Die Höhle der Löwen DHDL-Investoren sagen ab: Warum die Eco-Softfibre-Gründer trotzdem weitermachen

Bernd (l.) und Christian Wacker präsentieren mit Eco-Softfibre einen ökologischen Weichschaumstoff. Sie erhoffen sich ein Investment von 500.000 Euro für zehn Prozent der Anteile an ihrem Unternehmen.Foto: RTL / Bernd-Michael Maurer Quelle: RTL / Bernd-Michael Maurer

Das Görlitzer Start-up Eco-Softfibre will erdölbasierte Schaumstoffe ersetzen – und nutzt für seine nachhaltige Alternative Reststoffe aus der Lederherstellung. Dafür gab es in der „Höhle der Löwen“ viel Zuspruch, aber kein Geld. Kann das Vorhaben dennoch gelingen?

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Mit Reststoffen aus der Lederproduktion will Bernd Wacker in großem Stil klimafreundliche Schaumstoffe herstellen etwa für Polstermöbel, Autositze oder Matratzen. Zum Pitch bei „Die Höhle der Löwen“ hat der Elektroingenieur seinen Sohn Christian mitgebracht, der als Maschinenbauer das Start-up in der Anlagenplanung unterstützt. Für das Tagesgeschäft ist der Chemiker Wolfgang Coutandin zuständig, der vor der Gründung eigentlich schon im Ruhestand war. Die Mission von Eco-Softfibre kam in der Vox-Sendung gut an, die aufgerufene Firmenbewertung von fünf Millionen Euro weniger. Im Interview spricht Bernd Wacker darüber, wie die beiden Gründer das Unternehmen nun ohne TV-Investor voranbringen wollen und warum sie sich auch persönlich beim Kampf gegen den Klimawandel in der Verantwortung sehen.

WirtschaftsWoche: Herr Wacker, in „Die Höhle der Löwen“ präsentieren Start-ups oft Apps und Erfindungen, die Endverbrauchern das Leben erleichtern sollen. Mit Ihrem Produkt richten Sie sich dagegen an Firmenkunden, Geldgeber brauchen Sie für den Bau einer Fabrik. Haben Sie sich Hoffnungen gemacht, in der Sendung einen passenden Investor zu finden?
Bernd Wacker: Der Impuls, dort zu pitchen, kam nicht von uns – wir sind von der Redaktion mehrmals angefragt worden. Wir haben uns dann darauf eingelassen. Mir war klar, dass unsere Chancen begrenzt sein würden. Aber Hoffnungen habe ich mir schon gemacht: Nico Rosberg, der sich als Ökotech-Investor versteht und hervorragende Kontakte in die Automobilwelt hat, hätte gut zu uns gepasst. Leider war er bei unserem Pitch kurzfristig nicht dabei.

Sie haben in der Sendung vorgerechnet, dass Sie rund fünf Millionen Euro brauchen, um eine automatisierte Fabrik aufzubauen und die Produktion hochzufahren. Haben Sie das Geld inzwischen aufgetrieben?
Wir standen mit mehreren Business Angels schon kurz vor Vertragsabschluss, auch die Zusage für öffentliche Zuschüsse hatten wir. Aber leider hat es noch nicht geklappt. Seit der Coronakrise und dem Krieg in der Ukraine sind Investoren vorsichtiger geworden. Und es ist nun mal kapitalintensiv und mühsam, eine Fertigung aufzubauen. Da ist die Zurückhaltung bei Geldgebern noch einmal größer als bei einem rein digitalen Geschäftsmodell.

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Sie halten aber an Ihrem Vorhaben fest?
Ja, das Potenzial ist riesig – und das Interesse wächst: Unser Material wird in der Polstermöbelindustrie und bei Automobilzulieferern getestet, zudem haben wir schon Muster an Schuhersteller verkauft. Die Schaumstoffe sind in vielen Fällen das entscheidende, bisher fehlende Puzzlestück für klimafreundliche und kreislauftaugliche Produkte. Der herkömmliche PU-Schaumstoff wird nach der Nutzung verbrannt, landet auf der Sonderdeponie oder sogar als Mikroplastik in den Ozeanen. Unser Schaumstoff ist dagegen biologisch abbaubar oder recycelbar.

Sie stellen Schaumstoffe aus Lederfalzspänen her. Die fallen in Gerbereien an, wenn das Leder auf die gewünschte Dicke gebracht wird. Gibt es von diesen Spänen überhaupt genug?
In Deutschland alleine fallen pro Jahr 10.000 Tonnen an, weltweit sind es zwei Millionen Tonnen. Nimmt man Leder-Verschnitte hinzu, kommt man auf drei bis vier Millionen Tonnen. Auch wenn die Nachfrage nach Leder zurückgeht: Das ist auf absehbare Zeit noch mehr als genug, um das erdölbasierte Polyurethan bei der Herstellung von Weichschaumstoffen komplett und weltweit zu ersetzen. Sogar Dämmstoffe könnte man daraus machen.

