Unser Kolumnist Marcus Werner ist Fernsehmoderator und Buchautor und arbeitet als Berater für Kommunikation und Persönlichkeitsentwicklung.
Nicht jeder ist ein selbstbewusster Redner, der zum einen von Kompetenz nur so strotzt und andererseits so einfühlsam und warmherzig wirkt, dass Männer, Frauen und diverse andere Menschen vor Bewunderung ganz hingerissen sind.
Viele von uns werden vielleicht an sich selbst schon festgestellt haben:
- Ich wirke vor Publikum oft unterwürfig und unsicher.
- Die Leute merken, dass ich am liebsten schweigen würde, mich aber zum Reden überwinde.
- Wenn ich vor anderen rede, höre ich mir ständig selbst zu und denke über das nach, was ich gerade gesagt habe.
- Ich vermute, dass mir die anderen nicht viel zutrauen.
- Ich versuche, meine herausragende Rolle als Redner herunter zu spielen, indem ich mein Anliegen mit Weichmacher-Formulierungen bagatellisiere.
Und sagen dann Dinge wie: „Ich würde Ihnen gerne mal ein bisschen was vorstellen wollen. Aber sagen Sie bitte, wenn es Ihnen zu langweilig wird. Vielleicht haben Sie da ja auch ganz andere Vorstellungen.“
Andere wiederum denken ganz im Gegenteil:
- Wenn ich vor Leute rede, spüren alle, dass ich mich in meiner Sonderrolle fühle, wie dafür geboren.
- Gegen meine Argumente kommt keiner an.
- Die Leute fühlen sich mir in der Diskussion unterlegen und halten lieber den Mund.
- Ich bin vielleicht nicht zum Knuddeln, aber dafür schlau und inhaltlich kompetent.
- Ich höre mich selbst gerne reden. Weil ich es kann.
Und sagen Dinge wie: „Okay, bislang habt ihr das immer so gemacht. Aber sorry, da wundert es mich nicht, dass ihr da rumkrebst wie in einer Schüler-AG. Ihr müsst das natürlich ganz anders angehen.“
Besonders schüchtern und besonders forsch. Beides irgendwie einfach menschlich, mehr oder weniger sympathisch aber vor allem eins: nicht optimal überzeugend.
Das liegt daran, dass es nicht allein auf die Argumente ankommt, sondern wie wir sie vermitteln.
Zehn Tipps für die perfekte Rede
Wenn Sie vollkommen auf die Situation und den Inhalt Ihrer Rede fokussiert sind, können Sie Ihr Gegenüber am besten fesseln. Sind Sie nicht bei der Sache, bemerkt das Ihr Publikum zumindest unbewusste und schweift ebenfalls ab.
Am besten ist es natürlich frei zu sprechen. Wenn das nicht geht, schreiben Sie sich Stichwörter auf. Ein ausformulierter Text ist unübersichtlich und verführt zu monotonem Ablesen.
Schon beim Betreten des Raumes oder auf dem Weg zum Rednerpult müssen Sie voll konzentriert sein und Ihre Sprechhaltung einnehmen. Die Zuhörer nehmen Sie schon wahr, bevor Sie die Bühne betreten.
Damit die Distanz zwischen Ihnen und Ihren Zuhörern nicht zu groß wird, sprechen Sie sie direkt an und beziehen Sie sie so in den Vortrag mit ein.
Bei einem Fragezeichen muss die Stimme oben bleiben. Bei einem Punkt muss die Stimme gesenkt werden. Pausen am Satzende oder zur Abgrenzung zweier Gedanken im gleichen Satz sind meist sinnvoll.
Wer zu schnell spricht, hängt seine Zuhörer ab. Deshalb sinnvolle Pausen setzen, deutlich betonen und nicht durch den Text hasten.
Ihre Gesten müssen das Gesagte unterstreichen und gezielt eingesetzt werden. Zu viel Bewegung kann vom Inhalt ablenken und wirkt hektisch. Symmetrische Gesten und eine geschlossene Körperhaltung, zum Beispiel verschränkte Arme, kommen beim Zuhörer nicht gut an.
