
WirtschaftsWoche: Herr Ketterer, wie entwickelt sich der Kunstmarkt in jüngster Zeit?
Robert Ketterer: Bereits seit einigen Jahren ist der Markt durch drei Megatrends gekennzeichnet: Kunst als Kapitalanlage, die Verknappung, die in der Natur der Sache liegt und die laufende Globalisierung von Angebot und Nachfrage. Dazu kommt noch die Entdeckung der zeitgenössischen Kunst. Alles zusammen bewirkt eine nachhaltige stabile Steigerung der weltweiten Märkte, weitestgehend unbeeindruckt von allen Wirtschafts- und Finanzkrisen.
Verstärkt sich der Trend, dass Betrüger Fälschungen anbieten oder ist der Trend eher rückläufig?
Überall, wo Märkte hohe Werte schaffen, gibt es Fälschungen. Es gibt gefälschten Schmuck, gefälschte High-Tech-Produkte für Flugzeuge und sogar Raumschiffe, gefälschten Spitzenwein und Falschgeld. Das Problem ist so alt wie der Handel und wie die Märkte. Eine Ausweitung im Kunstmarkt sehen wir derzeit aber nicht.





Werden Ihnen mitunter auch Fälschungen angeboten? Kommt das häufig vor?
Unser Unternehmen ist seit sechzig Jahren am Markt. Es liegt in der Natur der Sache, dass wir als international anerkannter Markenname mit allen Facetten des Marktes und allen Entwicklungen in Berührung kamen und kommen. Von den tausenden Werken, die uns aus der ganzen Welt laufend für unsere Auktionen angeboten werden, ist aber nur ein kleiner Bruchteil fraglich. Die Bandbreite des Fraglichen ist dabei groß: Es gibt sozusagen „echte“ Fälschungen, es gibt Verfälschungen echter Gemälde und es gibt unklare Provenienzen, also fragwürdige Herkunftsgeschichten.





Ist es heutzutage schwerer, Fälschungen zu erkennen oder einfacher?
Seit einigen Jahren sehen wir tatsächlich eine neue Qualitätsdimension bei Fälschungen. Allein der Vorgang selbst ist oft schon verdächtig. Es wird nicht nur ein vermeintlich wertvolles Werk angeboten, sondern wie selbstverständlich auch noch vergilbte gefälschte Originalrechnungen und aufwendig gemachte Gutachten. Versuche hermetischer Fälschungsinszenierungen. Wir sehen es als doppeltes Kompliment: Einerseits für unsere Fähigkeit, gute Preise zu erzielen und für unsere Seriosität. Denn all das beweist ja nur, dass bekannt ist, dass wir einen geradezu als kriminologisch zu bezeichnenden Erkennungsaufwand betreiben. Der übrigens auch wirkt, unsere Standards gelten als vorbildlich.
Wie erleichtert der technische Fortschritt das Aufspüren von Fälschungen?
In Einzelfällen durchaus. Wir nutzen dann technische Verfahren, zum Beispiel zur präzisen Altersanalyse von Farben und Leinwänden und es gibt natürlich die weltweit steigende Vernetzung und Integration von Informationen, vor allem bei Datenbanken der Ermittlungsbehörden. Meistens genügen aber unsere bewährten Instrumente bereits.