Karriereleiter
Nervige Kollegen: Mit der „Spiel-Haltung“ lächeln Sie drüber Quelle: imago images

Nervige Kollegen: Mit der „Spiel-Haltung“ lächeln Sie drüber

Der eine macht sich in der Konferenz über Sie lustig, die andere verweigert ihren Beitrag im Team und wieder jemand anderes sägt an Ihrem Stuhl. Frust und Wut über so viel Schamlosigkeit kann einem schlaflose Nächte bereiten. Oder Sie lernen, drüber zu stehen.

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Unser Kolumnist Marcus Werner ist Fernsehmoderator und Buchautor und arbeitet als Berater für Kommunikation und Persönlichkeitsentwicklung.

„Wenn ich die morgens schon vom Flur aus in ihrem Büro gackern höre…“

„Da kommt von dem eine E-Mail und mir verkrampft sich schon der Magen, bevor ich sie öffne.“

Seine Familie kann man sich nicht aussuchen. Für die meisten von uns gilt aber auch: Seine Kollegen kann man sich nicht aussuchen. Und ob es zwischenmenschlich passt, das entscheiden beim Einstellungsgespräch meist nach kurzem Vortasten die Personalabteilung mit der jeweiligen Abteilungsleitung. Und oft nicht die, die am Ende mit den neuen Kollegen jahrelang zusammenarbeiten müssen.

Aber auch in aufeinander eingeschworenen Teams kann es nach langer Zeit der guten Zusammenarbeit zum Bruch kommen. Eine Kränkung zu viel, ein unkollegialer Move und das war's.

Nun wäre es aus persönlicher Sicht ein Gedanke, der einen abends zufrieden einschlafen ließe, wenn man dann am nächsten Tag zu Chefin oder Chef rennen könnte und sagen: „Schmeiß den raus und die auch. Die gehen mir seit Monaten auf den Keks.“
Aber die Realität ist: Wir liegen stattdessen mit Puls 180 im Bett, denken wieder und wieder durch, was man auf die unverschämte Bemerkung von Herrn Krause ihm hätte direkt entgegen schleudern müssen. Oder wie es gelingen kann, dass Dörthe mittags endlich nicht mehr mit runter kommt in die Kantine, nur um Carsten zu bezirzen, damit sie und nicht man selber die neue Teamleitungs-Stelle angeboten bekommt.

Oder wie es in Gottes Namen endlich gelingen kann, dass Daniela das tut, wofür sie bezahlt wird: arbeiten.

Ärger mit Kollegen kann so schlimm an der Lebensqualität zehren, dass schon der eine Büro-Nachbar der Grund sein kann für echte körperliche Frustsymptome wie Schlaflosigkeit, Herzrasen oder das Gefühl, einem schwillt schon in der U-Bahn in die Firma der Hals zu.

Das Blöde ist: Das wird wohlmöglich die nächsten Jahre noch so weiterlaufen. Viele Probleme lassen sich mit gut geführten Krisengesprächen aus der Welt schaffen. Und besonders dramatische Konstellationen mit handfestem Mobbing dürfen Sie auf keinen Fall hinnehmen.

Hier soll es nun aber um die alltäglichen Frechheiten, Ellenbogen-Manieren, persönlichen Anmaßungen, Schwächen und Ungehobeltheiten gehen, die vielleicht eben nur Ihnen besonders gegen den Strich gehen, weil einfach die Chemie nicht stimmt, oder weil nur Sie und der/die andere in einer Konkurrenzsituation stehen. Weil Sie beide jeden Tag aufs Neue auf eine belastende Art aneinander geraten. Und das macht im schlimmsten Fall den ganzen Job zum Albtraum.

Damit das alles besser zu ertragen ist: Lassen Sie uns wieder schön an unserer eigenen inneren Haltung arbeiten.

An anderer Stelle ging es hier bei der „Karriereleiter“ schon einmal um die Zufriedenheits-Methode „Love it, change it or leave it.“ Kurz gesagt soll das bedeuten:

Wenn dir eine Situation im Job nicht passt, versuch doch, umzudenken. Vielleicht gelingt es dir, ihr doch etwas Gutes abzugewinnen. Wenn nein, dann ändere die Situation. Und wenn das nicht geht, dann hau ab: Kündige.

Angenommen, die unerträgliche Situation ließe sich trotz vieler Bemühungen nicht retten („Change it“ klappt also nicht), etwa weil Sie zu dem Ergebnis kommen: Der Kollege ist einfach unverbesserlich, dann könnte der nächste Schritt lauten: Ich suche mir einen neuen Job („Leave it“). Ein konsequenter Schritt mit einigen Konsequenzen. Das muss manchmal sein im Leben.

Die einfachste Methode, frustrierende Situationen aus dem eigenen Leben zu verbannen, ist allerdings die, ein und dieselbe Situation schlicht nicht mehr als frustrierend zu empfinden. Stichwort: Love it. Und genau das hilft im Umgang mit nervigen Kollegen oft wunderbar.

Das klingt zunächst absurd: Ich soll das, was ich hasse wie die Pest, plötzlich toll finden?

Antwort: Ja. Es lohnt sich, es einmal voller Inbrunst zu versuchen. Denn wenn das gelänge, hätten Sie mit wenig Aufwand ein dickes Problem aus Ihrem Job-Alltag eliminiert.

Aber wie?

Machen wir uns vorab mit ein paar eindrücklichen Beispielen klar, dass wir auch sonst im Leben vergleichbare Situationen mal so und mal so bewerten. Sogar manchmal völlig gegensätzlich.

Stellen Sie sich vor, Sie halten das Baby einer guten Freundin im Arm, das gerade einen Butterkeks kaut, als es unvermittelt husten muss. Der nasse Keksbrei kommt Ihnen entgegen geflogen und landet auf Ihrem Hemd. Was denken Sie? Nicht ideal, aber so ist das eben. Irgendwie ja auch ganz goldig. Irgendwie so was, oder?

Und nun stellen Sie sich bitte vor, an einem Vierertisch in einem ICE passiert dem Rentner Ihnen gegenüber beim Kekskauen das gleiche Missgeschick und Ihr Hemd bekommt den Brei ab.

Ist das goldig? Nein, es ist sehr widerlich. Aber in beiden Fällen ist es einfach allzu menschlich und zerkauter Keks. Der Unterschied in der Bewertung der Konstellation (süßes hilfloses Baby gegen Senior, der sich nicht im Griff hat) ist unsere eigene Entscheidung.

Entschuldigen Sie diese plastische Schilderung. Aber gerade der Gegensatz zwischen „Och süß“ und handfestem Ekel macht es so deutlich. Und jetzt sehen wir es so: Menschen, die in der Altenpflege arbeiten, könnten sich Ekel über solche Ereignisse auf Dauer gar nicht leisten.

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