„Meiner Meinung nach“, „äh“ oder „übrigens“ sind Floskeln, die Sie nicht brauchen und den Zuhörer nerven. Überlegen Sie, was Sie stattdessen sagen können, damit Sie diese Lückenfüller nicht brauchen.
Wählen Sie Ihre Formulierungen so, dass Sie den Inhalt glaubwürdig vertreten können. Neutrale Ausdrücke können dabei helfen, wenn eigenes Empfinden und Firmenpolitik auseinander fallen.
Sich über Nervosität zu ärgern oder sie verdrängen zu wollen, macht es meist noch schlimmer. Nehmen Sie ihre Nervosität hin. Häufig erhöht sie sogar die Konzentration.
Wenn es in Ihrem Wortbeitrag um mehr geht, als einfach alphabetisch vorzutragen, wer alles seine Urlaubsanträge noch nicht eingereicht hat, wenn Sie also darauf angewiesen sind, dass die anderen sagen: „Da hat sie recht/da stimme ich ihm zu“, dann brauchen Sie mehr als nur Argumente.
Denn Sie wollen ja nicht nur Ihren Standpunkt abladen und fertig. Sie wollen die anderen: ÜBERZEUGEN.
Und dafür brauchen Sie von den anderen grob gesagt:
A. Vertrauen und
B. Wohlwollen.
Man muss Ihnen nicht nur glauben können, man muss Ihnen auch glauben wollen. Dann gehen Ihre Argumente den anderen runter in den Bauch wie wohlig warme Honigmilch.
Nun ist es aber so: Dem zu unsicheren Redner würde man ja liebend gerne glauben, kann es aber nicht. Dafür wirkt er zu wankelmütig.
Und dem zu forschen Redner könnte man glauben, will es aber irgendwie nicht. Dafür wirkt er zu unnahbar.
Wenn Sie aber von Ihrer Wirkung auf die anderen wissen, können Sie zweierlei versuchen:
Sie arbeiten an Ihrer Haltung (das ist ein längerer Prozess), oder Sie arbeiten an Ihrer Wirkung (das können Sie direkt umsetzen).
Hier soll es um die Rhetorik gehen, die Ihre Wirkung verbessert. Aber sehen Sie es nicht als Theaterspielerei. Das Gute ist: Nutzen Sie eine andere Rhetorik, dann beeinflusst das auch schon direkt Ihre innere Haltung. Vor allem, wenn Sie merken, wie Sie von den positiven Effekten Ihres neuen Auftretens sofort profitieren.
1. So ernten schüchterne Menschen mehr Vertrauen
Fühlen Sie sich in Ihrer Rolle als Redner oder Rednerin vor Publikum eher unwohl und wissen, dass Sie das nicht so einfach verbergen können, dann dürfen das die anderen ruhig merken (wie gesagt: Arbeit an der inneren Haltung ist mal ein Thema für sich). So punkten Sie schon einmal emotional, weil Sie einen sehr persönlichen Aspekt Ihrer Persönlichkeit ins Spiel bringen. Dass dies unfreiwillig passiert, ist letztendlich umso charmanter.
Aber: Zaudern Sie auf keinen Fall bei Ihren inhaltlichen Standpunkten. Wenn es Ihnen trotz Ihres sichtbaren Unbehagens im Mittelpunkt gelingt, Ihre eigene Überzeugung von der Sache klar zu machen, kann dies sogar besonders überzeugend wirken: „´Ne Rampensau ist sie nicht, aber sie weiß, wovon sie spricht.“
Vermeiden Sie deshalb Leisetreter-Formulierungen wie:
- „Vielleicht ist das an dieser Stelle nicht so wichtig, aber ich sage es trotzdem mal.“
- „Ich würde gerne noch auf einen anderen Aspekt zu sprechen kommen wollen. Oder ist das jetzt irgendwie ungünstig?“
- „Ich weiß nicht, wie Sie das einschätzen, aber man könnte es ja eigentlich auch so sehen, dass...“
- „Ihr müsst sagen, wenn euch das nicht interessiert.“