Ausgleich zum Job Welche Auswirkungen haben Hobbys auf die Arbeit?

Mark Zuckerberg Quelle: imago images

Mark Zuckerberg macht Jiu-Jitsu, Goldman-Sachs-Chef David Solomon ist passionierter DJ. Manch ein Hobby fördert auch die Karriere – allerdings nur, wenn man es nicht zum Beruf macht.

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Mark Zuckerberg sitzt auf dem Oberkörper seines Kontrahenten. Den Mund hat er weit geöffnet, sein Kopf ist hochrot. Während Zuckerberg den Gegner auf die Matte drückt, hängt die Schlaufe seines grün-gelben Gurtes in dessen Gesicht. Alles im Griff, Zuckerberg triumphiert. Im Frühjar hat der Techmilliardär seinen ersten Kampfkunstwettkampf im brasilianischen Jiu-Jitsu bestritten – und dort gleich zwei Medaillen geholt. Die Fotos von dem Wettkampf hat der Chef und Gründer von Meta auf seinem Instagram-Profil geteilt.

Zuckerberg, 38 Jahre alt, ist mit seiner Leidenschaft für Kampfkunst längst nicht der einzige Manager, der neben seinem Job einem ausgefallenen Hobby nacheifert. Richard Byrne, ehemals Manager bei einer US-Tochter der Deutschen Bank, veranstaltet mit seiner Organisation KASAI Elite Grappling Championships in den USA sogar Wettbewerbe im brasilianischen Jiu-Jitsu.

David Solomon, seit 2018 Chef der US-Bank Goldman Sachs, veröffentlicht auf seinem Instagram-Kanal „davidsolomonmusic“ regelmäßig eigene Musik, Fotos vor Mischpulten, Schallplatten und in Tonstudios. In der Profilbeschreibung des 61-Jährigen heißt es: „Goldman Sachs CEO, Vater, Musikfan, DJ seit 2015“. Solomons erfolgreichster Song, „Rescue Me“, hat auf Spotify fast zwölf Millionen Streams angehäuft. Microsoft-Chef Satya Nadella begeistert sich für Cricket und hat in Seattle in ein Team investiert. Und Meg Whitman, ehemals Chefin von Hewlett-Packard, soll besonders gerne dem Fliegenfischen nachgehen.



Fußball wäre zu einfach

Innerhalb und außerhalb der Chefetagen gelten Hobbys als Möglichkeit, um den Stress der Arbeit hinter sich zu lassen. Sie steigern Gesundheit und Zufriedenheit. Auffallend viele Managerinnen und Manager blocken sich in ihren picke-packe-vollen Terminkalendern einige Stunden für besonders ausgefallene Hobbys.

In den vergangenen Jahren beschäftigte deshalb auch Arbeitspsychologen und Organisationswissenschaftlerinnen die Frage, welche Hobbys Auswirkungen auf die Arbeit haben. Können sie hinderlich sein, je weiter es auf der Karriereleiter nach oben geht? Steigern sie die Motivation? Und was ist das richtige Hobby?

Den grundlegenden Zusammenhang, dass Manager (aber auch Arbeitnehmer ohne Führungsverantwortung) ihre Karriere mit der Wahl des richtigen Hobbys fördern können, belegte Ciara Kelly, Psychologin an der Universität im britischen Sheffield, im Jahr 2020 mit Forscherkollegen der französischen ESSEC Business School und der Loughborough Universität in einer Studie.

In der Kletterhalle, bei der Chorprobe und bei anderen Freizeiteinrichtungen rekrutierten die Forscher ihre Studienteilnehmer und befragten sie mehrere Monate lang. Ein Ergebnis: Sobald die Menschen mehr Zeit als üblich in ihr Hobby investierten, stieg auch ihr Glaube daran, einen guten Job zu machen. Das traf allerdings nur bei den Teilnehmern zu, die ihr Hobby ernsthaft betrieben. Und so ist es ratsam, wie etwa Zuckerberg nicht nur private Übungsstunden zu nehmen, sondern eben auch bei Wettkämpfen anzutreten.

