Die Höhle der Löwen Diesem Start-up ist bei „Die Höhle der Löwen“ ein kleines Kunststück gelungen

Die Lambus-Gründer Anja Niehoff und Hans Knöchel haben für ihren Pitch in der Vox-Start-up-Show „Die Höhle der Löwen“ keinen guten Zeitpunkt erwischt. Fotocredit: Bernd-Michael Maurer / TVNOW

Ausgerechnet zum Start der Coronakrise suchten Hans Knöchel und Anja Niehoff Investoren für ihre Reise-App Lambus. Nach nervenaufreibenden Verhandlungen einigten sich die Gründer in der Gründershow „Die Höhle der Löwen“ mit Carsten Maschmeyer. Wie ging es seitdem für das Osnabrücker Start-up weiter?

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Die Lambus-Gründer Hans Knöchel und Anja Niehoff haben für ihren Pitch in der Vox-Start-up-Show „Die Höhle der Löwen“ keinen guten Moment erwischt: Mit ihrer App können mehrere Nutzer gemeinsam Reisen planen, Buchungsdokumente sammeln und hinterher Ausgaben untereinander abrechnen sowie Urlaubsfotos austauschen. Das Problem: Bei der Aufzeichnung der Sendung im April 2020 lag der Reisemarkt coronabedingt völlig am Boden. Carsten Maschmeyer bot den Gründern trotzdem eine halbe Million Euro an und kam ihnen in Sachen Firmenanteile weit entgegen. Im Interview erklärt das Gründerpaar, warum der Deal hinterher doch noch gescheitert ist, wie sich das Start-up durch die Krise retten konnte – und warum Osnabrück als Firmenstandort gut funktioniert.

WirtschaftsWoche: Ihnen ist bei „Die Höhle der Löwen“ ein kleines Kunststück gelungen. Sie haben nicht nur Ihren Wunschinvestor überzeugt, sondern es auch geschafft, ihm Zugeständnisse abzuringen: Carsten Maschmeyer bot Ihnen ursprünglich 500.000 Euro für 25 Prozent der Anteile, Sie haben ihn dann auf 18 Prozent gedrückt. Hatten Sie nicht Sorge, dass Maschmeyer entnervt abwinkt?
Anja Niehoff: Wir waren natürlich super aufgeregt. Schließlich sind wir in die Sendung gegangen, weil wir tatsächlich einen Investor suchten. Uns war bewusst, dass wir hoch pokern. Aber wir wussten, was wir wert sind. Ich glaube, die Versuchung für Gründer ist groß, sich auf einen Vorschlag der Löwen einzulassen, um mit einem Deal aus der Show zu gehen. Man muss sich klar sein, dass man hier mit gestandenen Investoren verhandelt. Jeder versucht natürlich, die für sich besten Konditionen herauszuholen.

Woher nahmen Sie das Selbstbewusstsein? Sie konnten zum Zeitpunkt der Aufzeichnung keine nennenswerten Umsätze vorweisen – und Sie waren voll von der Coronapandemie betroffen.
Niehoff: Der Zeitpunkt für den Pitch war tatsächlich extrem ungünstig. Anderseits hatten wir schon bewiesen, dass unsere App funktioniert. Wir hatten bis dahin durch Mund-zu-Mund-Propaganda schon 60.000 Nutzer aus der ganzen Welt. Außerdem gingen wir mit einem Trumpf in der Hinterhand in die Sendung: Wir hatten zuvor ein Angebot von einem anderen Investor bekommen. Trotzdem hielten wir Carsten Maschmeyer für passender.

Ist denn der Deal nach der Aufzeichnung auch wirklich unterschrieben worden?
Hans Knöchel: Nein, letztlich ist das Investment nicht zustande gekommen. Wir haben nach der Show noch einige Zeit die Feinheiten des Investments besprochen. Carsten Maschmeyer hat uns auch hier in Osnabrück im Accelerator Seedhouse besucht. Eigentlich hat alles gepasst. Von den Konditionen her waren wir uns auch einig. Aber als klar wurde, dass Corona uns noch länger begleitet, kamen wir zusammen zu dem Schluss, dass eine Kapitalspritze zu dem Zeitpunkt nicht sinnvoll ist. Wir hätten das Geld vermutlich schnell verbrannt, aber kaum Umsätze generieren können.

Wäre eine Verschiebung des Investments nicht möglich gewesen?
Knöchel: Wir haben verschiedene Optionen durchgespielt, darunter auch ein Wandeldarlehen. Das war jedoch nicht möglich, da Carsten Maschmeyer natürlich auch an die genauen Konditionen der Sendung gebunden ist, die eine reine Kapitalerhöhung zu dem Zeitpunkt vorsehen. Im Endeffekt war das auch okay so. Wir stehen noch immer in Kontakt, das Verhältnis ist fast freundschaftlich. Und es ist nicht ausgeschlossen, dass wir doch noch geschäftlich zusammenfinden.

