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Besser überzeugen: Zetteln Sie die Powerpoint-Revolution an!

In Jahrzehnten haben sich in allen Firmen Marotten in die Präsentationen eingeschlichen, die verhindern, dass Sie Ihr Publikum perfekt überzeugen. Drücken Sie auf Reset und überzeugen Sie besser als alle anderen.

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Unser Kolumnist Marcus Werner ist Fernsehmoderator und Buchautor und arbeitet als Berater für Kommunikation und Persönlichkeitsentwicklung.

Es ist ja nur menschlich, dass wir gerne glauben, was wir nie anders gehört haben:

„Schnäpse nach dem fettigen Essen fördern die Verdauung.“
„Präsentationsfolien müssen in Stichworten zusammenfassen, was du auf der Tonspur lieferst.“

Beide Behauptungen sind unwahr. Und beide Angewohnheiten machen uns zu schlechten Rednerinnen und Rednern. Blicken wir nun aber auf die zweite. Seit Jahrzehnten finden wir uns damit ab, dass Abermillionen von Menschen auf der ganzen Welt sagen: „Oh nein, eine Präsentation!“

Warum sind Vorträge mit Folien so oft so unbefriedigend? Antwort: Weil sie meistens nicht aus Konsumentensicht, sondern aus Referentensicht entwickelt werden. Relevant sind bei der Vorbereitung Fragen wie:

„Habe ich alles komplett drin?“
„Kapiere ich später selbst noch, was ich mit den Stichworten auf den Folien meine?“
„Funktionieren alle Übergänge, Animationen, Videos und Links auch auf dem Kundenrechner?“

Was dabei auf der Strecke bleibt, ist die Frage nach dem Ziel: Was will ich mit der Präsentation erreichen? Wozu stelle ich mich vor die Leute und rede? Wenn das Ziel nicht genau definiert ist, können Sie es nicht ansteuern. So kann kein Mensch eine treffsichere Präsentation vorbereiten.

Das Ziel eines Vortrags ist immer: Sie wollen vom Gesagten überzeugen. Sie wollen, dass die Leute sagen: „Stimmt. Sehe ich auch so. Kann ich nachvollziehen. Gut gemacht“ und so weiter. Und mit Langeweile kriegen Sie dieses klare Bekenntnis nicht optimal hin. Warum riskieren, dass es schief geht, wenn Sie eine nahezu 100-prozentige Sicherheit erarbeiten können, dass es klappt? Machen Sie sich klar:

1. Sie stehen im Zentrum

Dieses Prinzip ist kein Selbstzweck für Rampensäue. Es ist nachgewiesen: Nichts überzeugt uns Menschen so sehr, wie die mit Leidenschaft vorgetragenen Standpunkte eines anderen Menschen. Powerpoint ist dabei lediglich Ihr Hilfsmittel. Sie sind nicht der Gehilfe oder die Gehilfin von Powerpoint, Keynote und den anderen Programmen. Sie sind nicht das freundliche Gesicht neben den Folien. Sie sind das Kompetenzzentrum! Schwimmen Sie sich frei. Dieser Punkt ist der größte Batzen. Denn dazu gehört:

Vermeiden Sie den Eindruck, dass da schon alles auf der Folie steht und man ja eigentlich alles nachlesen kann. Im schlimmsten Fall denken die Leute: „Sei mal ruhig, ich kann mich nicht konzentrieren.“ Wenn eine Broschüre mit ein paar Schaubildern und Spiegelstrichen ausreicht, um zu vermitteln, was Ihre Zuhörer wissen sollen, dann reicht eben eine Broschüre. Das berühmte Handout. Aber dann ist das kein Vortrag. Sondern dann zeigen Sie Zettel und lesen Sie vor. Und dafür sind Sie sich und die Zeit zu schade, oder?