So bekommen Top-Manager den Kopf frei
Tom Blades, Bilfinger Quelle: Illustration: Dmitri Broido
Hendrik Brandis, EarlybirdHendrik Brandis, Mitbegründer des Risikokapitalgebers Earlybird, segelt – und zwar mit einigem Ehrgeiz: Er hat bereits Weltmeistertitel geholt. Im Alter von 17 Jahren ist er in einer Schleuseneinfahrt nahe seiner Heimat in einen heftigen Gewittersturm geraten. Es brach ein Mast, das Boot begann zu sinken. Er hatte Todesangst – und stand am nächsten Tag trotzdem wieder auf einem Segelboot. Quelle: Illustration: Dmitri Broido
Fabian Eckert, RecupFabian Eckert, Gründer und Chef des Pfandbecheranbieters Recup, träumte einst davon, Pilot zu werden. Daraus wurde nichts, weil er eine kleine Sehschwäche hat und grüne Farbtöne nicht zuverlässig erkennt. Heute schwingt er sich zumindest als Paraglider in die Lüfte. Wenn auch immer seltener, seit er vor kurzem Vater geworden ist. Quelle: Illustration: Dmitri Broido
Claus Hipp, HippDer 84-jährige Unternehmer malt bis heute an jedem freien Abend in seinem Atelier. Er mag die „schöpferische Tätigkeit“, losgelöst von allem anderen etwas Neues schaffen zu können. Beim Malen habe er gelernt, Probleme zu lösen und Entscheidungen zu treffen. Quelle: imago images
Rolf Habben Jansen, Hapag-LloydDer Vorstandsvorsitzende von Deutschlands größter Reederei Hapag-Lloyd guckt für sein Hobby nicht aufs Wasser, sondern aufs Eis: Rolf Habben Jansen schaut sich gerne Eishockeyspiele an, vor dem Fernseher oder auch live. Dafür fliegt er sogar einmal im Jahr nach Nordamerika. „Ich liebe die Geschwindigkeit“, sagt er. Und fürs Business lässt sich aus dem Eishockey auch was lernen: „Jeder Mensch darf Fehler machen, aber mich ärgert es, wenn Spieler immer wieder die gleichen Fehler machen.“ Quelle: Illustration: Dmitri Broido
Fränzi Kühne, TLGG Quelle: PR
Ijad Madisch, ResearchgateIjad Madisch, Gründer und Chef der Plattform Researchgate, packte der Ehrgeiz, als seine damalige Freundin meinte, er sei mit Mitte 30 zu alt, um Beachvolleyball auf Profiniveau zu spielen. Inzwischen ist er Anfang 40 – und hat sich neben seinem Job in die Rangliste des Deutschen Volleyballverbands hoch gepritscht und gebaggert. Quelle: Illustration: Dmitri Broido

Eine andere Erkenntnis von Kelly und ihren Kollegen zeigt, dass sich Manager wie Mark Zuckerberg und David Solomon offensichtlich das richtige Hobby ausgesucht haben: Denn wenn das Hobby dem Beruf zu ähnlich war, hatte dies in der Studie eher negative Auswirkungen. Unterscheiden sich Job und Freizeitaktivitäten allerdings, können die für die Arbeit benötigten psychologischen Ressourcen während der freien Zeit aufgetankt werden. „Eine ernsthafte Freizeitaktivität ist nur dann von Vorteil, wenn sie Anforderungen stellt, die von denen der Arbeitsrolle abweichen“, schreiben die Forscher in der Studie.

Wer also ernsthaft von sich behaupten kann, sein Hobby zum Beruf gemacht zu haben – sollte sich womöglich eine andere Freizeitaktivität suchen. Oder einen anderen Job.

Die Kraft der Vorfreude

Die Wissenschaftler Sebastian Seibel, Judith Volmer und Antje Schmidt haben sich in einer Studie, die im Journal „Leisure Sciences“ erschienen ist, der Vorfreude auf ein abendliches Hobby gewidmet. Die drei Forscher der Universitäten in Bamberg, Würzburg und dem niederländischen Groningen fanden heraus, dass allein die Vorfreude auf die Freizeitaktivität das Engagement am Arbeitsplatz steigert. Dafür haben sie Arbeitnehmer während ihrer Arbeitstage morgens, mittags und abends befragt. Die Teilnehmer sollten unter anderem ihre Freizeitaktivität beschreiben, der sie sich nach der Arbeit widmen würden. Sei es Sport oder ein Filmabend daheim. Außerdem gaben sie an, wie engagiert sie sich bei der Arbeit fühlen. Eine erste Gruppe mit 85 Teilnehmern befragten die Forscher nur an einem Arbeitstag – entweder am Dienstag, Mittwoch oder Donnerstag. Die andere Gruppe mit 56 Teilnehmern musste die Fragen jeden Arbeitstag – also von Montag bis Freitag – drei Mal pro Tag beantworten.

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Vor allem im Vergleich zwischen den unterschiedlichen Studienteilnehmern fanden die Forscher Auffälligkeiten: In der ersten Gruppe gaben diejenigen mit einer höheren Vorfreude an, während der Arbeit engagierter zu sein als die Arbeitnehmer mit geringerer Vorfreude auf ihre Freizeitaktivität. Und auch über eine gesamte Woche hinweg zeigte sich, dass eine höhere Vorfreude auf die Freizeitaktivität das Engagement am Arbeitsplatz stärkt.

Transparenzhinweis: Dieser Artikel wurde erstmals im Mai 2023 bei der WirtschaftsWoche veröffentlicht. Wir zeigen ihn aufgrund des hohen Leserinteresses erneut.

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