Wie kamen Sie überhaupt auf die Idee, aus den Spänen Schaumstoffe zu machen?
Ich hatte beruflich als Elektro- und Automatisierungstechniker in einer Gerberei zu tun. Ich war ganz erstaunt, als ich erfahren habe, dass die Falzspäne im Müll landen. Das ist ein herrlich weiches Material – ich hatte direkt die Assoziation, dass man das zur Polsterung nutzen könnte. Damals habe ich aus der Gerberei einen 20-Kilogramm-Sack im Auto mit nach Hause genommen. Irgendwann habe ich dann angefangen, an den Wochenenden damit zu experimentieren. Erst in der Küche, dann in der Garage. Hilfe hatte ich von meinem Mitgründer, der Chemiker ist. Auch er hat das Potenzial gleich erkannt. Einen Tag vor dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 standen wir dann im Gewerbeamt.

In der Sendung haben Sie gezeigt, dass die Späne erst mit einer Flüssigkeit verrührt werden und dann in eine Form gegossen werden. Was passiert danach?
Im Detail kann ich über den Produktionsprozess noch nicht reden, unsere Patentanmeldung ist noch im Erteilungsprozess. Aber was da technisch passiert, ist nicht besonders aufwendig und es kommen keine schädlichen Chemikalien rein. Teure Spezialmaschinen brauchen wir auch nicht. Bei uns in der Manufaktur sieht es so ähnlich aus wie in einer Bäckerei.

Viele erfolgreiche Gründer stecken ihr Vermögen wieder in Start-ups, um es so zu vermehren. Als Investoren fehlt ihnen häufig zwar jegliche Erfahrung – trotzdem sind sie dabei erfolgreicher als langjährige Geldgeber.
von Dominik Reintjes

Wie groß sind bisher die Produktionsmengen?
Aktuell können wir 0,3 Tonnen im Monat herstellen. In der geplanten Smart Factory sollen es 100 Tonnen im Jahr sein. Das ist mehr, als es klingt. Das Endprodukt besteht zu 90 Prozent aus Luft. Trotzdem wären auch die 100 Tonnen nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Gegenüber herkömmlichen Schaumstoffen sind Sie nach eigenen Angaben noch zehn Mal so teuer. Haben Sie damit am Massenmarkt eine Chance?
In großer Herstellung wird das Produkt günstiger. Mit unserer ersten Fabrik wollen wir einen Preis von 40 Euro pro Kilogramm erreichen, damit liegen wir nur noch um den Faktor zwei über Polyurethan-Schaumstoffen. Mit der nächsten Produktionsstufe könnten wir schon dasselbe Preisniveau erreichen. Würde man bei ölbasierten Produkten die Umweltschäden einpreisen, wären wir jetzt schon fast gleichauf. Das Bewusstsein für das Thema wächst glücklicherweise – auch weil die EU die Kreislaufwirtschaft nun vorantreibt.

Sind sogenannte biobasierte Kunststoffe eine Konkurrenz? Und gibt es nicht auch andere nachhaltige Alternativen?
Bei Produkten aus pflanzlichen Rohstoffen gibt es in der Regel das Problem der Flächenkonkurrenz zur Lebensmittelproduktion. Und vieles, was nun als nachhaltig vermarktet wird, ist am Ende nicht biologisch abbaubar – oder es werden nur geringe Anteile an erdölbasierten Bestandsteilen ersetzt.

Sie arbeiten im Hauptberuf als Elektroingenieur in einem großen Konzern, Ihr Mitgründer ist über 70 und war schon im Ruhestand. Warum tun Sie sich den Stress an, ein Start-up aufzubauen?
Wir wollen unseren Enkeln einen nachhaltigen Planeten hinterlassen, der trotzdem komfortabel ist. Das klingt vielleicht abgedroschen, aber ein bisschen fühlen wir uns mitverantwortlich für die Klimaprobleme. Ich habe meine Karriere als Elektromonteur im Braunkohle-Tagebau hier in der Lausitz angefangen und war beim Bau vieler Kraftwerke involviert. Mein Mitgründer hat Chemieanlagen gebaut, die ihrerseits emissionsmäßig nicht unproblematisch sind. Jetzt wollen wir dem etwas entgegensetzen.

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Wie wohl fühlen sich in der Start-up-Szene, in der die meisten Gründer deutlich jünger sind?
Ich empfinde das Alter nicht als Nachteil. Manche Dinge fallen jüngeren Gründern vielleicht leichter, dafür bringen wir eine lange Berufserfahrung mit. Wir haben das Gefühl, dass wir mit unserer Expertise noch gebraucht werden. Und wir werden ja durchaus von der jüngeren Generation unterstützt: Mein Sohn, der auch bei „Die Höhle der Löwen“ mit dabei war, hat zum Beispiel unsere Produktion mit aufgebaut. Als Maschinenbauer hat er Fähigkeiten, die auch in Zukunft in der Firma gefragt sein werden. Dasselbe gilt für meine Tochter, die Pharmazie studiert. Sie hat das Start-up schon bei einem großen Accelerator-Programm vertreten und vor 1000 Zuschauern den Pitch gehalten.

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