Ja, es ist zu verführerisch, aus Lampenfieber in den Schatten zu treten und die Aufmerksamkeit der Zuhörer von sich abzulenken auf die Folien, die da so dominant an der Wand leuchten. Oder der Super-GAU: „Sie bekommen die Präsentation am Ende auch noch mal per Mail.“ Ja, dann bitte wecken, wenn fertig. Bei Online-Vorträgen über Teams et cetera müssen Sie befürchten, dass die Leute reihenweise die Cams abschalten und sich einen Kaffee holen.
Also: Fassen Sie den Mut, das Zepter in die Hand zu nehmen. Nichts überzeugt so, wie Sie. Genießen Sie das.

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2. Lassen Sie das Publikum zappeln

Kein Spielfilm, keine Serie beginnt mit einer Inhaltsangabe mit Blick nach vorne. Warum sollten dann Sie ein Inhaltsverzeichnis einblenden, wenn es spannend bleiben soll? Ja, viele Zuhörer sind neugierig. Und das sollen sie bis zum Ende Ihrer Präsentation auch bleiben. Tun Sie sich selbst den Gefallen, dem Publikum nicht den Gefallen zu tun, vorab im Detail zu verraten, worüber Sie jetzt sprechen werden. Weil Sie dann wissen: Sie haben alle am Wickel.

Erklären Sie die Ausgangslage, die Fragestellung, die Herausforderung. Und dann nehmen Sie alle mit auf Ihre Gedankenreise ins Ungewisse. Keine spielverderbenden Inhaltsabgaben vorab. Ich erlebe es immer wieder: Halte ich einen Vortrag, fragen oftmals die Teilnehmer: „Haben Sie eine Übersicht, worum es jetzt gehen wird?“ Ich sage dann: „Lasst euch überraschen.“ Mit Spannung wird gar nicht gerechnet! Halten Sie die langen Gesichter aus. Der Applaus kommt am Ende.

3. Die Folie schürt Spannung, Sie erlösen das Publikum

Es ist für viele ein Kulturschock aber er ist wahr: Die perfekte Powerpoint-Folie lässt sich vom Publikum in drei Sekunden komplett erfassen. Höchstens ausnahmsweise vielleicht mal in fünf. Wer länger weghört, um zu lesen, ist nämlich raus.
Stellen Sie das Publikum nicht vor die Entscheidung: lesen oder zuhören. Sondern entrümpeln Sie die Folien. Wenn Sie das Gefühl haben: „Aber ich will die ganzen so schön aufbereiteten Infos doch auch zeigen“, dann ist womöglich die Präsentation nicht der richtige Weg. Dann reicht wohl eine E-Mail mit Anhang. Verfallen Sie auch nicht in die Angst: „Wenn ich es nicht hinschreibe, dann glauben die mir das alles nicht.“ Das, was da steht, soll nicht belegen, was Sie gerade behaupten. Es soll betonen, was Sie sagen. Ist das nicht befreiend?

Wer das Gesagte aus irgendwelchen Gründen anschließend umfassend schriftlich braucht, bekommt bei Bedarf ein Dokument im Anschluss. Das ist ein anderen Thema. Aber bei der Präsentation geht es um das gesprochene Wort. Die Folie baut Spannung auf, die Pointe liefern Sie.

Wenn Sie das beherzigen wollen, dann mal ein Beispiel: Sie möchten mit dem Erfolg Ihrer Frühlingskampagne begeistern und schreiben auf die Folie:

Keksriegel „Kokostraum“
Umsatz: + 13,8%

Und danach sagen Sie so etwas wie: „Guckt mal hier, was für ein Erfolg, ihr seht es schon, unser Umsatz ist um fast 14 Prozent hoch.“

Das ist ein Erfolg, den Powerpoint einige Sekunden vor Ihnen verkündet hat. Denn als Sie die Bombe platzen lassen wollten, da hatte Ihr Publikum schon alles der Folie entnommen. 1 zu 0 für Powerpoint. Besser so:

5,5

Und dann sagen Sie: „Jetzt kommt der Knaller“.
Und die Leute denken: Was ist 5,5? Los, sag!
Und dann verkünden Sie: „Wir konnten den Zuckergehalt unseres Haferriegels auf 5,5 pro 100 Gramm reduzieren. Und die Geschmackstests sind überwältigend gelaufen.“

Ohne Sie geht hier nichts. Und das Publikum hängt an Ihren Lippen. So können Sie perfekt von Ihrem Erfolg überzeugen. Und die 5,5 haben die Leute noch vor Augen, wenn sie in der Nacht das Licht ausknipsen.

4. Zetteln Sie die Powerpoint-Revolution in Ihrem Unternehmen an

Dass diese Regeln so exotisch wirken, liegt an den Erwartungshaltungen in vielen Unternehmen. Noch vergangene Woche hat mir ein Berufsschüler erzählt, er solle eine Präsentation halten zum Thema Grippe und der Lehrerin eine Woche vorab „die Präsentation schicken“. Da werden der jüngeren Generation direkt die kontraproduktiven Regeln eingeübt: Nach oben Gesagtem wäre ein gutes Präsentationsdokument für die Lehrerin völlig unlesbar, weil sich ja erst durch die Rede die Aha-Effekte entfalten. Aber weil es für die anderen einfacher ist, wird es - was die Überzeugungskraft angeht – lieber falsch gemacht. Auf Kosten des Redners.

Überzeugende Präsentationsfolien sind weder Nachschlagewerk, Redemanuskript noch Broschüre. Dafür brauchen Sie eine zweite Fassung (im Zweifel machen Sie die lange zuerst und kürzen dann gnadenlos für die Präsentation. Das geht recht schnell).

Um den Knoten in Ihrer Firma zu zerschlagen, empfehle ich, das Konzept von Präsentationen in Ihrem Unternehmen generell zu überdenken. Diskutieren Sie im Team:

1. Brauchen wir für die Darstellung von zwei Seiten selbsterklärender Grafiken künftig wirklich noch einen aufwändigen Termin mit Präsentation?

2. Wollen wir auf Vorträge mit dem Ziel „Überzeugen“ umstellen, weil erwiesen ist, dass wir so unsere Kunden, Partnerinnen und Teammitglieder mitreißen und so leichter an unsere Ziele kommen?

3. Wie schaffen wir es, dass der gewisse Mehraufwand, den die Anforderung „knappe Folien plus detailreicheres Redemanuskript/Handout“ im Verhältnis zum Ertrag steht? Wo reichen als Manuskript ein paar Notizen in den Moderationskarten des Dokuments? Wo sind Handouts verzichtbar (etwa weil es eine Produktseite auf der Website geben wird und so weiter)?

4. Was machen wir bei Online-Präsentationen, in denen die Folien fett im Vordergrund stehen und der Redner kaum mehr sichtbar ist? Hier gäbe es etwa die Möglichkeit, dass Redner oder Rednerin die knackigen Präsentationsfolien im eigenen Kamerabild zeigen, etwa auf einem Monitor hinter sich und dergleichen.

5. Wollen wir gemeinsam durch Fortbildungsveranstaltungen die neue Präsi-Kultur ein für alle mal lostreten?

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Irgendwann sollte sie einmal starten: die Präsentations-Revolution in Ihrer Firma. Gönnen Sie sich diesen Spaß. Einmal umgestellt und Sie werden in Ihrem Berufsleben so viele ertragreiche Stunden mehr erleben. Stunden, die Sie mitreißen werden, und Stunden, in denen Sie mitreißen werden. Viel Erfolg!

Mehr zum Thema: Ihre Kollegen und Chefs haben nach ihrer Präsentation ein paar Fragen für Sie? Kein Problem! Marcus Werner hat ein paar Faustregeln für Sie, wie Sie souverän auf knallharte Fragen antworten.

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