Wie haben Sie Ihr Start-up ohne Investor durch das Coronajahr gebracht? Selbst im Sommer fielen zumindest Flugreisen weitestgehend aus. 
Knöchel: Erstmal haben wir eine Corona-Soforthilfe in Anspruch genommen, was immerhin 8.000 Euro waren. Dann haben wir externe Aufträge für Softwareentwicklungsprojekte angenommen, die uns nochmal zusätzlich sehr geholfen haben. Das Wichtigste war aber: Wir haben mit einem Gehaltsverzicht unsere Ausgaben extrem heruntergefahren.

Sie waren damals schon zu acht im Team. Waren tatsächlich alle bereit, auf Gehalt zu verzichten?
Knöchel: Dazu muss man wissen, dass die meisten auch dem Gründerteam angehören. Wir sind insgesamt zu sechst. Andere Mitarbeiter sind über eine virtuelle Beteiligung an der Unternehmensentwicklung beteiligt. Wir haben also alle gemeinsam einen Anreiz, Lambus nach vorne zu bringen – auch wenn das bedeutet, dass wir stark in Vorleistung gehen müssen. Finanziell entspannt hat sich die Situation dann im Herbst 2020. Da haben wir eine Finanzierung mit Business Angels auf die Beine gestellt.

Ans Aufgeben haben Sie nie gedacht?
Niehoff: Im Rückblick sind wir eigentlich ganz gut durch die Krise gekommen. Unsere Nutzerzahlen haben sich mehr als verdoppelt. Viel Menschen haben die App genutzt, um Reisen zu planen, die sie irgendwann später machen wollen. Manche haben sogar vergangenen Urlaube in der App nachgebaut – wie eine Art Reisetagebuch. Uns hat die Situation auch Zeit verschafft, um intensiv an der Plattform zu arbeiten und sehr schnell Nutzerwünsche umzusetzen. Das macht sich jetzt bezahlt. Wir haben sowohl bei Google als auch bei Apple hervorragende Bewertungen. Und seit etwa drei Wochen gehen die Nutzeraktivitäten steil nach oben.



Bringt Ihnen das denn auch Einnahmen? Sie wollten ja vor allem durch Provisionen Geld verdienen. Viele Reiseunternehmen dürften im Moment aber noch andere Sorgen haben, als Allianzen mit einem kleinen Start-up zu schmieden.
Niehoff: Wir kooperieren bereits mit wichtigen Playern wie Omio und Getyourguide. Die Anbindung weiterer Partner läuft, da werden wir bald neue Namen nennen können. Wir haben uns aber auch eine zweite Monetarisierungssäule aufgebaut: Seit ein paar Tagen bieten wir kostenpflichtige Zusatzfunktionen an, die Nutzer entweder als Einmalkauf für eine Reise oder als Abo freischalten können. Damit haben wir bereits Umsätze im vierstelligen Bereich generiert – obwohl wir das nicht groß beworben haben.

Und wie geht es bei der Investorensuche voran?
Knöchel: Wir arbeiten gerade daran, eine Seed-Runde im Umfang von 1,5 Millionen Euro auf die Beine zu stellen. Die Gespräche mit Wagniskapitalfirmen sind ziemlich vielversprechend. Man merkt deutlich, dass die Geldgeber im Reisebereich nicht mehr nur damit beschäftigt sind, ihre Portfoliounternehmen über Wasser zu halten. Es gibt jetzt wieder die Lust, in etwas Neues zu investieren.

Herr Knöchel, Sie haben bereits im Silicon Valley gearbeitet. Wäre eine Gründung dort nicht attraktiv gewesen?
Knöchel: Manches wäre im Valley sicherlich einfacher gewesen. Die Zeit dort hat mich sehr fasziniert. Aber mich zog es vor allem wegen der Familie zurück in die Heimat. Ich bin überzeugt davon, dass wir auch von hier aus einen Global Player aufbauen können – vielleicht dauert es aber etwas länger.

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Aber warum haben Sie sich dann ausgerechnet für Osnabrück entschieden – und nicht für Berlin, Hamburg oder München?
Niehoff: Ein großer Teil der Gründer kommt aus dem Emsland. Ich habe hier in der Region als Pressesprecherin für eine Start-up-Veranstaltungsreihe gearbeitet, Hans hat in Osnabrück studiert und länger als Freelancer gearbeitet. Klar haben wir einen Umzug nach Berlin in Betracht gezogen. Der große Vorteil hier ist: Wir kennen schon viele Leute hier und haben wichtige Business Angels gefunden, die uns unterstützten. Und wir finden hier passende Mitarbeiter.

Knöchel: Dabei hilft sicher auch, dass ich seit zwei Jahren einen Lehrauftrag an der Hochschule habe – im Bereich Mobile App Development. So lerne ich talentierte Entwickler früh kennen. Unabhängig davon: Es hat auch Vorteile, nicht in der Berlin-Blase zu sein. Dort hat man als Start-up jede Menge Ablenkung. Hier können wir uns voll auf unser Produkt konzentrieren.

Mehr zum Thema: Mit kompostierbaren Pflanztöpfen hat Pottburri in der Gründershow „Die Höhle der Löwen“ Ralf Dümmel von sich überzeugt. Untypisch für ein Start-up ist die enge Kooperation mit zwei etablierten Unternehmen.

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