus Brüssel, der ändern könnte, woran sich bislang in Deutschland so lange so wenig änderte. Weil er den Druck ordentlich erhöht.

Nach dem Europaparlament haben nun auch die EU-Mitgliedstaaten strengeren zugestimmt, um den Gender Pay Gap zu senken. Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten müssen künftig unter anderem jährlich einen Bericht vorlegen, wie stark sich Löhne von Männern und Frauen unterscheiden. Und, das ist der entscheidende Punkt, die neue Richtlinie sieht Sanktionen für die Fälle vor, in denen sich nichts tut.

Das ist mehr als überfällig: In Deutschland haben Frauen im vergangenen Jahr nach Zahlen des Statistische Bundesamts 18 Prozent weniger verdient als Männer. Berücksichtigt man, dass sie meist in schlechter bezahlten Branchen arbeiten, seltener aufsteigen und dafür häufiger für die Kinderbetreuung unterbrechen, sprich: vergleicht man vergleichbarere Lebensläufe, bleibt immer noch ein Unterschied von sieben Prozent. 

Das ist ein absolutes Armutszeugnis für die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt. Für ein Land, das lautstark den Mangel an klugen und kreativen Arbeitskräften beklagt – und anderen Staaten auch gern mal moralisch aufgeladene Ratschläge erteilt.

An Initiativen, daran etwas zu ändern, mangelte es auch hierzulande nicht: Es gibt seit sechs Jahren das Gesetz zur Förderung der Entgelttransparenz zwischen Frauen und Männern. Es gibt Frauen, die vor Gericht dafür kämpfen, dass sie nicht nur gleiche Rechte haben, sondern auch bekommen. Und es gibt, niedergeschrieben im Koalitionsvertrag der Ampelregierung, das Versprechen, die Lohnlücke endlich zu schließen.

Warum sich trotzdem so wenig tut?

Weil der Druck so gering ist. Genau wie beim Aufstieg der Frauen. Die Strukturen sind zu starr, als dass sie sich allein mit gutem Willem aufbrechen ließen.

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Genau darin liegt die Stärke der neuen EU-Richtlinie: Vorgesehen ist nach dem Willen der EU nämlich eine verpflichtende Untersuchung, falls bei einem Unternehmen ein Gender Pay Gap von fünf Prozent oder mehr festgestellt wird. Außerdem sind Geldbußen vorgesehen, die sich am Bruttojahresumsatz oder der Gesamtentgeltsumme des Arbeitgebers orientieren – sowie die Möglichkeit für Arbeitnehmerinnen, per Sammelklage gegen Verstöße vorzugehen.

Gut so. Denn ob es um den Aufstieg bis ins Chefbüro geht oder darum, auch schon ein paar Etagen tiefer genauso viel zu verdienen wie die männlichen Kollegen: Ohne Druck geht es eben nicht.

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