Digitalökonomen Warum VWL auch bei Tech-Konzernen gefragt ist

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Das Studium für Ökonomen hat sich weiterentwickelt

Doch das Studium für Ökonomen hat sich in der vergangenen Dekade weiterentwickelt. „Die Ausbildung in der VWL vermittelt immer mehr quantitative und verhaltenswissenschaftliche Fähigkeiten“, sagt Sutter. Diese Öffnung hin zu einer psychologischen, neurowissenschaftlichen und stärker empirisch fundierten Forschung wurde auch durch die Finanzkrise vor zehn Jahren befeuert. „In den letzten zehn bis fünfzehn Jahren ist die Ökonomie sehr viel näher an die Praxis und den Menschen gerückt“, so Sutter, „das verbessert die Chancen vieler Absolventen.“

Wie eben bei den Techfirmen. Dort ist Yanis Varoufakis lange nicht mehr der bekannteste Name unter den Digitalökonomen. Der Suchmaschinen-Gigant Google etwa wird schon seit dem Jahr 2002 von Hal Varian beraten. Der Mikroökonom hat eines der bekanntesten Lehrbücher über sein Fach geschrieben und forscht an der Universität von Kalifornien in Berkeley. Und er hilft Google dank seiner Kenntnisse in Auktionsdesign unter anderem dabei, Werbeplätze möglichst fair und gewinnbringend zu versteigern.

Beim Fahrdienstleister Uber dagegen ist John List in der Position des Chief Economist. Der Professor von der Universität von Chicago ist einer der führenden Experten in der ökonomischen Feldforschung. Er sammelt gerne Daten in der echten Welt und versucht, Regelmäßigkeiten im ökonomischen Verhalten von Menschen abzuleiten – und daraus Empfehlungen für Unternehmen und Politik zu ziehen. Für Uber hat er beispielsweise untersucht, wie sich das Unternehmen bei seinen Kunden für verspätete Fahrten entschuldigen sollte.

Achim Wambach überrascht die Beliebtheit von Volkswirten bei Digitalkonzernen nicht. „Ökonomen lernen, mit Daten zu arbeiten und Zusammenhänge kausal zu verstehen“, sagt der Direktor des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Diese Fähigkeiten können sie einsetzen, um Marktplätze zu entwerfen, Kunden zu binden, Feedbacksysteme zu verbessern oder die Preissetzung zu optimieren. Bei den datengetriebenen Techfirmen finden sie dafür perfekte Bedingungen.

Und auch in der Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen oder in der politischen Analyse und Regulierung könnten Ökonomen stärker gefragt sein, denn: „In Zeiten von Big Data entstehen nicht nur viele Daten, sondern auch völlig neue Märkte und neue Geschäftsmodelle wie bei Plattformen, für die es viel ökonomisches Verständnis bedarf“, so Wambach.

Dafür, so der ZEW-Chef, seien die jungen Volkswirte gut ausgebildet. Das liege auch an der teilweise sehr tiefen methodischen und mathematisch-statistischen Ausbildung, die von Unternehmen bisweilen als praxisfern und unnütz abgetan wird. „Diesen Vorwurf der Praxisferne halte ich für falsch“, sagt Wambach. Die Herausforderungen in der modernen, digitalen Berufswelt seien so hoch, „dass man das gesamte Rüstzeug aus dem Studium gebrauchen kann.“

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